

Die Schwebebahn in Wuppertal gibt es als Weingummi, abgebildet auf Kugelschreibern, Kaffeetassen oder als Plätzchenausstecher. Nichts steht so symbolisch für die nordrheinwestfälische 350.000-Einwohner-Stadt wie das unter Denkmalschutz stehende Nahverkehrsmittel, das seit 1901 unterwegs ist. An diesem Wochenende wird die Hängebahn ihre neuen himmelblauen Wagen in Betrieb nehmen - und ganz Wuppertal wird wohl den Kopf in den Nacken legen, um die in Spanien gebauten Wagen zu begutachten.
Der Jungfernfahrt ging ein Mammutprojekt voraus. Zwei Jahrzehnte lang wurden auf der 13,3 Kilometer langen Trasse Bahnhöfe und die massigen Gerüste erneuert. Insgesamt hat die Verjüngungskur 634 Millionen Euro gekostet. Weit mehr als die Hälfte des Betrags kam vom Land, 270 Millionen finanzieren die Wuppertaler Stadtwerke.
Die Schwebebahn ist einzigartig, deshalb musste der Ausbau maßgeschneidert sein. Der ganze Fahrweg wurde nach und nach neu gebaut. Die Erneuerung dauerte lange, weil bei laufendem Betrieb saniert wurde. Wegen Unklarheiten über die Förderfähigkeit waren die Bauarbeiten zeitweise sogar eingestellt worden. Mit dem Ausbau ist das schlimmste Unglück der Schwebebahn-Geschichte verknüpft: 1999 stürzte ein Zug ab, weil ein Metallteil an der Fahrschiene vergessen worden war. Fünf Fahrgäste starben.
Erstmals gibt es gepolsterte Sitze
Am Sonntag kommen fünf neue Wagen auf die Strecke. Ein neues Modell und zwei alte Wagen hängen dann im Wechsel hintereinander wie Perlen an der Kette. "Wir sind aufgeregt, wir freuen uns, und die Leute freuen sich auch", sagt Holger Stephan, der Sprecher der Stadtwerke.
Bis Anfang 2018 sollen alle 31 neuen Wagen am Gerüst hängen. Dann kann die Schwebebahn an den 20 Bahnhöfen zwischen Vohwinkel und Oberbarmen schneller und im Zwei-Minuten-Takt fahren.
Die neuen Wagen sind äußerlich so groß wie die alten, innen aber geräumiger. Kinderwagen und Rollstuhlfahrer bekommen Platz. Und erstmals überhaupt gibt es gepolsterte Sitze. Die ausgemusterten Wagen werden größtenteils an Liebhaber verkauft.
85.000 Fahrgäste nutzen an Werktagen die Schwebebahn. Sie steigen auf den meterhohen Bahnsteigen ein und gleiten auf etwas schaukliger Fahrt durch die Stadt an der Wupper. Die Schwebebahn hat Wuppertal weltweit bekannt gemacht. Eine solche Bahn, die über die Köpfe der Menschen hinweg saust und 24 Millionen Fahrgäste im Jahr befördert, hat sonst keiner.
Ende des 19. Jahrhunderts konnten sich nur reiche Industriestädte eine Verrücktheit wie die Schwebebahn leisten. Andere bauten U-Bahnen - im Tal der Wupper strebte man nach oben. Die Städte Barmen und Elberfeld, die sich 1929 zu Wuppertal vereinigten, verwirklichten das verwegene Projekt.
Als "Tuffi" trompetend in die Wupper sprang
Die Trasse verläuft in der dicht bebauten, langgezogenen Stadt größtenteils über dem Fluss. Vor der Eröffnung 1901 kam sogar das Kaiserpaar und stieg ein. Ein "Kaiserwagen" aus der ersten Baureihe ist immer noch zu Sonderfahrten unterwegs.
Bekanntester Fahrgast aber ist ein kleiner Elefant: 1950 löste "Tuffi" bei einer Werbefahrt eine Panik an Bord aus. Der nervös gewordene Dickhäuter durchbrach ein Fenster und sprang trompetend in die Wupper. Der Elefant kam mit ein paar Kratzern davon, die schwebende Bahn aber war um eine sagenhafte Geschichte reicher.
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Testfahrt vor der Hauptkirche Sonnborn: Am Sonntag nimmt die Schwebebahn in Wuppertal ihren Betrieb mit den neuen Wagen auf. Sie wurden in Spanien gefertigt und sind himmelblau.
Fünf neue Wagen kommen zunächst auf der Strecke zum Einsatz. Ein neues Modell und zwei alte Wagen hängen dann im Wechsel hintereinander wie Perlen an einer Kette.
Hängendes Wahrzeichen: Bis Anfang 2018 sollen alle 31 neuen Wagen am Gerüst hängen.
Der Kultwert der Wuppertaler Schwebebahn ist groß, das drückt sich auch in der Fülle der Souvenirs aus. Von den neuen Wagen im Spielzeugformat wurden schon über 1700 verkauft.
Gute Aussicht: Wer am Ende sitzt, kann aus dem Panoramafenster nach draußen gucken.
Die neuen Wagen sind äußerlich so groß wie die alten, innen aber geräumiger.
85.000 Fahrgäste nutzen an Werktagen die Schwebebahn.
Die neue Wagengeneration ist besser ausgestattet als die alte: Kinderwagen und Rollstuhlfahrer bekommen mehr Platz.
Die Wuppertaler Schwebebahn wurde vor mehr als hundert Jahren erbaut. Nun wird die alte Flotte ausgetauscht.
So spektakulär kann öffentlicher Nahverkehr aussehen: Die Schwebebahn ist an mächtigen Pfeilern aufgehängt und gleitet in etwa zwölf Meter Höhe durch das Tal der Wupper.
Ein Teil der alten Flotte wurde verkauft. 5000 Euro musste man für einen der 24 Meter langen Wagen aus den Siebzigerjahren berappen.
Die Wagen waren viele Jahre lang orange-blau lackiert,...
...heute sind sie mit Werbung beklebt. Das Bild zeigt einen Schwebebahnwagen in der Fahrzeugwerkstatt.
Schöner reisen: Der denkmalgeschützte Jugendstil-Bahnhof Werther Brücke ist die wohl schönste Haltestelle auf der Strecke der Schwebebahn. Die Züge aus dem Jahr 1900 wurden zwischen 1973 und 1975 ausgemustert und verkauft. Nur einer blieb bis heute erhalten: der sogenannte Kaiserwagen. Man kann ihn für private Touren mieten. Kaiser Wilhelm II. hatte den Wagen im Oktober 1900 zusammen mit seiner Frau Auguste Viktoria bestiegen und war damit von Döppersberg bis Vohwinkel gefahren.
Bahnhof Völkinger Straße: Die heutigen Wagen wurden zwischen 1972 und 1975 gebaut. Von den ursprünglich 28 Triebwagen sind derzeit noch 25 im Einsatz. Einer der Wagen wurde nach einem schweren Unfall mit fünf Toten und 47 Verletzten im Jahr 1999 verschrottet, zwei weitere wurden 2012 vorzeitig stillgelegt.
Wuppertals Hauptbahnhof: Laut der Stadtwerke haben schon mehr als 1,5 Milliarden Menschen die "alte Dame" genutzt.
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