
Auf der Vespa durch Island: Die Roller mit Kuschelimage
Mit der Vespa um die Welt "Island hatte ich im Gesicht"
Entspannt und sehr sinnfrei durch die Gegend fahren - das heißt "Rúntur". Und "Gluggavedur": Durch die Scheibe sieht das Wetter viel besser aus, als es tatsächlich ist. Isländisch hat ein paar sehr nützliche Worte, wie Dani Heyne und Michael Blumenstein feststellten. Und mit "Rúntur" und "Gluggavedur" ist über die Reise, die die beiden hinter sich haben, schon viel erzählt.
Mit zwei Vespas und einem Van sind Heyne, Blumenstein und ihr Freund Marco Schmidt 3500 Kilometer rund um Island gekurvt. Ihre Reise begannen sie im Juni, doch der isländische Sommer erforderte lange Unterhosen - und das an jedem Tag der Vier-Wochen-Tour. Schneestürme empfingen sie nach der dreitägigen Fährüberfahrt mit der "Nörrona" von Dänemark, Regen und heftiger Wind machten die Helmvisiere zum wichtigen Ausrüstungsdetail.
Ganz anders als auf ihrer ersten Reise dieser Art, die sie quer durch die USA führte. Ihre rund 30 Jahre alten PX-200-Vespas mit zehn PS trugen sie damals 9250 Kilometer weit von der Ost- zur Westküste. Und machten trotz zahlreicher Pannen Lust auf das ganz große Projekt: eine Vespa-Fahrt in Etappen rund um die Welt bis nach Japan. Zweiter Teil: Island.
Die Roller mit dem Kuschelimage
Warum gerade Island, Herr Heyne, das Land ist ja nun nicht als Roller-Paradies bekannt? "Island liegt zwischen den Welten, im absoluten Nirwana", sagt der 38-Jährige aus Leipzig. "Nicht richtig Europa, aber überhaupt nicht Amerika. Das hat uns interessiert. Plus die alte Kultur, plus die abgefahrene Landschaft der größten Vulkaninsel der Welt."
Und warum überhaupt auf einer Vespa? "Vespas sind sehr spielerisch, verzeihen viel - wie ein guter Freund", sagt er. Sie sind langsam genug, um Landschaft und Menschen intensiv zu erleben. Und schnell genug, "dass man hinterher noch einen Job hat". 3500 Kilometer in Island - "die hatte ich hinterher im Gesicht und am ganzen Körper gefühlt". Was außerdem beim Kontaktknüpfen geholfen hat: "Vespas sind Everybody's Darling. Sie haben absolut kein negatives Image." Daher stiegen die Journalisten und langjährigen Motorradfahrer für ihre Reise auf die Roller um.
Über ihre Rundreise durch den eisigen Norden, die einsamen Westfjorde, die Hauptstadt Reykjavik und den windigen Süden hat Dani Heyne das Buch "Auf der Vespa durch Island" geschrieben. Ein "Klo- oder Coffee-Table-Band", wie er sagt, "ein kleiner Redbull für zwischendurch".
Zumindest ist es ein ziemlich einmaliges Reisebuch geworden, für alle, die exzellente Fotos, launige Sprache und eine gewisse Verschrobenheit schätzen, für die eigentlich die Isländer so bekannt sind. Der Motorradfahrer Heyne nennt das lieber "Motorliebe", das "Glücksgefühl, das uns erfasst, wenn wir unsere Maschinen zähmen - egal, wie viele Räder diese haben". Wenn er mit den öligen Händen im Motorgetriebe steckt, sei das auch "Motorliebe", eine Art Frieden von den Alltagsdingen. "Und genau so ist das mit Vespa-Reisen", sagt Heyne.
Die vielen Fotos der isländischen Landschaften sind immer garniert mit zwei Rollern im US- und Japan-Flaggen-Look. Und mit zwei nicht zu identifizierenden Fahrern mit Helm, oft mit heruntergezogenem schwarzen Visier. Die Anonymität der oft durchaus witzig posierenden Männer ist gewollt. "Wir schlüpfen in eine Rolle, die man mit- oder nacherleben kann", sagt Heyne. "Wir erleben mit der Reise einen Traum von uns und wollen mit den Büchern zeigen, wie einfach und wie schön das sein kann."
Zapfsäule: "Ich genieße die Aussicht"
So uneitel die beiden Journalisten sich auf den Fotos geben, so angenehm wenig selbstbezogen erzählen sie auch von ihren Erlebnissen, "vom großen Glück auf kleinen Straßen". Ziemlich lässig plaudert Autor Heyne von ihrer Fahrt zu den typischen Highlights Islands - zu Küsten, Islandpferden, Hot Tubs, Geysiren und Wasserfällen. Er ist fasziniert von Flugzeugwracks am Strand, XXL-Gletscherfeldern und Motorradrennen der Isländer und berichtet dazwischen vom Zustand der Bowdenzüge, Simmerringe und Cosa-Kupplungen.
Und immer wieder lässt er die Isländer in kurzen Interviews von ihrem Land erzählen, was oft humorvoll und immer aufschlussreich zu lesen ist. Darunter sind eine Eisfabrik-Chefin, ein Phallus-Museumsgründer, ein Haifleisch-Verarbeiter. Auch eine verrostete Zapfsäule vor Blönduós kommt zu Wort: "'Was machst du hier?' 'Eigentlich sollte ich hier arbeiten, aber die scheinen mich vergessen zu haben. Seitdem genieße ich die Aussicht.'" "Was magst du an Island nicht?" ist eine der Fragen und eine andere: "Wenn du eine Sache ändern könntest, was wäre das?". Die häufigste Antwort: "Das Wetter."
Mit Wind, Regen und Straßen hatten auch die Vespas zu kämpfen. Ihre "Ladys" oder "Luftgekühlten", wie Heyne die italienischen Motorroller nennt, bekamen vor der Tour auf Schotter- und Erdpisten noch ein Update: frische Pneus mit grobstolligem Profil und rote Stoßdämpfer der "preisintensiven Sorte". Sie haben es ihnen gedankt und Islands kühle Luft genossen. Gestreikt haben nur die Sitzkissen, die unter den Holperstrecken litten, und ein Reifen, dem ein Nagel die Luft nahm.
Was hat Sie am meisten in Island beeindruckt, Herr Heyne? "Die Landschaft", sagt er, "die Weite, das Raue und das Gefühl, dass die Natur immer die Oberhand hat". Auf der Ringstraße der Südküste erfuhren das auch die Vespa-Fahrer. Dort zeigen elektronische Warnschilder die Windstärke der Böen an. "Ein Busfahrer hat uns gewarnt: 'Wenn da eine 25 steht, kippt auch mein voll besetzter Bus um'." Das haben die Rollerfahrer dann nicht mehr riskiert.

Dani Heyne:
Auf der Vespa durch Island
Delius Klasing; 192 Seiten; 24,90 Euro.
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