
Kaputte Brücke in Paris: Europa, deine Liebesschlösser
Pont des Arts in Paris Brückenteil bricht unter Last von Liebesschlössern zusammen
Paris - Kritiker fordern schon lange, dass die Pariser Brücken von den unzähligen Liebesschlössern befreit werden sollten. Nun sind die ersten runter - allerdings auf andere Art als gedacht.
Auf der Pariser Fußgängerbrücke Pont des Arts ist am Wochenende ein Teil des überfrachteten Brückengeländers eingestürzt. Rund zweieinhalb Meter brachen unter der Last der Metallschlösser zusammen. Die berühmte Brücke, die das Louvre-Museum und das linke Seine-Ufer verbindet, wurde laut Polizei zeitweise evakuiert und abgesperrt. Verletzte gab es nicht.
In europäischen Städten ächzen mittlerweile viele Brücken unter dem Gewicht der tonnenschweren Liebesbeweise. 93 Tonnen Metall sollen allein auf den Pont des Arts gedrückt haben. "Die Brücken nehmen Schaden durch das Gewicht der Schlösser und durch den Rost, der auf die Brückenkonstruktion überspringt", hatte die Initiatorin einer Anti-Schlösser-Kampagne SPIEGEL ONLINE Anfang April erklärt.
"Verrückte Ausmaße"
Allein an den Pariser Brücken sollen etwa 700.000 Exemplare hängen, täglich werden es mehr. Das Phänomen beschäftigt bereits die Stadtverwaltung. Da seit dem Beginn der Mode im Jahr 2008 immer mehr Paare ihre Schlösser anbringen und wegen des Platzmangels inzwischen sogar an bereits festgemachten Vorhängeschlössern in zweiter und dritter Reihe befestigen, wird die Belastung immer größer.
"Das hat verrückte Ausmaße erreicht", beschwerte sich der Bürgermeister des Viertels, Jean-Pierre Lecoq, vergangenes Jahr. "Wenn eines Tages ein Stück Brüstung mit mehreren Kilo Vorhängeschlössern dran einem Touristen auf einem Boot auf den Kopf fällt, könnte ihn das schwer verletzen oder sogar töten." Unter den Brücken von Paris fahren täglich Touristenschiffe mit Hunderten Besuchern die Seine auf und ab.
Erst vergangenen Monat hatte die Bürgermeisterin der Stadt, Anne Hidalgo, die Pariser aufgefordert, gemeinsam mit der Stadt nach Alternativen für die Liebesschlösser zu suchen.
Die Liebesschlösser sind über die Jahre fast eine eigene Attraktion für Touristen geworden. Spezielle Hersteller bieten sie in allen Größen und Farben, mit Gravur und ohne an. Der Aufhängungsort wird immer beliebiger: Sogar an kleinen Brücken in deutschen Vorstädten hängen sie mittlerweile. Viele Orte wollen die Last loswerden, so zum Beispiel Moskau, Salzburg und Helsinki. Doch es regt sich Widerstand.
Als auf der römischen Ponte Milvio im Herbst 2012 die Schlösser abgenommen werden sollten, beschwerte sich der Schriftsteller Federico Moccia höchstpersönlich. Der Legende nach soll er mit seinem Roman "Ich steh auf dich" Auslöser für den Trend gewesen sein. "Rom überlässt Paris die Liebesbrücken-Tradition, die hier ihren Ursprung hat und auch hier bleiben sollte", sagte Moccia damals.
In Dublin ließ die Stadt 2013 die Schlösser von der "Ha'Penny Bridge" entfernen . In Köln versuchte die Deutsche Bahn anfangs noch, die Liebesbeweise von der Hohenzollernbrücke zu knacken - heute lobt die Stadt den behängten Zaun als eigene Attraktion, Diskussionen um eine Entfernung werden meist von einer Welle der Wut erstickt.
Zumindest in Paris dürfte die Debatte nun neuen Schwung bekommen.