
Rügen: E-Fahrräder für Touristen
E-Fahrräder auf Rügen So weit der Akku will
Sassnitz - Maria Stolowski sieht sich selbst nicht unbedingt als eine begeisterte Radfahrerin. Lange, anstrengende Strecken auf dem Rad kommen für sie schon wegen eines kleinen Knieproblems nicht in Frage, sagt die 20-Jährige. Aber in diesem Urlaub wolle sie die Ostseeinsel Rügen auf dem Bike erkunden. Also hat sie das Auto in Binz stehen lassen und sich zusammen mit ihrem Freund zwei Elektrofahrräder gemietet. Nach kurzer Einweisung schwingen sich die beiden auf die Fahrgestelle, drücken den Power-Knopf, stellen die Motorkraftunterstützung ein und treten in die Pedale.
"Das E-Fahrrad ist eindeutig auf dem Vormarsch", sagt Caren Bakker von der Tourismuszentrale Rügen, die das Projekt der Betreiberfirma Movelo aus Bad Reichenhall unterstützt. "Wir wollen damit auch Urlauber, die für gewöhnlich eher nicht in den Sattel steigen, dafür gewinnen, das Auto einfach mal stehen zu lassen." Über die ganze Insel verstreut haben inzwischen 34 Betreiber von Verleih- und Akku-Wechselstationen ein nahezu flächendeckendes Netzwerk geknüpft, das ab Freitag den Rügen-Urlaubern entspannte Radausflüge ermöglicht.
Vorerst rollen etwa 80 nagelneue Elektrofahrräder über Deutschlands größte Insel. "Noch vor Jahresfrist kommen mindestens 40 weitere hinzu", versichert Verkehrsplaner Jörn Kolbe, der in Sassnitz die Verleih- und Servicezentrale betreibt. Die jeweils 2500 Euro teuren Räder des Schweizer Herstellers Bitec würden von Movelo zu einer attraktiven Leasingpauschale an die Verleiher geliefert - Ersatz-Akkus, Vollkasko-Versicherung und Reparaturgarantie inklusive. Wer sich auf Rügen ein sogenanntes Pedelec (Pedal Electric Cycle) ausleiht, zahlt dafür etwa 18 bis 20 Euro pro Tag. Für die Branche ergebe sich damit ein durchaus attraktives Geschäft, findet Kolbe.
Mit Rad und Schiff unterwegs
Zum Netzwerk gehören nicht nur Fahrradhändler. Für das Projekt haben die Planer auch Hoteliers, Tourismusunternehmen wie das Stralsunder Freizeitbad Hansedom, Verkehrsunternehmen und sogar Künstler gewinnen können. Viele von ihnen locken mit zusätzlichen Rabatten. Die Weiße Flotte zum Beispiel will künftig Elektro-Räder kostenlos an Bord nehmen. Damit könnten die Gäste zum Beispiel preiswert attraktive Ausflüge nach Hiddensee oder Wittow unternehmen, sagt Kolbe, der insgesamt etwa zehn besonders schöne Rundkurse zusammengestellt hat.
Viele Anbieter wollen die Akkus in Zukunft nur noch mit regenerativen Energieträgern aufladen. Bauer Holger Kliewe etwa, der in Mursewiek Urlaub auf dem Lande anbietet und auch Pedelecs vorhält, will in Sonnenkollektoren und in ein kleines Biogaskraftwerk investieren. Auf diese Weise würden die E-Bikes dann wirklich völlig CO2-neutral und umweltschonend über Rügens insgesamt 600 Radweg-Kilometer surren, sagt Kolbe.
Urlauberin Stolowski hat ihr erster Radausflug jedenfalls gefallen. Zwei Stunden nach ihrer Abfahrt aus Binz steigt sie am Informationszentrum an Rügens Königsstuhl vom Sattel. Die 24 Kilometer lange Fahrt entlang der Küste, durch Sassnitz und die Stubnitz habe sie problemlos bewältigt. "Fantastisch", schwärmt sie. "Es fuhr sich so angenehm leicht und entspannt. Immer wenn es bergauf ging und schwieriger wurde, hat der Motor ordentlich Schub geleistet." Während sie nun mit ihrem Freund die Ausstellung besichtigt, lassen die beiden in der Servicestation am Kreidefelsen die Akkus der Fahrräder aufladen - vorsorglich, denn eigentlich reicht die volle Ladung je nach eigenem Muskelkrafteinsatz für 30 bis 80 Kilometer.