Insel Gozo Odysseus und das blaue Fenster

Der Staat Malta umfasst auch die knapp fünf Kilometer entfernte Insel Gozo und das noch kleinere Comino dazwischen. Gozo präsentiert sich selbst in der Inselhauptstadt Victoria weit weniger lebhaft als Malta. In versteckten grünen Tälern scheint die Zeit gar völlig stillzustehen.
Von Frank Schneider

Malta hat sich verändert. Das musste nicht nur die deutsche Fußballnationalmannschaft weiland im schicken neuen Fußballstadion der Hauptinsel feststellen. Auch in Sachen Tourismus hat man zugelegt. Rund um La Valetta sind die Hotels noch feiner geworden, und internationale Ketten sind in Sliema oder in der St. Julian's Bay vertreten.

Dem Trubel kann man jedoch einfach entfliehen: Die Nachbarinsel Gozo liegt gerade einmal fünf Kilometer entfernt. Autofähren laufen sie mehrfach pro Stunde von der Nordwestspitze Maltas an.

Inselhüpfen im Minutentakt

Die Überfahrt dauert nur 20 Minuten. Der Transfer vom Flughafen La Valetta durch den regen Verkehr zur Anlegestelle nimmt da mehr Zeit in Anspruch. Wenn es schneller gehen soll, empfiehlt sich der kurze Hüpfer mit dem Hubschrauber nach Gozo. Während des Fluges zeigen sich die Inseln in der typisch honiggelben Farbe des Kalksandsteinbodens, überall jedoch bilden grüne Kleckse einen pittoresken Kontrast.

Nur im Frühjahr ändert sich das kolossal. Dann nämlich sieht Gozo aus, als ob es die Nachbarinsel von Irland wäre. Übersät mit Blumenwiesen und kräftigem Grün allerorten, mag man kaum an die Nähe Nordafrikas glauben.

Odysseus und der Wein

Der Boden ist fruchtbar, und die Bauern blicken in Gozo auf eine lange Tradition zurück. Verstreut über die ganze Insel sind Farmhäuser, die heute oft als "Guesthouse" für Urlauber hergerichtet wurden. Fremde kamen schon früh hierher.

Oberhalb der Klippen an der Ramla Bay liegt die Calypso-Höhle, in der die Sirene Odysseus sieben Jahre lang verführt haben soll. Der Blick von dort auf den goldgelben Sandstrand, der einzige auf Gozo übrigens, lässt vermuten, dass der Sagenheld wenigstens ab und zu dem Strandleben gefrönt haben mag.

Ob er den Wein mit auf die Insel brachte, ist nicht bekannt. Heute wird er angebaut und genießt einen guten Ruf. Marsalforn, das ehemalige Fischerdorf an der Nordküste, könnte man als touristisches Zentrum Gozos bezeichnen. Wenn nicht auch hier ab 23 Uhr die Bürgersteige hochgeklappt würden. Discos, laute Bars? Fehlanzeige.

Zwar gibt es mit dem Calypso ein Hotel direkt am kleinen Hafen. Mehrheitlich aber wohnen die Urlauber in Appartements oder Pensionen. Ein Großteil dieser Feriengäste sind Sporttaucher, denn Gozo gilt als eines der Unterwasser-Highlights im Mittelmeer.

Ritter, Pilze und ein blaues Loch

"Um die Insel kann man fast das ganze Jahr über tauchen", erzählt Thomas Zurawski. Der gebürtige Essener führt seit sieben Jahren eine Tauchschule auf Gozo.

Er weiß, wo Seepferdchen und Schiffswracks zu sehen sind und kennt unterseeische Höhlen wie das "blaue Loch". Direkt daneben erhebt sich ein gigantischer, als "Azur Window" - blaues Fenster - bekannter Felsen aus dem Meer. Dieser natürliche Torbogen ist auch Ausflugsziel für Tagesgäste aus Malta.

In der Nähe liegt der Pilzfelsen. Er war dem auf Malta herrschenden Ritterorden heilig, galt der weltweit nur dort wachsende Pilz - der sich später als Flechte erwies - doch als Heilmittel. Wer den Felsen unbefugt bestieg, wurde mit dem Tod bestraft.

Weitaus älter als die Wehrtürme der maltesischen Ritter, die sie überall auf Gozo errichteten, ist die Tempelruine Ggantija, von der Teile schon 3600 vor Christus. erbaut wurden. Älter sind da nur Gozos Naturschönheiten. So wie das dank einiger Quellen ganzjährig grüne "verwunschene Tal", in dem seit 1698 ein kleines Jagdschloss steht. Der Spaziergang im Grünen ist den Ausflug allemal wert.

Bei so viel Aktivurlaub darf gutes Essen nicht fehlen. Die typisch maltesische Küche ist mediterran geprägt und erinnert daran, dass Sizilien kaum 90 Kilometer entfernt ist. In Marsalforn gibt es direkt an der Uferpromenade in der Nähe der Tauchbasis Nauticteam das "Il Captan" für einfache und preiswerte Mahlzeiten.

Im "Chez Armand" wird der Gaumen dagegen nach allen Regeln der Kunst verwöhnt. Besitzer und Küchenchef Armand vertritt Gozo übrigens regelmäßig als offizieller Inselbotschafter auf Tourismusmessen weltweit. Aber, so sagt er, das beschauliche Gozo möchte er gegen keinen anderen Ort eintauschen.

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