

Fliegen in Corona-Zeiten "Die Stimmung war gespenstisch"
Das Coronavirus hat Reisen zeitweise nahezu unmöglich gemacht. Die Airlines haben in den vergangenen Wochen ihr Angebot reduziert oder die Maschinen komplett am Boden gelassen. Doch allmählich nehmen sie den Betrieb wieder auf.
Mitte Juni sollen zudem die Reisewarnungen der Bundesregierung zumindest innerhalb Europas aufgehoben werden, und viele fragen sich: Kann ich wieder fliegen? Worauf müssen sich Reisende einstellen - am Flughafen, aber auch in den Maschinen? Drei Passagiere erzählen.
Der Dienstreisende: "Unbedingt an die Snackbox denken!"
"Ich fliege normalerweise sehr viel, vor allem beruflich. Ich bin Ingenieur, arbeite im Moment aber auch als Kurier in der notfallmedizinischen Versorgung. Das heißt, ich transportiere Organe für Transplantationen. Deshalb bin ich in den vergangenen Wochen und Monaten weiter viel geflogen, in der vergangenen Woche zum Beispiel nach Rom. Es macht aber keinen Spaß mehr.
Der Check-in lässt sich aktuell meist nicht online von zu Hause aus erledigen. Ich musste stattdessen am Flughafen vorsprechen und am Schalter erzählen, warum ich die Reise antreten muss. Manche Fluglinien empfehlen, zwei Stunden zusätzlich einzuplanen. Ich habe dafür in Frankfurt am Main aber keine zehn Minuten gebraucht. Es sind ja kaum Menschen da.
Das Handgepäck ist pro Passagier nun auf ein Teil begrenzt. Das soll verhindern, dass es zu Stopf-Aktionen im Flieger kommt und die Leute sich aneinander vorbeidrängeln, um ihre Taschen zu verstauen. Auch bei der Sicherheitskontrolle soll der mögliche Kontakt zwischen Personal, Passagier und Gepäck so minimiert werden.
Im Abflugbereich nach der Sicherheitskontrolle ist alles zu. In Frankfurt hatte nur ein Bäcker auf, und der Kaffee kostete sieben Euro. Die Bänke an den Gates sind mit Band abgesperrt, sodass man sich nur in zwei Meter Abstand hinsetzen kann.
Der Service an Bord unterscheidet sich von Airline zu Airline. Mit British Airways war ich einmal zwölf Stunden unterwegs und es gab nur ein halbes Sandwich. Da rate ich wirklich: Nehmt euch unbedingt eine kleine Snackbox mit! Bei der Lufthansa hatten sie eine gute Idee: Da haben die Flugbegleiter gleich zu Beginn eine 1,5-Liter-Flasche Wasser ausgeteilt, damit alle versorgt sind und die Interaktion mit der Crew möglichst gering gehalten werden kann. Oft gibt es aber auch ganz normal Essen, und dann ist es ein bisschen schräg, dass sich natürlich alle gleichzeitig die Maske vom Gesicht ziehen, wenn das Sandwich ausgeteilt wird.
Wer in den kommenden Wochen eine Flugreise unternehmen möchte oder muss, sollte sich frühzeitig bei der Airline und am Flughafen über die aktuell geltenden Regeln und Beschränkungen informieren. Denn: Die Auflagen können sich rasch ändern und auch von den in diesem Text beschriebenen Maßnahmen abweichen.
Die Europäische Behörde für Flugsicherheit (EASA) hat am 21. Mai gemeinsam mit dem Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) einen Empfehlungskatalog für Fluggesellschaften veröffentlicht. Wo es möglich ist, soll demnach zum Beispiel der Mittelplatz freibleiben.
Das sind jedoch nur Empfehlungen - und es liegt auch an Reisenden selbst, sich um die eigene wie auch um die Sicherheit der Mitreisenden zu kümmern. Denken Sie, neben der Snackbox, auch daran, Abstand zu halten.
Solange die Passagierzahlen so niedrig sind, sehe ich kein besonderes Risiko für eine Ansteckung, weil man großen Abstand wahren kann. Mich stört allerdings, dass man nicht eindeutig absehen kann, mit welchen Einschränkungen man bei welcher Airline und in welchem Land rechnen muss. Das finde ich undurchsichtig.
Ich bin grundsätzlich hoffnungsvoll, dass wir in Europa bald wieder ein gewisses Maß an Bewegungsfreiheit haben werden, vielleicht schon ab dem Herbst. Dann macht das Fliegen auch wieder mehr Spaß."
Christoph Lausberg, 32 Jahre, aus Speyer
An die Algarve zu Verwandten: "Es war beschwerlich"
"Ich bin am 2. Mai nach Portugal geflogen, zusammen mit meinem Freund. Er kommt von dort. Wir sind jetzt bei seiner Familie an der Algarve, die wir sonst zu lange nicht mehr gesehen hätten. Für die Reise entschieden haben wir uns ungefähr zwei Wochen vorher, also eher spontan.
Die Anreise war beschwerlich: Wir hatten erst einen Flug mit Ryanair gebucht, der wurde aber gecancelt. Dann haben wir einen Flug mit Eurowings gebucht, hatten aber die Sorge, dass der auch noch storniert werden könnte. Die Verbindung war außerdem ein ganzes Stück teurer und ging vom Flughafen Köln-Bonn los. Für uns bedeutete das einen halben Tag Zugfahrt von Kaiserslautern aus. Und wir konnten auch nicht wie geplant nach Faro fliegen, sondern nach Lissabon. Von dort sind es fast 400 Kilometer mehr bis zur Familie meines Freundes.
Die Stimmung am Flughafen war gespenstisch. Man hat im Eingangsbereich nur ganz vereinzelt Leute gesehen. Sonst sind Flughäfen ja ziemlich belebte Orte. An dem Tag sind wohl nur zwei Flüge von Köln-Bonn aus gestartet.
Beim Check-in wurden wir gefragt, ob wir ein Haushalt sind, weil wir nur dann im Flugzeug nebeneinander sitzen durften. Und ich hatte den Eindruck, als wären wir bei der Sicherheitskontrolle ein bisschen genauer durchgecheckt worden als sonst. Aber: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Flughafen waren entspannt. Es ist wahrscheinlich einfach nicht so stressig, wenn weniger Leute da sind.
Im Flieger haben uns die Flugbegleiterinnen darauf hingewiesen, während des gesamten Flugs die Maske aufzubehalten. Und ich habe gesehen, dass eine Stewardess einen Mann angesprochen hat, als er die Maske abgenommen hat. Essen und Trinken wurde nur abgepackt verkauft, also Wasserflaschen und Snacks. Ansonsten war es ein ganz normaler Flug. Die haben es hingekriegt, dass ich mich sicher gefühlt habe.
Grundsätzlich hatte ich aber ein komisches Gefühl. Ich finde die Maßnahmen gegen eine Ausbreitung der Pandemie richtig. Wir haben uns in Portugal dann für zwei Wochen in Quarantäne begeben, obwohl wir das nicht gemusst hätten."
Jule Lettermann, 24 Jahre, aus Kaiserslautern
Zurück nach Hause: "Irgendwann tut das Gummiband hinter den Ohren weh"
"Ich bin am 9. März aus den USA nach Luxemburg zu meinem Freund geflogen und wollte zehn Tage bleiben. Wegen Corona wurden daraus zwei Monate. Mitte März rief die luxemburgische Regierung den nationalen Notstand aus, die deutsche Regierung schloss die Grenzübergänge. Mein Rückflug wurde gestrichen und mein Urlaub unfreiwillig verlängert.
Am 15. Mai öffnete Deutschland die Grenze zu Luxemburg wieder und ich habe für den 16. Mai einen Rückflug von Frankfurt am Main über Washington D.C. nach Fort Myers in Florida gebucht. Ich muss schließlich wieder arbeiten.
Ich bin mittags mit United Airlines losgeflogen. Der Flughafen war leer, das war echt komisch. Am Terminal habe ich nur einen einzigen Laden gesehen, der offen hatte. Und alle hatten eine Maske auf.
Beim Boarding wurden die Passagiere anders als sonst nach Sitznummern aufgerufen, ich durfte viel schneller zu meinem Sitz. Und ich hatte richtig viel Platz: Ich saß am Fenster, und der nächste Passagier saß auf der anderen Seite am Fenster, der gesamte Mittelteil war frei. Das war sehr angenehm.
Während des Flugs fand ich es unangenehm, die ganze Zeit die Maske tragen zu müssen - außer beim Essen. Irgendwann tut das Gummiband hinter den Ohren weh. Mir ist aufgefallen, dass die Flugbegleiter keinen Alkohol ausgeschenkt haben - vielleicht, damit die Leute vernünftig bleiben und sich an alle Regeln halten.
Die Toiletten an Bord waren total sauber, die haben sogar sauber gerochen. Vor der Landung in Washington D.C. haben die Flugbegleiterinnen Desinfektionstücher verteilt.
Bei der Einreise in die USA musste man einen Fragebogen ausfüllen: Haben Sie Symptome? Waren Sie in Kontakt mit einem Erkrankten? Und so weiter. Die Flughafenmitarbeiter haben bei jedem die Temperatur gemessen und gemahnt, 14 Tage lang Selbstquarantäne zu machen.
Der Anschlussflug nach Florida war voller als der erste, es waren kaum Plätze frei. Ich habe mich trotzdem wohlgefühlt, weil alle in meiner Nähe ihre Masken aufbehalten haben. Essen gab es nicht, und es wurde auch nur Wasser ausgeschenkt, kein Kaffee, keine Limo, kein Tomatensaft.
Jetzt bin ich noch in Quarantäne, aber ich darf bald wieder arbeiten: Ich habe nämlich zwei negative Coronavirus-Tests gemacht. Ich arbeite in einem Pflegeheim, wo ich mich um die Patientenakten kümmere.
Hier in Florida öffnen nach und nach die Strände, und Anfang Juni soll wohl sogar ein Freizeitpark wieder aufmachen. Eigentlich freut mich das - ich habe eine Jahreskarte für diesen Park! Aber ich bin mir nicht sicher, wie die Betreiber es anstellen wollen, dass der Abstand und alle Sicherheitsmaßnahmen eingehalten werden können."
Chloe Persing, 31 Jahre, aus Fort Myers in Florida, USA