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Acht versteckte Wanderungen in Deutschland Abseits der Pfade
Wandern, ja gern - nur wo? Viele bekannte Routen in Deutschland werden in diesem Sommer überlaufen sein, zumindest so lange, wie Auslandsreisen nicht oder nur in wenige Länder möglich sind. Hier sind acht Vorschläge, die nicht jedem Wanderer gleich in den Sinn kommen: von der Feldberger Seenplatte über Harz und Schwarzwald bis ins Allgäu.
Bei den Beschreibungen gehen wir davon aus, dass Cafés, Restaurants, Buden und auch Museen wieder geöffnet sind, wenn auch unter Auflagen.

Wandern in Deutschland: Zur Teufelsmauer und Klostern
Mit kühlender Wirkung: Schmaler Luzin in der Feldberger Seenplatte

Schmaler Luzin
Foto: Luiza SkrzypczyńskaDie Feldberger Seenplatte in Mecklenburg-Vorpommern ist eine von der Eiszeit geprägte Landschaft zwischen Hügeln, Wäldern und viel Wasser. Die Rundwanderung um den See Schmaler Luzin führt an Carwitz vorbei, wo einst der Dichter Hans Fallada seine Sommer verbrachte. Sein Haus kann heute besichtigt werden. Das Seewasser ist aufgrund der Tiefe kalt, ein Bad im Sommer an einem der drei Strände kühlt angenehm ab.
Über dem See gehen Fisch- und Seeadler auf die Jagd, früh morgens durchstreifen Rehe den Wald mit den riesigen Buchen, ebenso sind Biber und Fischotter hier zu Hause. Der Schmale Luzin befindet sich in einem Naturschutzgebiet, mit dem Hauptmannsberg und dem Hullerbusch liegen noch zwei weitere Schutzgebiete am Weg.
Das Abkürzen ist möglich: Die Luzin-Fähre von Feldberg zum Ortsteil Hullerbusch ist eine von Hand gezogene Kabelfähre von einem Seeufer zum anderen. Der Fährmann arbeitet hier in dritter Generation und sagt: "Wenn es Ihnen jetzt gefällt, dann sollten Sie im Herbst wiederkommen, wenn die Blätter bunt sind. Das ist hier die schönste Jahreszeit."
Verlauf: Hier gibt es eine Karte.
Länge: 15 Kilometer
Dauer: etwa 4,5 Stunden
Start- und Zielpunkt: im Ortskern von Feldberg. Folgen Sie hier der Beschilderung zum Schmalen Luzin und nehmen Sie dann den Weg immer entlang des Ufers.
Berlin, deine Kanäle und Seen: Am Hohenzollernkanal bis Spandau

Zitadelle Spandau
Foto: Jürgen Ritter/ imago imagesAuch in der Hauptstadt kann man wandern: Immer am Wasser entlang geht es durch insgesamt vier Bezirke von Mitte bis nach Spandau. Start ist am Berliner Hauptbahnhof, dann führt die für Fahrradfahrer ausgeschilderte Route entlang des Hohenzollernkanals, vorbei am Invalidenfriedhof sowie am Westhafen, wo auch heute noch Waren aus aller Welt verladen werden. Unterwegs gerät der Flughafen Berlin-Tegel in Sicht- und Hörweite.
Entlang des Wassers liegen zahllose liebevoll eingerichteten Kleingärten der Berliner Laubenpieper, immer wieder schießen Wassersportler auf ihren Booten vorbei, mit etwas Glück kann man sogar ein Kanu-Polo-Match beobachten.
Die große Überraschung für viele ist wohl Spandau, ein Bezirk, den viele Berliner kaum noch zur Hauptstadt zählen. Entlang der Havel und der Tegeler Seenkette gibt es historisch interessante Architektur zu entdecken, etwa einige der ältesten Gebäude Berlins nahe der Altstadt sowie die mächtige Zitadelle, erbaut im 16. Jahrhundert von den Brandenburgischen Kurfürsten.
Länge: 15 Kilometer
Dauer: 4 Stunden
Start- und Zielpunkt: Berliner Hauptbahnhof, erst Richtung Bundesministerium für Wirtschaft, dann auf den Mauerweg am Hohenzollernkanal wechseln und zunächst Richtung Invalidenfriedhof der Ausschilderung für Fahrradfahrer nach Spandau folgen. Hinter dem Westhafen auf die Straße "Am Nordufer" und von dort wieder auf den Uferweg vorbei an der Schleuse Plötzensee. Kurz hinter dem Kayak-Club Nord-West 1925 e.V. den Saatwinkler Steg überqueren und über die Spandauer Havelpromenade Richtung Spandauer Altstadt. Endpunkt Am Wröhmännerpark, direkt gegenüber der Zitadelle.
Storchen-Treff: Elbdeich vor Rühstädt

Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe-Brandenburg
Foto: Luiza SkrzypczyńskaMitten im Unesco-Biosphärenreservat "Flusslandschaft Elbe-Brandenburg" befindet sich Rühstädt, Deutschlands storchenreichstes Dorf . Schon beim Start der Wanderung in Wittenberge sieht man die Vögel im Frühling durch die Luft gleiten oder auf den feuchten Auen rund um den Fluss nach Nahrung staksen. Auch mit dabei: Rehe, Hasen, Füchse und Kraniche.
Weite macht sich breit auf dem Deich an der Elbe, die Landschaft ist völlig eben bis auf ein paar alte Baumriesen und Aussichtstürme. Es geht vorbei an Dörfern wie Hinzdorf und Bälow, immer mit Blick auf den Fluss, der mal ganz gerade dahinfließt, mal in Windungen die Landschaft formt.
In Rühstädt thront fast auf jedem der alten roten Backsteinhäuser mindestens ein Storchennest – die Vögel kehren jedes Jahr wieder und lassen sich von April bis September in dem Europäischen Storchendorf nieder. 2019 waren es 26 Paare, die ab Mitte Mai ihre Jungen füttern und dabei laut klappern. Eine spätbarocke Schloss- und Gartenanlage überrascht in dem Dorf, sie ist heute ein Wellnesshotel.
Verlauf: Ab Wittenberge-Ortskern immer dem Fluss und der Ausschilderung Richtung Rühstädt folgen, kurz hinter der Straße Elbdeich beginnt der Weg nur für Wanderer und Radfahrer.
Länge: 14 Kilometer
Dauer: 4 Stunden
Start- und Zielpunkt: Los geht es in Wittenberge. Vom Endpunkt Rühstädt aus mit dem Bus entweder zurück nach Wittenberge oder nach Bad Wilsnack, von dort verkehren jeweils Regionalzüge.
Die Welterbe-Wanderung: Riesenbuchen bei Serrahn

Nahe dem Serrahnsee
Foto: Luiza SkrzypczyńskaDer Serrahner Buchenwald in der Nähe von Neustrelitz mit Seen, Mooren und Wiesen gehört seit 2011 zum Unesco-Welterbe und wird seit 60 Jahren nicht mehr bewirtschaftet. Es ist ein besonderes Erlebnis, unter diesen 200 bis 300 Jahre alten Riesen zu laufen und vom Aussichtsturm am Großen Serrahnsee über eine Moorlandschaft zu blicken, in der auch Kranich und Fischadler heimisch sind. Der Schweingartensee wiederum mit seinem dichten Seerosenbewuchs und den aus dem Wasser ragenden Baumstümpfen könnte auch als Kulisse für einen Fantasy-Film herhalten.
In Serrahn mitten im Wald serviert Kristina Lange-Weber in ihrem Gartencafé leckere Kuchen und Suppen mit Zutaten aus dem eigenen Kräutergarten. Am Ende zahlt man das, was man angemessen findet. "Natürlich habe ich nicht so viel Geld, als wenn ich einen 'normalen' Job machen würde", sagt Lange-Weber. "Dafür lebe ich selbstbestimmt. Dies und den Respekt vor der Natur vermittele ich auch meinen Kindern." Zum Abschied kann man gegen eine Zahlung in die "Vertrauenskasse" ein Glas selbst geimkerten Honig mitnehmen.
Verlauf: Hier gibt es eine Karte - nicht enthalten ist ein Abstecher zum Schweingartensee.
Länge: 10 Kilometer
Dauer: 4 Stunden (inklusive Rast)
Start- und Zielpunkt: Wanderparkplatz Zinow, erreichbar zum Beispiel über Neustrelitz sowohl mit dem Auto als auch mit dem Bus.
Sagenhaft: Harzer Teufelsmauerstieg

Teufelsmauer bei Weddersleben
Foto: Andreas Vitting/ imageBROKER/ imago imagesDer Legende nach soll Luzifer die bizarre Felsrippe aus Sandstein errichtet haben, die im Harzvorland immer wieder aus der ansonsten vollkommen flachen Landschaft ragt - die etwa 20 Kilometer lange Teufelsmauer zwischen Ballenstedt und Blankenburg. Ansonsten ist nichts als weite Ebene zu sehen und am Horizont eine Ahnung von Thale und dem Bodetal. Der Harzer Teufelsmauerstieg führt ab Ballenstedt zunächst zu den Gegensteinen, dann über Rieder und Neinstedt zu Königstein, Mittelsteine und Papensteine nach Timmenrode.
Dann ändert sich der Weg, steigt über die Gesteinsformation Hamburger Wappen mit drei Felsnadeln (252 Meter) an, auf teils nur noch fußbreiten Pfaden, wo sich Baumwurzeln um Felsen ranken wie Fangarme von Kraken. Schon allein die Namen der Höhlen (etwa Kuhställe und Teufelsloch) und Felsgebilde (etwa Teufelssessel und Großvater) zeigen, wie sehr die Formationen immer schon die Fantasie der Menschen angeregt haben. Vom Kammweg aus ist der Rundumblick in die Landschaft beeindruckend.
Eher himmlisch statt teuflisch wird es dann wieder in Blankenburg mit einer Einkehr im Altdeutschen Kartoffelhaus. Die Portionen sind dem Wanderhunger angepasst, die Preise günstig.
Verlauf: Eine Karte gibt es hier .
Länge: 20 Kilometer
Dauer: 6,5 Stunden
Start- und Zielpunkt: Start in Ballenstedt, entlang der stets gut sichtbaren Teufelsmauer Richtung Blankenburg auf einem ausgeschilderten Weg. Die Strecke lässt sich auch in umgekehrter Richtung laufen, nur dann kommt das beeindruckendste Stück zuerst.
An der Grenze: Kirnitzschklamm in der Sächsischen Schweiz

In der Kirnitzschklamm
Foto: iStockphoto/ Getty ImagesDie Sächsische Schweiz inspirierte schon Maler wie Caspar David Friedrich - dennoch gibt es mit dem Kirnitzschtal noch eine Ecke, in die kaum Wandertouristen kommen. Start vieler Touren ist Hinterhermsdorf, das schon mal zu Sachsens schönstem Dorf gewählt wurde. Der Weg führt durch den Wald hinab in die Kirnitzschklamm mit ihren 40 Meter hohen Wänden - beeindruckend wirken sie, nicht beklemmend. "Bei Gewitter denkt man, jetzt ist Weltuntergang", sagt die Betreiberin der winzigen Imbissbude an der Oberen Schleuse. "Gleichzeitig ist es wunderschön."
Ein Gondoliere stakt Wanderer in seinem Boot weiter durch die Schlucht - allerdings nur zwischen Ostern und Ende Oktober (in Corona-Zeiten sollte man sich sicherheitshalber individuell vorher erkundigen). Der singt zwar nicht, erzählt aber die Geschichte der ältesten noch existierenden Grenze Europas, auf der man gerade fährt. Die Passagiere auf der linken Seite sitzen in Tschechien, auf der rechten Seite bleiben sie in Deutschland. Die Barke passiert einen kleinen Felsen, auf dem ein BH liegt. "Das ist die Liebesinsel", sagt der Bootsmann und behauptet: "Hier setzen wir auf Wunsch Pärchen ab und sammeln sie dann abends wieder ein."
Im weiteren Verlauf führt der Weg mal oberhalb der Kirnitzsch entlang, mal entlang des Flusses oder vorbei an imposanten Felsformationen wie den Rabensteinen. Im Sommer etwas mehr Zeit einplanen, dann findet man hier Himbeeren und Brombeeren im Überfluss.
Verlauf: Hier gibt es eine Karte .
Länge: 15 Kilometer
Dauer: 6,5 Stunden (mit Bootsfahrt)
Start- und Zielpunkt: Bushaltestelle Erbgericht Hinterhermsdorf, Verbindung etwa von Bad Schandau mit dem Wanderbus 241. Für Autofahrer am Parkplatz Buchenparkhalle in Hinterhermsdorf. Die Route ist ab Hinterhermsdorf lückenlos ausgeschildert.
Im Fluss: Schweinbachtal im Schwarzwald

Brücke im Schweinbachtal
Foto: Luiza SkrzypczyńskaNaturschutzgebiete und Bannwälder, in die der Mensch schon seit Jahrzehnten nicht mehr eingreift - das findet man auf einer Wanderung im Nördlichen Schwarzwald zwischen Schömberg und Hirsau. Unterwegs liegen immer wieder Orte, in denen der letzte Bus unter der Woche um 18 Uhr fährt.
Das Schweinbachtal mit seinen über und über von Moos bewachsenen Bäumen ist Ziel und Höhepunkt dieser Tour. Eine Spaziergängerin ist mit ihren Hunden unterwegs und erzählt: "Ich komme jedes Jahr aus der Schweiz hierher in den Schwarzwald. Klar, wir haben die Berge, aber so einen Ort wie diesen habe ich noch nie gesehen."
Was sie meint, ist auch die Ruhe entlang des Weges. Die herrscht trotz vieler Besucher auch in der gut erhaltenen Klosterruine Hirsau, dem Tagesziel. Eine gewaltige Ulme, die der schwäbische Lyriker Ludwig Uhland 1829 besang, beschattet die Mauern. Noch wichtiger: Im Innenhof liegt das Klostercafé, der Kaffee-Nachschub ist gesichert.
Verlauf: Die Tour ist die etwas abgekürzte dritte und letzte Etappe der Rundtour Stiefelreise mit Endpunkt Calw - eine Karte gibt es hier .
Länge: 14 Kilometer
Dauer: 6 Stunden
Start- und Zielpunkt: Start in Schömberg, Endpunkt der Wanderung in Hirsau oder - drei Kilometer länger - in Calw. Beide Orte verbindet die Deutsche Bahn beispielsweise mit Pforzheim.
Das Bier ist das Ziel: Rettenberg im Allgäu

Brauerei Engelbräu in Rettenberg
Foto: Luiza SkrzypczyńskaAgathazell mit seinen etwa 20 Häusern ist der Startpunkt, Rettenberg der nächste Stopp. Mit Engelbräu, Zötler und Bernardi kommt das Dorf auf gleich drei Brauereien. Der Weg verläuft zunächst eben an Gehöften und kleinen Weilern vorbei. "Frische Milch von unseren Kühen" steht auf einem Schild, "Eier von glücklichen Hühnern" auf einem anderen. Das Bergpanorama ist gekrönt vom massiven, 1737 Meer hohen Grünten, auch "Wächter des Allgäu" genannt.
Ziel ist der Falkenstein oberhalb von Rettenberg. Wer stetig bergauf steigt, den erwartet oben eine Picknickbank mit Rundumaussicht: Der Falkenstein stürzt hier fast senkrecht über mehrere hundert Meter hinab ins Tal.
Beim anschließenden Brauereibesuch zurück im Dorf fällt die Getränkewahl schwer. Und in der seit 1447 existierenden Gaststätte Adler-Post gibt es nach der Haxe noch einen Zirbenschnaps, während am Stammtisch neben dem bollernden Kachelofen schon die nächste Partie Schafskopf begonnen hat. Wer will - oder nicht mehr kann -, bleibt gleich zum Übernachten hier.
Verlauf: Von Agathazell bis Rettenberg ist die Strecke mit ausgeschildert. Für den Weg zum Falkenstein gibt es hier eine Karte .
Länge: 10 Kilometer
Dauer: 5 Stunden (dreieinhalb Stunden Laufzeit plus Einkehr, quasi Pflicht)
Start- und Zielpunkt: Agathazell, mit dem Auto über Sonthofen erreichbar. Alternative Anfahrt mit dem Bus über Sonthofen oder Burgberg.