
Neue Architektur: Tallinn macht sich schick
Tallinns neuer Bahnhof Mit Highspeed durchs Baltikum
Estlands Hauptstadt Tallinn ist im Begriff, sich neu zu erfinden - so jedenfalls lassen sich zwei große Infrastrukturprojekte der Stadt deuten. Es geht zum einen um einen neuen Bahnhof für die nördlichste der baltischen Hauptstädte, und zum anderen um die Umgestaltung des Hafens. Für beide Projekte hatte das Unternehmen Zaha Hadid Architects aus London Entwürfe eingereicht - mit einigem Erfolg.
Bereits 2017 gewann das Unternehmen den Wettbewerb für die Frischzellenkur des Hafens. Der Old City Harbour soll bis 2030 unter anderem ein Kreuzfahrtterminal mit begehbarer Promenade auf dem Dach sowie eine bewegliche Fußgängerbrücke erhalten und umfassend zu einem sogenannten Smart Port ausgebaut werden: Passagiere mit Fahrzeug etwa sollen in Zukunft automatisch einchecken können.
Kürzlich wurde bekannt, dass das britische Architekturbüro im Wettbewerb um den Entwurf eines neuen Bahnhofs von Tallinn auf dem ersten Platz gelandet war. Die Zeichnungen für das "Ülemiste Terminal" erinnern eher an eine sich über die Gleise schlängelnde Brücke als an ein massives Gebäude. Und dahinter verbirgt sich auch die Idee für das Design: Es soll ein Verbindungselement sein, eine Brücke, die von der "lokalen Community", also den Menschen vor Ort, genauso genutzt werden soll wie von Reisenden aus dem In- und Ausland.

Neue Architektur: Tallinn macht sich schick
Der Bahnhof - sollte der Entwurf übernommen werden - würde aus zwei Strängen bestehen, die rechtwinklig übereinanderliegen - ähnlich einem Kreuz. Grundlage für die "großzügige Geometrie" seien die Verkehrsströme gewesen, die durch "Ülemiste" hindurchführen werden, heißt es in einer Erklärung der Architekten.
Zwei weitere Entwürfe im Rennen um den Bahnhofsbau
Ob Zaha Hadid Architects den Zuschlag für die Umsetzung erhalten, ist allerdings noch nicht klar, sagt Kristjan Kaunissaare vom Estnischen Ministerium für Wirtschaft und Kommunikation. Zurzeit liefen nämlich auch Verhandlungen mit dem zweiten und dritten Gewinner des Wettbewerbs.
- Der Vorschlag von PLH Arkitekter (Kopenhagen) und Innopolis Insenerid (Tartu) sieht ein Bahnhofsgebäude vor, das aus der Vogelperspektive wie ein gigantisches Blatt aussieht - daher der Name "The Ülemiste Leaf".
- Und der Entwurf des italienischen Unternehmens DBA Progetti besteht aus einem lang gezogenen gläsernen Gebäude mit Spitzdach.
Futuristisch muten alle drei Entwürfe an - und stehen damit in Kontrast zum Kopfsteinpflasterflair, für das die mittelalterliche Stadt berühmt ist. Ein Element aus Tallinns Altstadt würde sich als Zitat sogar im Entwurf der Italiener wiederfinden: die charakteristischen Giebeldächer. Die Architekten hätte ihre Form in den Entwurf übertragen, heißt es in der Projektbeschreibung . "Eine Art externe Einheit von Tallinns historischem Stadtzentrum."

Entwurf von DBA Progetti: Gläserne Interpretation von Tallinns Giebelhäusern
Foto: D DBA Progetti S.p.A. ja HML Project Management OÜWer auch immer den Zuschlag erhält: "Hier entsteht ein Verkehrsknotenpunkt, an dem in Zukunft Bahn, Bus und Luftverkehr zusammenkommen werden," sagte Taavi Aas, Estlands Minister für Wirtschaft und Infrastruktur.
Länder und Menschen verbinden - und Reiseziele
Der neue Bahnhof von Tallinn soll Ausgangspunkt sein für eine 870 Kilometer lange Bahnstrecke, die seit einigen Jahren in Planung ist. Unter dem Namen "Rail Baltica" soll es Städtereisenden eines Tages leichter gemacht werden, zwischen Tallinn in Estland, Riga in Lettland und Vilnius in Litauen zu pendeln. Im Zweistundentakt werden die Züge fahren, heißt es auf der Rail-Baltica-Website . "Linking nations, people, places", lautet der Slogan. Man will mit dem Bahnprojekt Länder und Menschen verbinden - und sehenswerte Reiseziele.
Ein Kombi-Trip in die drei Hauptstädte des Baltikums könnte in Zukunft also ein komfortables Reiseerlebnis werden. Wann genau der Rail-Baltic-Betrieb startet, steht jedoch noch nicht fest. In der Vergangenheit war das Projekt, an dem Estland, Finnland, Litauen, Lettland und Polen beteiligt sind, mehrmals ins Stocken geraten. Zuletzt war von einer Fertigstellung des Netzes bis 2026 die Rede.
Anmerkung: In der ersten Version des Textes hieß es, Zaha Hadid Architects hätten bereits den Zuschlag für den Auftrag bekommen. Dies ist jedoch nicht der Fall. Wir haben es im Artikel korrigiert.