
Reisetrends 2019: Türkei toppt, Mallorca floppt
Türkei toppt, Mallorca floppt Das sind die Reisetrends 2019
So schnell kann es gehen: Noch vor einem Vierteljahr strahlte in der Reisebranche Sonnenschein, jetzt herrscht plötzlich Ernüchterung. Gründe sind etwa der anstehende Brexit, Insolvenzen von Fluggesellschaften und eine stagnierende Konjunktur. Dabei sehen Meinungsumfragen die Reiselust der Deutschen eigentlich auf Rekordniveau; in den Buchungen hat sich das aber noch nicht niedergeschlagen.
In den Reisebüros geht es aktuell sehr ruhig zu - zu ruhig. Nach einem fulminanten Start im vergangenen Herbst, als viele Familien die hohen Frühbucherrabatte mitnahmen und ihren Sommerurlaub 2019 frühzeitig festmachten, folgt nun Katerstimmung: Um vier Prozent fiel der Umsatz in den Reisebüros bereits im Dezember hinter das Vorjahr zurück. Im Januar waren es sogar sieben Prozent. Dabei waren viele Buchungen dem anhaltenden Kreuzfahrtboom geschuldet.
Bergab ging es vor allem mit den Kanarischen Inseln - und mit Mallorca. Vergangenes Jahr hatte die balearische Regierung noch bremsen müssen, um den Markt nicht zu überhitzen. Sie tat es mit dem Verdoppeln der Touristensteuer "Ecotasa". Jetzt warten die Hoteliers nervös auf Sommerbuchungen, auf breiter Front haben sie die Frühbuchertermine verlängert. Vergeblich, denn viele Gäste sind schon auf die Türkei ausgewichen - etwa auf Antalya, Alanya, Side.
Die türkischen Strände mit ihren preisgünstigen All-inclusive-Hotels sind aktuell gefragt wie lange nicht und glänzen mit hohen Wachstumsraten. Nach fünf Jahren Flaute schwingt das Pendel zwischen westlichem und östlichem Mittelmeer derzeit ganz klar in die östliche Richtung aus. Diese Einschätzung vieler Touristiker stimmt aber nicht ganz: Auch Griechenland befindet sich in einem Buchungsloch. Beim Dienstleister Traveltainment, der die Technik der meisten Online-Reisebüros stellt, liegt etwa Kreta circa 20 Prozent unter dem Vorjahr.
Das bekommen besonders die ganz großen Reisekonzerne zu spüren. TUI und Thomas Cook, die beide traditionell stark in Spanien und Griechenland sind, haben ihre Aktionäre bereits mit Gewinnwarnungen geschockt. Derweil freut sich der Branchenvierte FTI über ein "zweistelliges Plus", auch Schauinsland hat "insgesamt Zuwachs". Beide Anbieter sind in der Türkei und Ägypten stark, den augenblicklichen Trendzielen.
Fast ein Viertel bucht Pauschalreisen
Insgesamt ist die schon oft totgesagte Pauschalreise immer noch gefragt: Laut Reiseanalyse 2019 planen 23 Prozent der Deutschen eine Veranstalterreise, das ist sogar ein Prozent mehr als vor einem Jahr.
Daran könnten auch die aktuellen Trendziele ihren Anteil haben. Denn anders als Mallorca und die Kanaren sind Türkei und Ägypten Veranstalterreiseziele. Fast 90 Prozent der Gäste buchen eine Pauschalreise, die meisten all-inclusive, da verdient der deutsche Veranstalter auch an der Verpflegung. Und wenn das Frühbucherargument nicht zieht, dann hofft man eben auf ein starkes Last-Minute-Geschäft.
Im Trend liegen Erlebnis- und Rundreisen in Minigruppen ab zwei Teilnehmern. Leichte Rückgänge verzeichnet die Branche bei Städtereisen und Wellnessurlaub.
Fröhliche Gesichter zu sehen gibt es im Deutschlandtourismus. Kein Wunder: Deutschland wird wohl das zehnte Rekordjahr in Folge einfahren. Der Supersommer des Jahres 2018 hat vielen Urlaubern die Heimat schmackhaft gemacht und lässt sie 2019 auf eine ähnliche Zeit hoffen. 30 Prozent der Bundesbürger wollen im eigenen Land Urlaub machen, mehr als in jedem anderen Reiseland.
Alles in allem scheint die Stimmung bei den Urlaubern zwar verhalten, aber noch nicht wirklich schlecht. Die diesjährige Reiseanalyse der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen hat immerhin festgestellt, dass mehr als 80 Prozent der Bundesbürger ihre persönliche Situation gleich gut oder besser einschätzen als vor einem Jahr. 60 Prozent haben für einen Sommerurlaub das nötige Geld und 63 Prozent auch Zeit zu verreisen. Viele zögern allerdings noch.
Warum die Zurückhaltung der Urlauber?
Als Hauptproblem haben die Meinungsforscher die allgemeine Konjunkturstimmung ausgemacht. Und die ist eingetrübt - aus Angst vor Handelskonflikten, wegen des Chaos in Italien, der Regierungskrise in Spanien, den Gelbwesten in Frankreich.
Und natürlich wegen des Brexits. Der Austritt Großbritanniens aus der EU naht. Und langsam wird deutlich, dass er viel tiefer ins Reisegeschäft eingreift, als es zunächst aussah. Es geht ja nicht nur um die Urlauber mit Reiseziel London, Schottland oder Cornwall. Die profitieren sogar kurzfristig vom fallenden Pfund. I
Im Feuer stehen auch viele Onlineportale, die ihren Sitz in Großbritannien haben und eventuell plötzlich nicht mehr nach EU-Recht haften. Es geht um Billigflieger und Hotelketten mit Sitz in London. Und es geht um das dumpfe Gefühl, bei dem man lieber erst mal abwartet und seinen Urlaub noch nicht bucht.
Was tun die Anbieter dagegen?
Die ersten Veranstalter haben die Frühbucherrabatte bereits bis Ende März verlängert. Auch sonst sind die Preise auf Talfahrt, das marktführende Onlineportal Check24 hat die Branche mit 200-Euro-Gutscheinen aufgewirbelt. Manche Reiseunternehmen schwenken um, heben mehr Autoreisen in die Programme.
Vor allem aber setzen die Unternehmenschefs auf Geduld: Ihr Rezept heißt abwarten und auf schlechtes Wetter daheim hoffen - das kurbelt erfahrungsgemäß das Last-Minute-Geschäft am besten an.