Segelflug-Blog Die Tücken der Ackerlandung

Außenlandung beim Segelfliegen: Lieber Gelb als Braun oder Grün

Außenlandung beim Segelfliegen: Lieber Gelb als Braun oder Grün

Foto: Michail Hengstenberg

Plötzlich ist die Thermik weg. Es geht nur noch abwärts. Der Heimatflugplatz ist in unerreichbarer Ferne, keine Chance, dort noch mal hinzukommen. Was tun? Außenlandung!

Was sich nach einem Notfall anhört, ist in Wahrheit Segelfliegeralltag. Es kommt regelmäßig vor, dass die Thermik ausbleibt oder man einfach nicht mehr rechtzeitig den Anschluss findet. Dann ist es wichtig, rechtzeitig das Richtige zu tun und sich zu einer Außenlandung zu entschließen. Auf dem Weg zu meinem Segelflugschein bin ich auf die Zielgerade eingebogen. Einen der wichtigsten Ausbildungsabschnitte habe ich nämlich inzwischen absolviert: das Üben von solchen kleinen Notsituationen - das Landen auf einem Acker.

Wir sind unterwegs im Motorsegler zur Überlandflugeinweisung. Die beinhaltet zum einen die sogenannte Koppelnavigation, eine angesichts der Flut von verfügbaren GPS-Navis für Segelflieger etwas aus der Zeit gefallene Navigationsform.

Dafür habe ich bei der Flugvorbereitung nach alter Väter Sitte anhand einer Luftfahrerkarte und den Daten für Windgeschwindigkeit und Windrichtung den Steuerkurs berechnet. Außerdem habe ich markante Wegpunkte wie zum Beispiel eine kreuzende Autobahn identifiziert und die Flugzeit zwischen den einzelnen Wegpunkten ermittelt, anhand derer ich jetzt einschätzen kann, dass wir den richtigen Kurs fliegen.

Gelb ist besser als Braun ist besser als Grün

Doch der weitaus wichtigere Teil ist die Vorbereitung auf den Ernstfall, und in dieser Hinsicht hält der Flug viel Lehrreiches für mich parat. Dazu sei vorab gesagt, dass die Gegend um Hamburg ein Außenlandeparadies ist. Viel plattes Land, übersät mit einem Flickenteppich von Feldern. Kein Vergleich zu anderen Gegenden Deutschlands, wo solche Landemöglichkeiten gefährlich selten sind, gerade in bergigen Gegenden.

Umso erstaunter muss ich auf unserem Flug feststellen, wie schwer die Wahl des geeigneten Feldes für einen Anfänger wirklich ist. Klar, grob lassen sich die Landeflächen schnell kategorisieren. Gelb ist gut, denn dabei handelt es sich meist um einen frisch abgeernteten Acker. Der Boden ist fest und ohne größere Unebenheiten und vor allem ohne gefährliche Hindernisse, sonst könnte ein Traktor ja schlecht darauf fahren.

Braun ist nicht so gut wie gelb, denn dabei handelt es sich meist um frisch gepflügte Äcker. Auf denen ist zwar auch nicht mit versteckten Hindernissen zu rechnen, aber die zum Teil ganz schön großen Erdschollen versprechen eine ruppige Landung. Aber Braun ist besser als Grün, denn grün sind Weiden. Und Weiden sind tückisch, das kann ich jetzt bezeugen, aber dazu später mehr.

Im Ernstfall würde mich nur ein Ringelpiez retten

Für meinen ersten Landeversuch wähle ich also ein gelbes Feld, einen frisch gepflügten Acker. Alles klappt wunderbar, doch dann merke ich im Endanflug - in dem Moment also, wo es im Ernstfall definitiv zu spät wäre - dass das Feld in Wahrheit doch deutlich kürzer ist, als es von oben den Anschein hatte. Zudem habe ich mich offensichtlich in der Windrichtung getäuscht, denn ich habe Rückenwind, wodurch der Acker noch mal kürzer wird.

Wäre dies eine echte Außenlandung mit einem Segelflugzeug, wäre ich in Schwierigkeiten. Vermutlich würde mich nur ein sogenannter Ringelpiez vor einer Kollision mit den Bäumen am Rand des Feldes bewahren. Dabei wird eine Tragfläche abgelegt und das Flugzeug dadurch in eine schnelle Drehung gezwungen. Ich würde wohl unverletzt bleiben, das Flugzeug jedoch wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit beschädigt. Aber es ist ja nur eine Übung.

Mein Fluglehrer schiebt den Gashebel nach vorne, der Motorsegler schwebt empor, wir entfliehen der Gefahr. Merke: Verlasse dich nie auf Windangaben, sondern schaue immer nach Windrädern oder Rauchfahnen. Sie verraten dir immer die echte Windrichtung.

Ein Punkt entpuppt sich als Pfahl, eine Linie als Zaun

Danach klappen alle Außenlandeübungen problemlos. Wenn man nur rechtzeitig die Entscheidung trifft, bleibt der größte Gefahrenfaktor, die Hektik, aus. Im Idealfall kann man dann im Vorbeiflug noch einmal in Ruhe das Landefeld inspizieren, was sinnvoll ist, weil dort immer wieder Überraschungen warten.

Bei der Wahl eines sehr großen, frisch gepflügten Ackers sehe ich aus großer Höhe in der Mitte des Feldes einen kleinen, schwarzen Punkt. Der entpuppt sich im Überflug als Pfahl, der mitten auf dem Feld einsam aus dem Boden ragt. Kein Problem, rechts und links davon ist genug Platz - aber es ist gut, das rechtzeitig zu wissen.

Einen krassen Aha-Moment erlebe ich beim genaueren Blick auf eine Weide, die neben meinem Landefeld liegt. Aus größerer Höhe sah diese eigentlich auch ganz gut aus, lediglich eine in der Mitte quer zur Landerichtung liegende Linie irritierte mich. Tja. Aus der Nähe entpuppt sich die Linie als Zaun, der die Weide teilt, zudem ist der Boden extrem uneben - gut, dass ich Braun vor Grün gewählt habe.

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