Foto: Soeren Stache / picture alliance / dpa

Kreuzfahrten So reagieren die Reedereien auf die aktuellen Coronaausbrüche

Kaum sind die Kreuzfahrtschiffe wieder losgefahren, müssen einige ihre Reisen coronabedingt erneut stoppen. Wie planen die deutschen Reedereien den Betrieb angesichts der Omikron-Variante?
Von Eva Lehnen

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»Aufgrund der aktuellen Situation können wir unsere Reise nicht wie geplant bis zum 5. Januar 2022 auf die Kanarischen Inseln fortsetzen.« Mit dieser wenig frohen Botschaft wendet sich Kapitän Jens Janauschek am Sonntag im Livestream  an die knapp 3000 Kreuzfahrtgäste auf seiner »Aida Nova«.

Eigentlich wollte Janauschek längst Kurs auf die Kanaren genommen haben, doch seit einigen Tagen hängt sein Schiff ungeplant im Hafen von Lissabon fest, nachdem Dutzende Crewmitglieder sich mit dem Coronavirus infiziert hatten.

Nun musste Janauschek das endgültige Ende der Weihnachts- und Silvesterreise verkünden. Es sei eine Entscheidung im Interesse der Sicherheit und Gesundheit, so der Kapitän. Am Montag wurden die Passagiere nach Hause geflogen. Acht positiv getestete Gäste bleiben vorerst in Lissabon zurück und werden in Hotels isoliert ebenso wie die 60 infizierten der 1353 Crewmitglieder.

»Wir organisieren nun auf eigene Faust einen Flug nach Teneriffa«, sagte ein Deutscher auf dem Gelände des Kreuzfahrthafens zu »CNN Portugal«. Das Leben auf dem Schiff sei nach dem Ausbruch »normal weitergegangen«, sagte er, »wir mussten uns nicht isolieren.« Man sei zwar sehr enttäuscht, könne aber nicht wirklich klagen. »Es ist ja Covid-Time«, meinte der Mann resigniert.

Aufgrund der »Covid-Zeit« rät das Auswärtige Amt  seit Mitte November generell von der Teilnahme an Kreuzfahrten ab und beschreibt das Risiko, das auch die »Aida Nova«-Gäste eingegangen sind: »dass im Falle eines Covid-19-Ausbruchs an Bord – auch unter geimpften Reisenden – von den zuständigen Behörden im Ausland eine mehrtägige Schiffsquarantäne verhängt wird. Ein zeitnaher Rücktransport nach Deutschland wäre ausgeschlossen.«

Ausgenommen von dieser Warnung sind lediglich Kreuzfahrten auf »Schiffen mit spezifischen Hygienekonzepten, deren Reise in einem Hafen in Deutschland beginnt und ohne ein Anlegen in einem ausländischen Hafen wieder in einem Hafen in Deutschland endet«.

Aida Cruises hat zunächst die weiteren Reisen mit der »Aida Nova« am 5., 8., und 12. Januar 2022 abgesagt. Am 15. Januar soll das Schiff wieder ab Las Palmas auf Gran Canaria starten. Insgesamt seien 10 der 14 Aida-Schiffe laut der Reederei derzeit mit Passagieren unterwegs, unter anderem in der Karibik, den Kanarischen Inseln oder der Nordsee.

TUI Cruises: »Mein Schiff 6« legt Pause ein

Auch 8000 Kilometer weiter östlich, in Dubai, kann ein Kreuzfahrtschiff coronabedingt nicht nach Plan fahren. »Mein Schiff 6« von TUI Cruises muss aufgrund vereinzelter Covid-19-Fälle an Bord eine Pause einlegen. »Eine reine Vorsichtsmaßnahme zum Schutz von Gästen und Besatzung«, teilt das Unternehmen mit. »Darüber hinaus sind auch einige für den Servicebetrieb unerlässliche Positionen betroffen, sodass die ›Mein Schiff 6‹ nicht den gewohnten Service bieten kann, den die Gäste der Mein Schiff Flotte erwarten und gewohnt sind.«

Genaue Zahlen der betroffenen Passagiere und Besatzungsmitglieder nennt die Kreuzfahrtgesellschaft nicht. Für Reisen mit der »Mein Schiff 6« gilt aktuell ein erweitertes 2G-Modell. Alle Gäste ab zwölf Jahren sowie die Besatzung an Bord sind vollständig geimpft. Vor Abreise und während der Tour werden die Gäste getestet.

»Für den Großteil der rund 2000 Passagiere wäre die Reise ohnehin am Montag planmäßig zu Ende gegangen«, sagt TUI-Cruises-Sprecherin Friederike Grönemeyer dem SPIEGEL. 900 Gäste, die am Montag zur nächsten, einwöchigen »Mein Schiff 6«-Tour aufbrechen wollten, wären am Sonntag vor Abflug per SMS über die Absage ihrer Reise informiert worden.

Andere Schiffe der Flotte sind weiterhin unterwegs: »Mein Schiff 1« ist am 12. Dezember in Bremerhaven mit 1660 Gästen und 815 Besatzungsmitgliedern an Bord zu einer Langzeitreise in die Karibik aufgebrochen und wird am 19. Januar in Deutschland zurückerwartet.

Einen Coronafall habe es an Bord gegeben, so Grönemeyer. Die Person sei nach der routinemäßigen Testung isoliert worden, alle anderen Passagiere und Besatzungsmitglieder wurden negativ getestet. Das Schiff setze die Fahrt derzeit wie geplant fort. »Mein Schiff 3 und 4« sind aktuell rund um die Kanarischen Inseln unterwegs. Mitte Dezember erst hatte es auf der »Mein Schiff 4« einen Coronaausbruch gegeben – die Fahrt endete für 300 Passagiere vorzeitig vor Gran Canaria.

»Seit Wiederaufnahme des Kreuzfahrtbetriebs von TUI Cruises im Sommer 2020 waren bis Ende Dezember 2021 über 250.000 Gäste auf mehr als 222 Kreuzfahrten mit der ›Mein Schiff«-Flotte unterwegs‹, meldet TUI Cruises. »Wir hatten in den vergangenen Monaten nur vereinzelte Fälle an Bord unserer Schiffe. Dank des bewährten Gesundheitskonzepts konnte in jedem Fall eine weitere Verbreitung an Bord verhindert werden«.

Das Konzept  würde beständig weiter entwickelt und angepasst. So würde ab dem 23. Februar der verpflichtende Impfschutz vereinheitlicht. Anders als auf den anderen Schiffen der Flotte gilt bis dahin auf der »Mein Schiff 4« bislang noch ein erweitertes 3G-Modell.

Landgänge nur noch als geführte Ausflüge

Angesichts der aktuellen Entwicklungen an Bord der eigenen Schiffe durch die Ausbreitung der Omikron-Variante hat auch Aida Cruises aktuell zusätzliche Maßnahmen  ergriffen, die bis auf Weiteres schrittweise für Reisen in der Wintersaison umgesetzt werden.

So finden Landgänge ausschließlich im Rahmen geführter Ausflüge statt – eine neue Regelung , die derzeit bei den frisch eingecheckten Passagieren auf der »Aida Mar« für Unmut sorgt. Denn: Die Ausflüge sind kostenpflichtig.

Wie ein Passagier an Bord dem SPIEGEL in einer E-Mail schrieb, waren die Passagiere vor Antritt ihrer einwöchigen Reise auf Gran Canaria nicht über die Änderungen in Kenntnis gesetzt worden, sondern fanden erst in ihren Kabinen einen entsprechenden Brief vor. In dem stand auch, dass auf der »Aida Mar« die Kinderbetreuung entfällt. Auch auf den anderen Schiffen der Flotte gibt es keine Kinderbetreuung ohne Begleitung eines Erwachsenen.

Bei MSC Cruises fahren die zwölf in den Dienst gestellten Schiffe derzeit planmäßig. Es gibt an Bord keine Coronaausbrüche, wohl aber einzelne Fälle. Über deren genaue Anzahl macht das Unternehmen keine Angaben.

»Durch die strikte Anwendung unseres Gesundheits- und Sicherheitsprotokolls und wie es angesichts der jüngsten Entwicklung der Pandemie zu erwarten war, stellen wir eine begrenzte Anzahl von Fällen unter Gästen und Besatzungsmitgliedern an Bord unserer Schiffe fest«, heißt es in einer Mail an den SPIEGEL.

Und weiter: »Dies ist ein weiterer Beweis dafür, dass unser Protokoll funktioniert, da es die Identifizierung, Isolierung und Betreuung von Personen und deren engen Kontaktpersonen zum Schutz aller anderen Gäste, der Besatzung sowie der Destinationen, die unsere Schiffe anlaufen, ermöglicht.« Fast alle an Bord der MSC Flotte festgestellten Fälle seien asymptomatisch und die Betroffenen in gutem Zustand.

Wie TUI Cruises und Aida, fährt auch MSC Cruises mit reduzierten Passagierzahlen. Abgeschreckt durch die aktuellen Entwicklungen des Infektionsgeschehens scheinen die Kunden der Kreuzfahrtgesellschaft mit Sitz in Genf nicht: »Wir sehen einen starken Last-minute-Trend bei den Buchungen für die Wintersaison, für den Sommer 2022 freuen wir uns bereits über einen sehr guten Buchungseingang.«

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Branchenverband: Bis zum Sommer 90 Prozent der Schiffe wieder unterwegs

Weltweit gibt es nach Angaben des internationalen Branchenverbands Clia rund 360 Kreuzfahrtschiffe, etwa 40 weniger als noch vor Pandemie. Der deutsche Clia-Geschäftsführer Helge Grammerstorf geht davon aus, dass derzeit rund 70 Prozent von ihnen weltweit unterwegs sind. »Bis zum Sommer werden es rund 90 Prozent sein«, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Seiner Meinung nach müssten die wenigen aktuellen Coronafälle in Relation zu den vielen Tausend Kreuzfahrtpassagieren gesetzt werden, die gerade unterwegs sind. Zumal es sich bei den aktuellen Fällen nach seiner Kenntnis ausschließlich um asymptomatische beziehungsweise sehr milde Verläufe handele. Bei den so engmaschigen Kontrollen vor und während der Reise würden auch Menschen auffallen, die wahrscheinlich sonst gar nicht entdeckt worden wären, sagte Grammerstorf.

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