»Zur Not auf eigene Kosten Taxi nehmen« Was Reisende wegen des Warnstreiks jetzt wissen müssen

Düsseldorfer Flughafen: Am Montag heben kaum Flugzeuge von deutschen Airports ab
Foto: LIVINUS / iStockphoto / Getty ImagesWann findet der Warnstreik statt?
Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und Ver.di haben gemeinsam zu einem umfassenden Warnstreik im Verkehr aufgerufen – und zwar bundesweit 120.000 Beschäftigte durch Ver.di, 230.000 bei Bus und Bahn durch EVG. Der ganztägige Streik beginnt in der Nacht vom 26. auf den 27. März um 0 Uhr und endet um 24 Uhr, teilten beide Gewerkschaften weiter mit. Auswirkungen werden aber schon am Sonntag zu spüren sein – und sich bis in den Dienstag hineinziehen.
EVG-Chef Martin Burkert empfahl Reisenden ausdrücklich, am Sonntag rechtzeitig am Ziel zu sein. Auf offener Strecke sollen Reisende aber nicht stranden, man würde keinen Fahrgast aus dem Bus werfen, hieß es.
Welche Verkehrsmittel werden bestreikt?
Bahn: Die EVB hat in rund 50 Unternehmen der Branche zum Warnstreik aufgerufen – das größte ist die Deutsche Bahn.
Flugverkehr: Warnstreiks finden an fast allen Flughäfen außer in Berlin statt. Der Flughafen Erfurt-Weimar meldet zudem, dass dort keine Einschränkungen zu erwarten seien: Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Flughafengesellschaft gelte ein Haustarif, der aktuell nicht zur Verhandlung stehe.
Öffentlicher Nahverkehr: Hier kommt es zum Stillstand in sieben Bundesländern, und zwar in: Hessen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Sachsen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und in weiten Teilen Bayerns. In den anderen Bundesländern kann aber auch die S-Bahn, die zur Deutschen Bahn gehört, bestreikt werden.
Weitere Auswirkungen: Auch bei der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung haben die Gewerkschaften zu Arbeitsniederlegungen aufgerufen. In Hamburg streiken die Lotsenversetzer erneut innerhalb weniger Tage, diesmal von Sonntag, 18 Uhr, bis Dienstag, sechs Uhr. Neben mehreren Frachtern stehen für diesen Zeitraum auch Kreuzfahrtschiffe auf den Segellisten des Hamburger Hafens: So sollen die »MSC Virtuosa« mit bis zu rund 6300 Passagieren und die »Aidabella« mit bis zu rund 2000 Passagieren an Bord eigentlich am Sonntagabend um 21 Uhr beziehungsweise 18 Uhr auslaufen.
Was müssen Berufspendler beachten?
Gerade für Pendlerinnen und Pendler kann der Streik zu einer besonderen Herausforderung werden, da sie dennoch im Job erscheinen müssen. »Das sogenannte Wegerisiko trägt immer der Arbeitnehmer, ob Streik oder nicht«, sagt Rechtsanwältin Nathalie Oberthür. Denn bei einem Streik handelt es sich nicht um ein unvorhergesehenes Ereignis. In der Regel wird er rechtzeitig, also etwa am Vortag oder sogar noch früher, angekündigt.
Das eigene Auto, Carsharing, Fahrrad, kurze Wege – in der Stadt ist das Ausweichen meist leichter als auf dem Land. Rechtlich tut das aber nichts zur Sache. »Zur Not müssen Arbeitnehmer auf eigene Kosten ein Taxi nehmen, auch das ist zumutbar«, sagt Oberthür.
Und wie sieht es mit Homeoffice aus? Ist es sowieso schon Praxis im Arbeitsalltag, hat der Arbeitnehmer gute Chancen, dieses auch für den Streiktag gestattet zu bekommen. Im Rahmen seiner Fürsorgepflicht dürfte der Arbeitgeber in diesem Ausnahmefall verpflichtet sein, die Arbeitsleistung zu Hause zu ermöglichen. Rechtsprechung hierzu gibt es allerdings bislang noch nicht.
Wer sich am Montag lieber krankmeldet, statt sich nach Alternativen für die Anreise zu bemühen, begeht eine schwere Pflichtverletzung. Darauf weist der Arbeitsrechtler Michael Fuhlrott hin: »Kommt der Arbeitgeber dahinter, dass die Krankmeldung nur vorgetäuscht war, besteht eine schwere arbeitsvertragliche Pflichtverletzung.« Diese könne eine fristlose Kündigung und den Verlust des Arbeitsplatzes zur Folge haben.
Was müssen Bahnreisende wissen?
Die Deutsche Bahn stellt den Fernverkehr am Montag ein. Sie rechnet eigenen Angaben zufolge mit »massiven Beeinträchtigungen« für den gesamten Bahnbetrieb – auch der Regional- und der S-Bahn-Verkehr dürfte bundesweit weitgehend zum Erliegen kommen. Es werde »größtenteils kein Zug fahren«, hieß es. »Bereits am Sonntagabend sind laut Aussagen der Gewerkschaft erste Auswirkungen durch streikende Mitarbeitende möglich.«
Der Warnstreik werde sich demnach auch am Dienstag noch auf den Bahnverkehr auswirken. Geplante Reisen solle man daher, wenn möglich, verschieben. Für einen Notfahrplan am Warnstreiktag am kommenden Montag sieht die Deutsche Bahn keine Möglichkeit, »weil eben sehr viele Berufsgruppen zum Streik aufgerufen sind«.
Fahrgäste der Deutschen Bahn, die ihre für den Zeitraum vom 26. bis zum 28. März geplante Reise aufgrund des Streiks der EVG verschieben möchten, können ihr bis einschließlich 23. März gebuchtes Ticket für den Fernverkehr ab sofort bis einschließlich Dienstag, den 4. April, flexibel nutzen. Dies teilt die Bahn auf ihrer Website mit. Dort finden Reisende die wichtigsten Informationen zusammengefasst.
Unter anderem gelten diese Kulanzregeln:
Sitzplatzreservierungen können kostenfrei storniert werden.
Die Zugbindung bei Sparpreisen und Super Sparpreisen sind aufgehoben.
Die Cityfunktion allerdings gilt nicht an einem anderen Tag, in dem Fall muss ein Ticket für die An- und Abreise zum Bahnhof gekauft werden.
Wer zeitlich nicht ausweichen kann, kann sich gemäß der gesetzlichen Fahrgastrechte den Fahrpreis für den ausgefallenen Zug vollständig erstatten lassen.
Regionale andere Bahnunternehmen rechnen mit massiven Einschränkungen, auch »wenn sie nicht direkt bestreikt« werden – so formulieren es etwa Metronom, Erixx oder die Ostdeutsche Eisenbahngesellschaft auf ihren Websites. Informationen über Ausfälle und Störungen werden wohl erst nach und nach bekannt gegeben. Kunden sollten kurz vor Reiseantritt ihre Reiseverbindung überprüfen. Bei Ausfällen und Verspätungen gelten auch hier die gesetzlichen Fahrgastrechte.
Und was müssen Flugreisende wissen?
Etwa 380.000 Geschäfts- und Privatreisende werden am Montag nicht von deutschen Flughäfen abheben können – so die Schätzung des Flughafenverbands ADV. »Es wird umfassende Einschränkungen im Flugverkehr geben«, sagt Ver.di-Chef Frank Werneke. Die Auswirkungen werden zum Teil schon am Sonntag zu spüren sein. »Passagieren, die an einem der beiden Tage einen Flug ab München gebucht haben, wird dringend empfohlen, sich mit ihrer Fluggesellschaft in Verbindung zu setzen und von einer Anreise zum Flughafen abzusehen«, teilt etwa der Flughafen München mit.
Wer einen Flug bei einer Airline gebucht hat, sollte sich zunächst bei dieser erkundigen, welche Möglichkeiten bestehen – etwa Umbuchungen. Auch bei einem streikbedingten Flugausfall können Passagiere gegenüber der Fluggesellschaft darauf pochen, alternativ ans Ziel befördert zu werden – und sei es erst am nächsten Tag. Sie können stattdessen auch den Ticketpreis zurückverlangen, müssen sich dann aber selbst darum kümmern, wie sie von A nach B kommen. Bei ausgefallenen innerdeutschen Verbindungen bieten Airlines oft die Option, das Ticket in eine Bahnfahrkarte umzuwandeln. Das wird bei diesem Streik freilich kaum sinnvoll sein.
Da bei diesem Warnstreik das Flughafenpersonal die Arbeit niederlegt und nicht Angestellte der Fluggesellschaften, haben die Passagiere und Passagierinnen in der Regel keinen Anspruch auf Entschädigung nach der europäischen Fluggastrechteverordnung. Nach dieser stünden ihnen sogenannte Ausgleichsleistungen zwischen 250 und 600 Euro zu – allerdings nur, wenn kein außergewöhnlicher Umstand vorliegt.
Wer eine Flugpauschalreise gebucht hat und am Montag abfliegen wollte, sollte den Veranstalter kontaktieren. Der habe auch bei einem Warnstreik dafür Sorge zu tragen, die Urlauber ans Ziel zu bringen, erklärt Alina Menold von der Verbraucherzentrale Niedersachsen. Falls ein Urlaubstag verloren geht, lässt sich der Reisepreis gegebenenfalls anteilig mindern. Eine Übersicht über die Rechte der Reisenden fasst der Verbraucherzentrale Bundesverband auf dieser Website zusammen.
Gibt es Alternativen?
Die U-Bahn, die Regionalbahn oder der Bus fahren nicht? Vielleicht erlaubt es die Entfernung zum Arbeitsort, als Alternative das Fahrrad zu wählen und für die Frühlingsfahrt zu entstauben. Ansonsten können das eigene Auto, ein Mietwagen oder ein Fernbus Optionen sein, wenn man zwingend am Streiktag längere Strecken reisen muss.
Vielleicht lassen sich auch Fahrgemeinschaften bilden, denn auf den Straßen und Autobahnen dürfte es sehr voll werden. Zumal in den Städten, in denen auch der Nahverkehr bestreikt wird.
Zunächst war befürchtet worden, dass sogar Tunnel gesperrt werden müssten, weil diese nicht mehr überwacht werden könnten. Denn auch bei der Autobahngesellschaft hatten die Gewerkschaften zum Warnstreik aufgerufen. Diese Befürchtung wies das Unternehmen zurück: »Insbesondere der Betriebsdienst auf den Bundesfernstraßen ist aufrechtzuerhalten«, hieß es. »Hierzu werden Notdienstvereinbarungen geschlossen, um zum Beispiel Tunnelschließungen zu vermeiden.«
Außerdem könnte es schwierig werden, einen Wagen zu mieten. Beim Onlineportal Billiger-mietwagen.de hieß es am Wochenanfang, als schon über den Riesenwarnstreik spekuliert wurde: Man gehe davon aus, dass es dann sehr kurzfristig zu einer Zunahme an Buchungen und Preisen kommen werde. Wer jetzt schon wisse, dass er am Montag mobil sein müsse, solle lieber zeitnah buchen. Oft ließen sich Buchungen bis 24 Stunden vorher auch kostenfrei wieder stornieren – zum Beispiel falls wider Erwarten der Zug doch fährt.
Bei Flixbus hieß es am Wochenanfang, dass man die am stärksten nachgefragten Linien für den Streiktag nach Möglichkeit aufstocke.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels hieß es, dass Fahrgäste ihre vom 27. bis zum 28. März geplante Reise flexibel verschieben können. Tatsächlich gilt das laut Bahn.de sogar vom 26. bis zum 28. März. Wir haben die entsprechende Stelle angepasst.