

Sydney - Ob Frankfurt, Los Angeles oder Bangkok - auf Großflughäfen in der ganzen Welt bietet sich derzeit das gleiche Bild. Überall warten Passagiere der Airline Qantas auf Anschlussflüge, viele harren schon seit Samstag in den Terminals aus. Grund ist, dass die Geschäftsführung als Reaktion auf anhaltende Streiks den Flugbetrieb eingestelt hat. Rund 70.000 Passagiere sind von den Folgen des Arbeitskampfs betroffen.
Nun zeichnet sich eine Entspannung der Lage ab. Ein unabhängiges Tribunal, von der australischen Regierung eingesetzt, ordnete in der Nacht zu Montag (Ortszeit) ein Ende des Flugstopps an. Am Montagnachmittag könnte der Betrieb wieder eingeschränkt aufgenommen werden, hieß es daraufhin aus der Konzernzentrale.
Außerdem müssen Qantas und Gewerkschaften an den Verhandlungstisch zurückkehren, so der Schiedsspruch. 21 Tage haben die Streitparteien nun Zeit, eine Lösung im Tarifkonflikt zu finden.
Aus Verärgerung über einen anhaltenden Arbeitskampf mit Piloten, Ingenieuren und Bodenpersonal hatte die Airline am Samstag ohne Vorwarnung und mit sofortiger Wirkung den Flugverkehr eingestellt. Die gesamte Flotte des weltweit operierenden Unternehmens blieb seitdem am Boden. Besonders schlimm ist die Situation auf den australischen Großflughäfen in Sydney und Melbourne.
Ein Fluggast schilderte der australischen Webseite news.com.au seine Erlebnisse auf dem Flughafen von Hongkong. Während eines Zwischenstopps hätten alle Passagiere die Maschine verlassen müssen, so Frank Ross: "Dann ist das komplette Qantas-Personal spurlos verschwunden. Seitdem sind wir hier gestrandet."
Streik kostet rund 15 Millionen Euro - am Tag
Betroffen sind 108 Maschinen an 22 Flughäfen in aller Welt. Am Wochenende seien 447 Flüge gestrichen worden, teilte die Airline mit. Sie beziffert den Verlust auf 20 Millionen australische Dollar - rund 15 Millionen Euro - täglich. Qantas-Tochterunternehmen wie der Billigflieger Jetstar waren nicht betroffen. Konkurrenten wie Virgin Australia boten Sondertarife für gestrandete Qantas-Passagiere und kündigten Sonderflüge an.
Auch in London warten Hunderte Qantas-Kunden darauf, ihre Reisen antreten oder fortsetzen zu können. Passagierin Rachel Smith bezeichnete die Zustände vor den Schaltern der Airline im TV-Sender ABC als "chaotisch". Es seien weder Informationen noch alternative Reiseangebote zu bekommen. "Ich fliege regelmäßig zwischen London und Sydney. Aber nie wieder mit Qantas", so Smith.
"Ich entschuldige mich bei allen Kunden", sagte Qantas-Chef Alan Joyce. Die Airline versprach Hotel- und Flugumbuchungen und Rückerstattungen. Nachgeben wollte die Airline trotz enormer Kosten und einem erheblichen Imageschaden aber nicht. "Wir fliegen erst wieder, wenn die Gewerkschaften ihre Streiks absagen", so Joyce vor dem Spruch des Schiedsgerichts.
"Das ist Erpressung des Volkes"
"Die Australier wollen, dass dieser Disput beigelegt wird, und ich auch", hatte Regierungschefin Julia Gillard in Perth gesagt. Dort ging das Gipfeltreffen der Commonwealth-Länder zu Ende. 17 Delegationen waren mit Qantas angereist und mussten sich um neue Flüge bemühen.
Der Streit zwischen Qantas und den drei Gewerkschaften schwelt bereits seit Monaten. Die Gewerkschaften wehren sich gegen Pläne der Airline, einen Teil des Geschäfts ins billigere Ausland zu verlegen. Außerdem verlangen sie höhere Löhne. Der Sprecher der Qantas-Piloten, Richard Woodward, warf seinem Arbeitgeber vor, die Passagiere als Geiseln zu nehmen. "Das ist Erpressung der Regierung und Erpressung des Volkes", sagte er in einem Rundfunkinterview.
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Flughafenterminal in Singapur: Tausende Passagiere warten darauf, ihren Flug mit Qantas antreten zu können - doch die größte australische Airline setzte ihren Streik auch am Sonntag fort.
Viele Fluggäste, wie dieser Mann im westaustralischen Perth, harren seit dem Wochenende in den Terminals aus.
Qantas am Boden: Alle 108 Maschinen der australischen Fluggesellschaft bleiben vorerst auf den Airports weltweit stehen. Grund ist ein seit Monaten währender Tarifstreit mit den Gewerkschaften.
Ratlose Passagiere: Auch an anderen internationalen Airports, wie hier in Los Angeles, sind Reisende gestrandet. Laut Qantas sind rund 70.000 Menschen von dem Ausstand direkt betroffen.
Warteräume: In Hongkong funktionierte Qantas den Ballsaal eines Hotels zum Schlafraum für gestrandete Passagiere um.
"Es tut uns sehr leid": Die Qantas-Geschäftsführung will die Flotte so lange stilllegen, bis die Gewerkschaften der Piloten und des Bodenpersonals sich mit dem Unternehmen über Gehälter und Arbeitsbedingungen geeinigt hätten.
Piloten auf dem Heimweg: Ab Montag würden die streikenden Mitarbeiter nicht mehr bezahlt, sagte der Qantas-Chef Alan Joyce.
Wartende Qantas-Passagiere: Über 13.000 Gäste sind in den nächsten 24 Stunden auf Flüge nach Australien gebucht, pro Tag soll die Stilllegung rund 15 Millionen Euro kosten.
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