

Modellprojekt auf Sylt »Sogar Busse werden als Testcenter eingesetzt«
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SPIEGEL: Ab Samstag, 1. Mai, dürfen im Rahmen des Modellprojekts Nordfriesland wieder Touristen nach Sylt kommen. Die Freude auf der Insel ist sicher groß?
Luft: Es tut unseren vielen Gastgebern gut, dass es wieder losgeht. Aber es gibt auch Menschen, die Ängste haben. Sie fürchten, dass es durch die Touristen zu steigenden Infektionszahlen kommen kann.
SPIEGEL: Es wurden viele Schutzvorkehrungen eingerichtet. Dazu gehören ein negativer Test bei Anreise sowie regelmäßige Antigentests alle 48 Stunden.
Luft: Ja, das war eine riesige Kraftanstrengung. Hätten wir nicht frühzeitig damit begonnen, die Testkapazitäten hochzufahren, wäre das heute so nicht möglich gewesen. Sogar Busse werden als Testcenter eingesetzt. Zusätzlich setzen wir schon länger auf eine konsequente Kontaktnachverfolgung mit der Luca-App per Smartphone. Wer keines hat, kann ein Armband bekommen und sich damit einbuchen.

Start des Modellprojekts: Nordfriesland macht auf
SPIEGEL: Die Luca-App ist nicht unumstritten. Was, wenn ein Besucher sie nicht nutzen will?
Luft: Der Landkreis hat den Einsatz dieser Kontaktnachverfolgung als Bedingung zur Teilnahme am Modellprojekt festgeschrieben, sowohl für Betriebe als auch für deren Gäste. Insofern sind wir gefordert, dieses System auch entsprechend zu nutzen.
SPIEGEL: Hätte noch mehr getan werden können, um die Einwohnerinnen und Einwohner zufriedenzustellen?
Luft: In der aktuellen Situation des anhaltenden Abwägens von Risiken und sinnvollen Maßnahmen wird es nicht gelingen, alle Menschen gleichsam zufriedenzustellen. Ursprünglich wollten wir mit einem noch schärferen Konzept für Sylt am Modellprojekt teilnehmen. Das Land konnte allerdings den rechtlichen Rahmen dafür nicht vorgeben.
SPIEGEL: Ein Nadelöhr ist die Anreise nach Sylt. Touristen bleibt nur der Weg mit der Bahn, Fähre oder dem Flugzeug – wie ist das geregelt?
Luft: Viele Gäste und vor allem unsere Pendler kommen mit der Bahn, und die ist nicht in der Lage, ähnliche Abstands- und Sicherheitsregeln einzurichten wie beispielsweise unsere Gastronomie oder Beherbergung. Da hätten wir uns mehr Unterstützung gewünscht, etwa eine strikte Reservierungspflicht. Zumindest ermöglicht das Land eine Erhöhung der Zugkapazitäten. Wer die Fähre vom dänischen Römö aus nach List nimmt, muss für die Einreise nach Dänemark ohnehin einen Test vorweisen.
SPIEGEL: Was ist mit jenen Gästen, die sich in der Zeit des Modellprojekts nicht alle zwei Tage auf das Coronavirus testen lassen wollen?
Luft: Der Test wird immer dann benötigt, wenn man in Restaurants sitzen möchte oder in ein Geschäft will. Und auch für die Übernachtung in Ferienwohnungen oder Hotels. Ausgenommen sind nur Einwohner, aber auch nur dann, wenn sie nicht einkaufen oder essen gehen. Bis auf ein paar Ausnahmen geht es nicht anders.
SPIEGEL: Erwarten Sie ein brummendes Geschäft?
Luft: Einige Gastgeber machen beim Modellregion-Projekt nicht mit, bleiben also geschlossen oder öffnen ihre Hotelzimmer nur für Geschäftsreisende. Insofern ist schon allein die Zahl der Übernachtungsmöglichkeiten begrenzt und das Gästeaufkommen auf Sylt wird im Mai etwas geringer ausfallen. Nichtsdestotrotz rechnen wir mit starker Nachfrage. Und ich bin mir sehr sicher, dass wir bis zum Ende des Jahres ein enormes Geschäft erleben werden, da ab Herbst die Coronakrise durch die Impfungen überwunden sein wird.