
Zehn Orte der Fantasie: Draculaschloss und Julias Balkon
Zehn Sehenswürdigkeiten aus der Fiktion Erfunden, aber beliebt
Natürlich lebte kein Untoter namens Dracula in Transsilvanien, Romeo und Julia sind Erfindungen eines Autors - so wie Harry Potter. Alles Fantasie, wie jeder weiß. Und doch: Tausende Touristen pilgern jedes Jahr zu Orten, deren Geschichte schlicht erfunden ist. Die Idee, das Gruseln, der Spaß daran sind einfach zu gut. Und meist sind die Plätze auch einfach schön.
Hier sind zehn populäre Beispiele für viel fotografierte Besuchermagneten weltweit:
Verona, Italien: Julias Balkon

Das berühmteste Liebespaar der Weltliteratur sind zweifelslos Romeo und Julia. William Shakespeare machte Verona zum Schauplatz ihrer erfundenen Tragödie, und dorthin strömen junge und alte Verliebte aus aller Welt. Genauer: zur Via Cappello 23. Bis zum Jahr 1935 war dies ein anonymes Gebäude, dann erklärte der Direktor der städtischen Museen das Haus zu dem der Julia. Flugs wurde ein pittoresker Balkon ergänzt (der bei Shakespeare gar nicht vorkommt). Dass diese Kulisse ursprünglich wahrscheinlich ein Sarkophag war, stört die Millionen von Besuchern nicht.
Kronborg, Dänemark: Das "Hamletschloss"

"Sein oder Nichtsein" und "etwas ist faul im Staate Dänemark" sind zu Redewendungen in der Alltagssprache geworden. Sie stammen aus der Geschichte über den fiktiven jütländischen Prinzen Hamlet, den William Shakespeare in Schloß Kronborg in Helsingør ansiedelte. Die Tragödie ist vermutlich 1602 in London uraufgeführt worden und zählt zum Standardrepertoire der Bühnen weltweit. Entsprechend international ist das Publikum, das das Schloss am äußersten nordöstlichen Ende der Insel Seeland besucht.
Schloss Bran, Rumänien: Das "Draculaschloss"

Bram Stokers Roman "Dracula" wurde zum Vorbild aller Vampirdichtungen. Die Gruselgeschichte spielt in den Karpaten, auf dem Anwesen des Grafen Dracula. Gut, dass es rund 30 Kilometer von Brasov entfernt das Schloss Bran gibt, das einst dem walachischen Fürsten Vlad III. Draculea gehörte. Gewalttätig war er wohl schon, allerdings kaum eine blutsaugende Nachtgestalt. Aber viele Touristen verspüren beim Besuch der Burg wohliges Grausen.
Paphos, Zypern: Der "Aphrodite-Felsen"

Am Strand Petra tou Romiou soll die griechische Liebesgöttin Aphrodite der Gischt des Mittelmeeres entstiegen sein. Das muss man wissen, sonst fährt man an der wohl meistbesuchten Sehenswürdigkeit auf der Mittelmeerinsel Zypern glatt vorbei. Wer den Aphrodite-Felsen dreimal umschwimmt, womöglich in einer Vollmondnacht, der wird mit ewiger Liebe belohnt. Das jedenfalls sagen die Zyprioten.
Meiringen, Schweiz: Reichenbachfall
Er hatte es satt. Weitere Bücher über Sherlock Holmes wollte er nicht schreiben. So beschloss Arthur Conan Doyle seinen Detektiv sterben zu lassen. In der Kurzgeschichte "Das letzte Problem" kommt es im Kanton Bern zum Kampf mit seinem kriminellen Gegner Professor Moriarty, der mit dem Sturz der beiden in die Reichenbachfälle endet. Die beiden Leichen wurden nie gefunden. Die Fans suchen immer noch nach ihnen, bisher vergeblich.
Wien, Österreich: Das "Grab von Harry Lime"

Einer der großen Filmklassiker ist "Der dritte Mann" mit dem Schauspieler Orson Welles und der Zithermusik von Anton Karas. Die Geschichte beginnt auf dem Wiener Zentralfriedhof (Tor 2, Straßenbahnen 6 und 71). Das Begräbnis wurde auf Feld 43A gedreht, ganz in der Nähe der Friedhofskirche. Das Filmgrab des Penicillin-Schiebers Harry Lime befand sich auf dem Sandweg links vom Grabstein der Familie Elchinger (Reihe 14). Aufgrund seiner vielen Ehrengräber zählt der Zentralfriedhof zu einer der meistbesuchten Sehenswürdigkeiten der Stadt.
London, Großbritannien: Bahnhof King's Cross

Um ins Internat zu fahren, besteigt Zauberlehrling Harry Potter den Zug vom geheimen Gleis 9¾ der London King's Cross Station . Der Bahnsteig liegt aber hinter einem unsichtbaren Portal in einer Wand zwischen den Gleisen 9 und 10 verborgen - so schrieb es Joanne K. Rowling. Für Touristen, die immer wieder den fiktiven Bahnsteig suchten, wurde an der Mauer zwischen Gleis 4 und 5 ein Schild mit der Beschriftung "Platform 9¾" angebracht. Rechts auf dem Weg zu den Gleisen 9, 10 und 11 (Western Departures) gibt es auch einen Harry-Potter-Shop.
Harz, Sachsen-Anhalt: Blocksberg

In der Nacht zum 1. Mai ist im Harz der Teufel los. Denn in der Walpurgisnacht versammeln sich auf dem Brocken fotogene Hexen und Unholde aus ganz Deutschland. Das schilderte schon Goethe in seinem "Faust". Touristen feiern das höllische Vergnügen mit Hexennase und Zauberhut, Besen und Teufelshorn.
Winchester, Großbritannien: König Artus' Runder Tisch
Illustre Ritter wie Gawain und Lancelot gehörten dazu, aber auch Parzival und Tristan. Ihre und andere Namen stehen auf einer großen hölzernen Rosette an einer Stirnwand des Rittersaals von Winchester Castle . Durch Literatur und Film ist die Tafelrunde von König Artus weltbekannt. Entsprechend begehrt ist das Artefakt als Fotomotiv.
Massachusetts, USA: Plymouth Rock

Ein kleiner Fels am Strand von Massachusetts markiert angeblich die Stelle, an der die Passagiere der "Mayflower" 1620 ihre neue Heimat betraten. Obwohl reine Folklore, findet sich Plymouth Rock in jedem amerikanischen Schulbuch. Die 102 "Pilgerväter" (darunter viele Frauen und Kinder) waren allerdings mitnichten Pilger, auch keine Puritaner, sondern nannten sich Heilige. Heutzutage besichtigen über eine Million Besucher den Stein.