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Reisedepeschen: Zwei Blogger gründen einen Verlag

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Start-up Reisedepeschen Verlag "Vielen Reiseführern fehlt die Leidenschaft"

Johannes Klaus ist einer der bekanntesten deutschen Reiseblogger. Zusammen mit Marianna Hillmer hat er ein Verlags-Start-up gegründet. Hier erklärt er, warum Blogger Bücher machen wollen.
Zur Person
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Johannes Klaus, 37, ist einer der erfolgreichsten und bekanntesten Reiseblogger Deutschlands. 2011 mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet, betreibt er die Blogs Reisedepeschen.de und Travelepisodes.de, auf denen Journalisten und Blogger Berichte aus aller Welt veröffentlichen. Daraus entstanden bereits mehrere im Piper-Verlag erschienene "The Travel Episodes"-Bücher. Mit seiner Freundin und Reisebloggerin (Weltenbummler Mag) Marianna Hillmer, 35, gründete er den Reisedepeschen Verlag, der im September mit über Crowdfunding mitfinanzierten drei Büchern an den Start geht. Klaus, Hillmer und ihre Tochter leben in Berlin.reisedepeschen.de Reise-Blog: travelepisodes.com Weltenbummlermag.de 

SPIEGEL ONLINE: Sie sind als Blogger gestartet, jetzt haben Sie zusammen mit Marianna Hillmer einen Verlag für Reisebücher  gegründet. Was kann ein analoges Buch besser als das digitale Netz?

Klaus: Geschichten kann man zwar auch im Internet erzählen, vor allem wenn man sie multimedial mit Videos und Fotos gestaltet. Aber viele Texte gewinnen, wenn sie in einem Buch stehen: Sie bekommen einen ganz eigenen Reiz, man kann sie besser lesen, besser erinnern.

SPIEGEL ONLINE: Wie erklären Sie sich das?

Klaus: Das Internet bietet viele Möglichkeiten, dadurch aber auch viel Ablenkung. Wenn man ein Buch vor sich hat, ist das ein optionsfreier Raum: Man liest, blättert um, liest weiter. Man muss nicht scrollen, nicht klicken - nur lesen. Das hilft sehr, um Inhalte aufnehmen zu können.

SPIEGEL ONLINE: Sie haben bereits Textsammlungen von Reisejournalisten und -bloggern als Bücher herausgegeben. Wieso gründen Sie einen eigenen Verlag?

Klaus: Viele Reisebücher stellen mich nicht zufrieden. Ihnen fehlt die Leidenschaft, die Liebe im Detail, und in der Konzeption und Gestaltung wirken sie gestrig. Das wollen wir anders machen.

SPIEGEL ONLINE: Wie müsste das ideale Reisebuch aussehen?

Klaus: Ein Buch über das Reisen muss mich inspirieren, so dass ich diese Orte besuchen möchte oder etwas Ähnliches unternehmen möchte. Zugleich muss es auf gute Art informieren - etwa mit vielen Karten. Auch bei der Herstellung und Ausstattung sollte man merken, dass man sich Mühe gegeben hat: Es sollte sich zum Beispiel gut aufschlagen lassen und angenehmes Papier haben.

SPIEGEL ONLINE: Viele Karten, hochwertiges Papier - das ist alles ja nicht billig. Wie wollen Sie das verwirklichen?

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Reisedepeschen: Zwei Blogger gründen einen Verlag

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Klaus: Wir haben eine andere Herangehensweise als ein klassischer Verlag. Wir machen vieles selbst, müssen keinen großen Apparat unterhalten und haben damit niedrigere Kosten. Unsere Bücher sollen für Menschen gemacht sein, die Wert auf schöne Dinge legen und bereit sind, dafür um die 20, 30 Euro auszugeben.

SPIEGEL ONLINE: Sie sind ja als Reiseblogger bekannt geworden. Verlassen Sie als Verleger die Szene?

Klaus: Ich bin in der Blogger-Welt verwurzelt und möchte eher beides miteinander verbinden. Reiseblogs haben zum Beispiel einen sehr persönlichen Ansatz, eine sehr subjektive Erzählweise. Auch Reiseführer sollten mir keine Pseudo-Objektivität vorspielen. Mir wäre es wichtiger, zu lesen, wie die Meinung des Autors in dieser Situation ist, um mir dann selbst meine Meinung zu bilden.

SPIEGEL ONLINE: Wie setzen Sie das in Ihren Büchern um?

Klaus: Unsere Handbücher sind Sammlungen von etwa 30 Autoren. Sie erzählen von ihren Lieblingsorten und geben persönliche Tipps. Dabei versuchen wir nicht, ein vollständiges Bild vom Reiseziel zu geben, sondern nehmen Lücken in Kauf.

SPIEGEL ONLINE: Viele Reiseblogs haben sich inzwischen stark professionalisiert und finanzieren sich über Sponsoring durch Hotels, Veranstalter oder Tourismuszentralen - wie glaubwürdig sind sie noch?

Klaus: Ich würde trennen zwischen klassischen Reisebloggern und sogenannten Influencern: also Menschen, die nicht mehr über Reiseerlebnisse schreiben, sondern nur noch zeigen, wie sie mehr oder weniger "echt" in der Welt unterwegs sind. Influencer sind für mich oft nicht glaubwürdig.

SPIEGEL ONLINE: Aber auch klassische Reiseblogger wie Sie beide müssen sich finanzieren...

Klaus: Ja, entweder durch Pressereisen, die auf Einladung basieren - da sehe ich kein größeres Problem. Auch Kooperationen sind für mich unproblematisch, solange sie als Werbung gekennzeichnet sind. Auch wir haben Sponsoren, die sich oder ihr Produkt in einem Artikel unseren Lesern präsentieren - deutlich als Anzeige gekennzeichnet. Es gibt viele Abstufungen - und es ist schwer zu sagen, wann es nicht mehr okay ist. Generell sollte man den Leser ernst nehmen, respektieren und ihm offen sagen, was er vor sich hat.

SPIEGEL ONLINE: Bis 10. April läuft noch eine Crowdfunding-Aktion für Ihre ersten drei Bücher. Wie geht es danach weiter?

Klaus: Das Crowdfunding soll eine einmalige Aktion zum Start sein für die Bücher, die im September erscheinen. Für diese haben auch die Autoren der Handbücher die Beiträge honorarfrei zur Verfügung gestellt. Für das Frühjahrsprogramm mit zwei Büchern ist das nicht mehr geplant. Jedes Halbjahr soll es mindestens zwei, drei neue Bücher geben.

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