Nacktflug an die Ostsee "Heiße Getränke sind nicht erlaubt"

Ein Nacktflug von Erfurt nach Usedom und zurück - mit dieser Idee wurde der Reiseveranstalter Enrico Heß über Nacht weltbekannt. Im Interview mit SPIEGEL ONLINE berichtet der Gründer von ossiurlaub.de über Anfragen aus Japan, Verhaltensregeln an Bord und welche FKK-Pläne er noch hat.

SPIEGEL ONLINE: Mit Ihrer Nacktflug-Idee sind Sie weltweit in die Schlagzeilen geraten. Waren Sie überrascht?

Heß: Ich habe sicher damit gerechnet, dass die Idee Aufmerksamkeit erregt – aber dass die Anfragen sogar aus Frankreich, Japan oder Neuseeland kommen, das hätten wir nicht gedacht.

SPIEGEL ONLINE: Wie viele feste Buchungen gibt es schon?

Heß: Der Buchungsstart ist erst für Freitag vorgesehen, aber wir bekommen alle 10 bis 15 Minuten bereits eine unverbindliche Anmeldung über das Vormerkformular auf der Internet-Seite. Die erste Maschine können wir schon zwei-, dreimal füllen – eine allein mit Journalisten, die gerne mitfliegen wollen.

SPIEGEL ONLINE: Welche Reisenden haben sich denn angemeldet? Sind es die Älteren, die sich an die gute alte FKK-Zeit in der DDR erinnern?

Heß: Nein, es geht queerbeet - junge Leute, ältere Leute, Ossis wie Wessis. Da kristallisiert sich kein Typus heraus.

SPIEGEL ONLINE: Werden Sie für den Flug besondere Verhaltensregeln aufstellen? Ist Grapschen erlaubt?

Heß: Nein, und ich denke auch mal, dass sich unter wirklichen FKK-Anhängern die Frage nicht stellt. Wir betrachten es als selbstverständlich, dass Anfassen oder Angaffen nicht zum FKK-Urlaub gehört, dies ist am Strand ebenfalls so. Wir wollen auch keine fliegende Kontaktbörse sein.

SPIEGEL ONLINE: Wie kamen Sie überhaupt auf die Idee?

Heß: Es war vor einem Jahr auf einer Reisemesse, ich glaube, es war die ITB in Berlin. Abends stand ich mit jemandem an der Hotelbar. Wir unterhielten uns über FKK-Urlaub und darüber, dass das im Osten immer sehr beliebt war. Er brachte mich dann auf die Idee – ich würde mich gern bei ihm bedanken, aber ich weiß nicht einmal seinen Namen.

SPIEGEL ONLINE: Haben Sie denn zu DDR-Zeiten selbst schon einmal FKK-Urlaub gemacht?

Heß: Nein. Ich bin zwar auch in Ostdeutschland geboren, kam aber nie mit dem Thema in Kontakt. Als Kind war ich mit den Eltern immer auf Usedom, in Heringsdorf. Aber meine Eltern waren keine FKK-Anhänger und ich somit ebenfalls nicht.

SPIEGEL ONLINE: Wie teuer ist der Flug?

Heß: Er kostet 499 Euro – das ist für einen Tagesflug auch aus meiner Sicht sehr teuer. Das liegt aber daran, dass die Maschine mit 50 Plätzen sehr klein ist. Der Preis wird erheblich sinken, wenn wir eine größere Maschine einsetzen. Wir überlegen, ob wir mit einer anderen Fluggesellschaft das Ganze größer aufziehen und regelmäßige Nacktflüge anbieten.

SPIEGEL ONLINE: Was unterscheidet den Flug von einem normalen Linienflug?

Heß: Es sind ein paar Dinge zu beachten, zum Beispiel, dass man keine heißen Getränke ausschenkt und hygienische Vorschriften einhält. Die Passagiere setzen sich nicht einfach auf die Sitze, sondern es werden entsprechend große Tücher untergelegt. Auch das Personal muss bekleidet bleiben.

SPIEGEL ONLINE: Ist eine weitere Expansion geplant?

Heß: Wir sehen, dass es für das Thema FKK einen echten Markt gibt und werden künftig komplette FKK-Reisen anbieten, bei denen man einen FKK-Flug macht, eine Woche im FKK-Hotel verbringt und mit dem FKK-Flieger wieder zurückfliegt. Denkbar sind auch FKK-Kreuzfahrten.

SPIEGEL ONLINE: Wie ist es mit der Kälte an Bord, wenn man nackt im Flugzeug sitzt?

Heß: Das ist durchaus ein Problem. Aber der Flug ist schließlich am 5. Juli und dauert gerade mal 60 Minuten. Es gibt ja auch Menschen, die gehen am 1. Januar zum Anbaden in die Ostsee. Das würde ich niemals machen. Aber ich bin auch kein FKK-Anhänger und insofern kein FKK-Flug-Kunde.

Das Gespräch führte Reinhild Haacker

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