Foto: Patrice Lange / Miniatur Wunderland

Neue Attraktion im Miniatur Wunderland Wenn der ganz kleine Gletscher kalbt

Eine der beliebtesten deutschen Touristenattraktionen wächst weiter. Das Miniatur Wunderland in Hamburg eröffnet Patagonien. Die Macher erfüllten sich damit einen Traum – und senden eine Botschaft.
Von Leon Berent

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Vier Jahre planen, schnippeln, kleben, malen haben ein Ende: Im Miniatur Wunderland Hamburg ist in dieser Woche der Abschnitt »Patagonien« eröffnet worden – nach 50.000 Arbeitsstunden und Investitionen von zwei Millionen Euro. Die Gründer Gerrit und Frederik Braun hatten prominente Gäste zur Zeremonie eingeladen. Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank war bei der Einweihung ebenso dabei wie Polarforscher Arved Fuchs.

Ein Team aus 70 Modellbauerinnen und Modellbauern hat die 65 Quadratmeter große Anlage in den Südamerikabereich des Wunderlands direkt neben Rio de Janeiro gepflanzt. Einige Teammitglieder stammen selbst aus der Region. Eine internationale Besetzung war den Machern wichtig. »Wir wollten es richtig machen, realitätsgetreu. Nicht einfach irgendwelche Klischees nachbauen, die wir im Kopf haben«, sagt Frederik Braun.

Bauernhof im nachgebauten Patagonien: »Wir wollten es richtig machen«

Bauernhof im nachgebauten Patagonien: »Wir wollten es richtig machen«

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Patrice Lange / Miniatur Wunderland

Dazu haben sich die Hamburger unter anderem mit der Familie Martinez zusammengetan. Die Geschwister Jorge, Peter und Gabriela wirkten tatkräftig mit, um die Region möglichst authentisch umzusetzen. »Das war eine echte Herausforderung, aber am Ende haben wir es geschafft. Ich bin heute sehr glücklich«, sagt Jorge. Sein Bruder Peter hatte die kreative Vision. Er entwarf Patagonien am Zeichenbrett. Jorge musste es dann nur noch umsetzen und war vor allem für die Technik verantwortlich.

Patagonien bezeichnet den Teil Südamerikas, der sich südlich der Flüsse Río Colorado in Argentinien und Río Bío Bío in Chile sowie nördlich der Magellanstraße befindet. Eine genau festgelegte Abgrenzung gibt es nicht.

Forschungsstation an der Südküste Argentiniens: »Eine echte Herausforderung«

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Miniatur Wunderland

Die zwei bestimmenden Naturgewalten der Region sind die Drake-Passage, in deren wilden Wellen Abenteurer und Entdecker seit Jahrhunderten Ruhm oder den Tod finden, und der Perito-Moreno-Gletscher, mit mehr als 30 Kilometern Länge das drittgrößte Süßwasserreservoir der Welt. Beides wurde in der Hamburger Speicherstadt nachgebaut. Nur im Miniaturformat.

Der Perito-Moreno-Gletscher gehört zu den wenigen Gletschern, die sich nicht zurückziehen und bei denen kein Masseverlust zu beobachten ist. Er gilt als eine der größten Touristenattraktionen Argentiniens – unter anderem, weil er so spektakulär kalbt. Das Naturschauspiel ist im Wunderland mit technischen Tricks ebenso nachempfunden wie der Seegang der Drake-Passage.

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Polarforscher Arved Fuchs hat den Gletscher schon besucht und die Passage durchquert. Er ist begeistert von der Umsetzung. »Ich hatte keine genaue Vorstellung, was mich hier erwartet, aber ich muss sagen: grandios!« Fuchs wurde durch zahlreiche Fernsehdokumentationen und Fotoreportagen bekannt. Zuletzt bereiste er den Nordatlantik. Für ihn öffnet der Blick auf Mini-Patagonien eine neue Perspektive. »Wenn man die Natur so erfährt wie ich – nicht im Stadtpark oder Buchenwald – merkt man, wie klein wir doch sind im Angesicht der Schöpfung«, sagt Fuchs.

Im Wunderland ist es die Schöpfung, die klein wirkt, Besucherinnen und Besucher dadurch aber nicht weniger beeindruckt und fasziniert. Laut »Guinness World Records« ist der Touristenmagnet in Hamburg die größte Modelleisenbahnanlage der Welt. Sie befindet sich in der historischen Speicherstadt. Auf 1600 Quadratmetern liegen 16 Kilometer Gleis, auf denen knapp 1200 digital gesteuerte Züge mit mehr als 10.000 Waggons verkehren. Und alle ohne Verspätung.

Modelleisenbahn in Patagonien: Alle ohne Verspätung

Modelleisenbahn in Patagonien: Alle ohne Verspätung

Foto: Miniatur Wunderland

Die Erweiterung um Patagonien war für Gerrit und Frederik Braun ein Herzensprojekt. Beide haben die Region bereist und waren verzaubert von ihrer Schönheit. Mit dem Bau der neuen Anlage wollen sie bei aller Unterhaltung und Detailverliebtheit auch zu einem bedachten Umgang mit der Natur aufrufen.

Bei Grünenpolitikerin Fegebank ist die Botschaft schon angekommen. Der neue Wunderland-Bereich sei nicht nur Ausdruck von Kreativität und Erfindergeist der Modellbauer, sondern auch eine Erinnerung an das wichtigste Thema unserer Zeit, sagt sie. »Ich beglückwünsche alle Beteiligten zur Erfüllung dieses Traumes. Doch er hat auch eine ernste Botschaft«, so Fegebank, die betont, wie wichtig der Schutz der Polarregionen sei und wie sehr wir in der Verantwortung stehen.

Neben all dem Trubel um Polarforscher und Modellbaupioniere streckt ein Teenager in Wolkenpulli seinen Kopf ungeduldig in die Höhe. Damon ist leidenschaftlicher Wunderland-Fan. Was denkt er über die neue Attraktion? »Es ist das Beeindruckendste, was ich bisher gesehen habe. Ich bin stolz auf die beiden.« Er meint die Brüder Braun, mit denen er gern den Job tauschen würde. Was wäre seine erste Amtshandlung? »Boah, das weiß ich ehrlich gesagt nicht«, sagt er und lächelt verlegen.

Einsatz von Umweltaktivisten an einem Walfängerschiff: Protest im Miniformat

Einsatz von Umweltaktivisten an einem Walfängerschiff: Protest im Miniformat

Die nächsten Projekte der Brauns sind Monaco und die Provence. Die Arbeiten daran laufen schon seit einigen Jahren, 2024 sollen die neuen Bereiche eingeweiht werden. Dann vermutlich wieder mit prominenten Gästen.

Anmerkung der Redaktion: Die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank sprach vom Schutz der Polarregionen, und nicht wie von uns geschrieben nur der Arktis. Ein Foto zeigt ein Modellschiff in einer verschneiten Landschaft – dies soll ein Walfängerschiff darstellen, und nicht ein Forschungsschiff. Die Angaben haben wir geändert.

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