Bundesweiter Streik Was Bahnreisende jetzt wissen müssen

Warnstreik am Münchner Hauptbahnhof (April): Wieder ein Tag mit stillgelegten Zügen
Foto:Wolfgang Maria Weber / IMAGO
Dieser Artikel gehört zum Angebot von SPIEGEL+. Sie können ihn auch ohne Abonnement lesen, weil er Ihnen geschenkt wurde.
Wann und wo findet der Streik statt?
Mit einem 50-stündigen Warnstreik will die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) den Bahnverkehr ab Sonntagabend weitgehend lahmlegen. Von 22 Uhr bis Dienstagnacht um 24 Uhr soll im Fern-, Regional- und Güterverkehr auf der Schiene nichts mehr gehen, wie die EVG mitteilte.
Der Personalchef der Deutschen Bahn (DB), Martin Seiler, will den Streik noch abwenden. Die Bahn sei »ab sofort bereit« für Gespräche, auch am Wochenende, sagte Seiler in Köln. »An uns soll es nicht scheitern.«
Womit müssen Bahnreisende rechnen?
Nach Einschätzung der Deutschen Bahn wird der angekündigte Warnstreik noch keine Auswirkungen auf den Zugverkehr am Wochenende haben. »Den Sonntag würde ich, nachdem was ich jetzt weiß, durchaus als verkehrssicher ansehen wollen«, sagte Personalvorstand Seiler.
Ab Montag aber werde der Warnstreik »erhebliche Auswirkungen« haben. Der bundesweite Fernverkehr wird laut DB-Webseite an den Streiktagen eingestellt. Zwischen Sonntagabend um 22 Uhr und Dienstagabend um 24 Uhr blieben sämtliche ICE- und IC-Züge in den Depots, teilte der Konzern mit. Auch der Nahverkehr werde stark beeinträchtigt sein.
Welche Kulanzregeln hat die Deutsche Bahn?
Die Deutsche Bahn empfiehlt ihren Fahrgästen, für den Zeitraum des Streiks geplante Bahnfahrten auf den Zeitraum vom 11. bis 14. Mai vorzuverlegen. Bereits gekaufte Tickets für Fernzüge im Zeitraum 14. bis 16. Mai können ab sofort bis einschließlich 14. Mai flexibel genutzt werden.
Eine Verlängerung der flexiblen Ticketnutzung auf den Zeitraum nach dem Streik sei nicht möglich, da die Züge von Mittwoch bis Sonntag aufgrund des Feiertags Christi Himmelfahrt bereits sehr hoch ausgelastet seien. Am Sonntag sollten Bahnreisende ihre Fahrt nicht erst in den Abendstunden antreten, da der Streik bereits um 22 Uhr beginnt.
Außerdem gelten diese Kulanzregeln, die die Bahn auf ihrer Webseite ausführt:
Sitzplatzreservierungen können kostenfrei storniert werden.
Die Zugbindung bei Sparpreisen und Super Sparpreisen sind aufgehoben.
Die City-Funktion allerdings galt nicht an einem anderen Tag, in dem Fall musste ein Ticket für die An- und Abreise zum Bahnhof gekauft werden.
Die Bahn bittet, an den Streiktagen, auf die Mitnahme des Fahrrads in den Zügen des Ersatzfahrplans zu verzichten. Sie bietet an den Streiktagen für Fernverkehrsreisende, die bereits über eine Fahrradkarte und Stellplatzreservierung verfügen, einen kostenlosen Fahrradversand an. Dies gilt nicht für alle Fahrräder (mehr dazu hier ).
Wer zeitlich nicht ausweichen konnte, konnte sich gemäß der gesetzlichen Fahrgastrechte den Fahrpreis für den ausgefallenen Zug vollständig erstatten lassen.
Bei Ausfällen und Verspätungen gelten wie bei allen weiteren Bahnunternehmen die gesetzlichen Fahrgastrechte . Fährt der Zug nicht oder wird absehbar mindestens 60 Minuten verspätet am Zielort eintreffen, kann man den Ticketpreis zurückverlangen. Diese Option besteht auch für den Warnstreik.
Für im Internet über ein Kundenkonto gekaufte Tickets geht das mit einem Online-Antrag oder über die DB-Navigator-App. Sonst bleibt nur, die Kosten schriftlich zurückverlangen. Dafür muss man das Fahrgastrechte-Formular ausfüllen und dann per Post an Servicecenter Fahrgastrechte, 60647 Frankfurt/Main senden.
Was ist mit Zeitfahrkarten oder Abo-Tickets wie das Deutschlandticket?
Hier gibt es pauschale Sätze. Bei einer Bahncard 100 der 2. Klasse zum Beispiel sind es für jede Zugverspätung ab 60 Minuten zehn Euro. Beim Deutschlandticket sind es laut Bahn pro Verspätungsfall von mehr als einer Stunde 1,50 Euro. Weil sie aber erst ab 4 Euro Entschädigungssummen auszahlt, müssen Reisende mehrere Fälle sammeln, ehe sie beim Servicecenter Fahrgastrechte ihre Ansprüche geltend machen.
Was müssen Berufspendler beachten?
Gerade für Pendlerinnen und Pendler kann der Bahnstreik zu einer besonderen Herausforderung werden, da sie dennoch im Job erscheinen müssen. »Das sogenannte Wegerisiko trägt immer der Arbeitnehmer, ob Streik oder nicht«, sagte Rechtsanwältin Nathalie Oberthür anlässlich des Warnstreiks Ende März. Denn bei einem Streik handelt es sich nicht um ein unvorhergesehenes Ereignis. In der Regel wird er rechtzeitig angekündigt, also etwa am Vortag oder sogar noch früher.
Das eigene Auto, Carsharing, Fahrrad – in der Stadt ist das Ausweichen dank kurzer Wege meist leichter als auf dem Land. Rechtlich spielt das aber keine Rolle. »Zur Not müssen Arbeitnehmer auf eigene Kosten ein Taxi nehmen, auch das ist zumutbar«, sagt Oberthür.
Und wie sieht es mit Homeoffice aus? Ist es sowieso schon Praxis im Arbeitsalltag, hat der Arbeitnehmer gute Chancen, dieses auch für den Streiktag gestattet zu bekommen. Im Rahmen seiner Fürsorgepflicht dürfte der Arbeitgeber in diesem Ausnahmefall verpflichtet sein, die Arbeitsleistung zu Hause zu ermöglichen. Rechtsprechung hierzu gibt es allerdings bislang noch nicht.
Sich an einem Streiktag lieber krankzumelden, statt sich nach Alternativen für die Anreise zu bemühen, ist keine gute Idee. Darauf wies der Arbeitsrechtler Michael Fuhlrott hin: »Kommt der Arbeitgeber dahinter, dass die Krankmeldung nur vorgetäuscht war, besteht eine schwere arbeitsvertragliche Pflichtverletzung.« Diese könne eine fristlose Kündigung und den Verlust des Arbeitsplatzes zur Folge haben.
Gibt es Alternativen?
Ihre Bahn fährt an dem geplanten Reisetag nicht? Vielleicht erlaubt es die Entfernung zum Arbeitsort, als Alternative das Fahrrad zu wählen und für den Frühling zu entstauben. Ansonsten können das eigene Auto, ein Mietwagen oder ein Fernbus Optionen sein, wenn man am Streiktag längere Strecken zurücklegen muss. Vielleicht lassen sich auch Fahrgemeinschaften bilden.
Doch Vorsicht: An den Streiktagen könnte es schwierig werden, einen Wagen zu mieten, da die Nachfrage sprunghaft ansteigt. Am besten ist es, zeitnah zu buchen. Oft lassen sich Buchungen bis 24 Stunden vorher auch kostenfrei wieder stornieren.
Beim privaten Unternehmen Flixbus bereitet man sich regelmäßig bei Streiks auf mehr Kunden vor. »Generell gehen wir basierend auf den Erfahrungen von vorherigen Streiks bei der DB von einer deutlich erhöhten Nachfrage aus und sind auch in der Lage unser FlixBus-Angebot kurzfristig auszubauen, um mehr Menschen zu befördern«, so Sprecher Sebastian Meyer anlässlich des Streiks im April.