Public-Viewing-Plätze Casting-Show in Dortmund, Mega-Bildschirm in Essen
Frankfurt/Main - Der Siegeszug des Public Viewing begann vor zwei Jahren: Millionen Fans verfolgten die Spiele der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland auf öffentlichen Plätzen. Sportsoziologen sprachen angesichts der Euphorie beim kollektiven Fußballgucken bereits von einer neuen Fankultur und Qualität des Zuschauens. Während der Europameisterschaft in Österreich und der Schweiz wird es nun in Deutschland wieder zahlreiche Public-Viewing-Angebote geben - allerdings ein paar Nummern kleiner als bei der WM.
Allein die offiziellen Fifa-Fanfeste in den zwölf WM-Städten zogen im Sommer 2006 mehr als 16 Millionen Menschen in ihren Bann. Der Fanfest-Beauftragte der Fifa, Gregor Lentze, sagte danach, die Public-Viewing-Veranstaltungen seien "definitiv ein Erfolg" gewesen. Und wenn sich etwas so gut bewähre, sei die Wahrscheinlichkeit groß, dass es wiederholt werde.
So sollen während der EM etwa in Berlin wieder Erinnerungen an das "Sommermärchen" geweckt werden. Wo vor zwei Jahren Millionen Gäste überwiegend friedlich ein rauschendes Fußballfest feierten, soll es auch zur EM hoch hergehen: Die Fanmeile zwischen dem Brandenburger Tor und der Yitzhak-Rabin-Straße wird wieder aufgebaut. Allerdings werden diesmal vom 23. bis 29. Juni nur die beiden EM-Halbfinals und das Endspiel live gezeigt.
Neben der Übertragung der Spiele gibt es auf der rund 2,5 Kilometer langen Fanmeile ein Unterhaltungsprogramm mit Konzerten, Interviews, Aktionen sowie jede Menge Getränke- und Essensstände. Darüber hinaus gibt es in fast jedem Bezirk der Hauptstadt die Möglichkeit zum Public Viewing.
Eine Neuauflage des großen gemeinsamen Fußballguckens ist auch in Hamburg geplant. "Wie schon vor zwei Jahren bei der WM soll es wieder ein großes Public Viewing in Hamburg auf dem Heiligengeistfeld geben", sagt der Stadt-Beauftragte für Public Viewing, Max Borgmann. Auf einer Großbildleinwand würden alle Spiele der EM gezeigt. Die Veranstaltung sei für bis zu 40.000 Besucher ausgelegt, man rechne über die gesamte Zeit der EM mit durchschnittlich 30.000 Besuchern pro Spiel. Damit ist die Veranstaltung laut Hamburger Kulturbehörde bundesweit eine der größten ihrer Art.
Casting-Wettbewerb in Dortmund
In der Kölnarena können die Spiele wahlweise live auf dem großen LED-Videowürfel im Innenraum der Arena oder auf einer 50-Quadratmeter-Großbildleinwand im Open-Air-Bereich verfolgt werden, wie die Veranstalter berichten. Platz sei für maximal 32.000 Fans pro Spiel. Rund um die Kölnarena seien mehr als 150 Flachbildschirme installiert, damit Besuchern auch in einer Verpflegungspause nichts entgehe. Der Eintritt zu allen Spielen ist den Angaben zufolge frei.
In Dortmund wird es ein Public Viewing auf dem Friedensplatz geben, auf dem eine Großleinwand aufgestellt wird, wie ein Stadtsprecher sagt. Neben den Übertragungen der Fußballspiele gibt es dort ein Musikprogramm und den lokalen Casting-Wettbewerb "Dortmund sucht die Superband", der am Tag vor dem EM-Finale entschieden wird. Am Finaltag selbst wird die Band Fury In The Slaughterhouse auftreten. Die Kapazität des Platzes liegt bei rund 15.000 Fans.
Auf dem Essener Messegelände wurde der nach Angaben der Veranstalter größte Fernseher Deutschlands aufgebaut. In Halle 6 sollen ab Samstag (7. Juni) unter dem Motto "11-Freunde - Die EM-Arena" bis zu 7600 Zuschauer feiern können: "Wir haben mit einer 112 Quadratmeter großen Leinwand Deutschlands größten Fernseher installiert," erklärte Thomas Siepmann, Inhaber der 11-Freunde-Fußball-Bar in Essen-Rüttenscheid.
Dagegen fällt in Stuttgart während der Europameisterschaft alles etwas kleiner aus als zur Weltmeisterschaft. Es werden nicht alle Spiele übertragen: Der Schlossplatz wird nur für die beiden Halbfinalspiele und das Finale wieder zum Treffpunkt für alle Fans.
Deutlich bescheidener gibt man sich auch in Frankfurt am Main. Bei den WM-Spielen tummelten sich am Mainufer mehrere Zehntausend Menschen in der MainArena. Nun weicht man auf den Roßmarkt in der Innenstadt aus, der maximal 10.000 Menschen fasst. Bei freiem Eintritt können Fans die EM-Partien auf einer 47 Quadratmeter großen Leinwand verfolgen.
Münchner feiern in Biergärten
Und in München gibt es gar kein zentrales Public Viewing. Es habe keine Interessenten gegeben, die an den Orten der Fanfeste bei der Weltmeisterschaft 2006 erneut Veranstaltungen machen wollten, sagte Ludwig Webl vom Tourismusamt. Ein ehemaliger Veranstalter habe gesagt, dass es sich für ihn einfach nicht rechne. Stattdessen hätten aber beinahe alle Biergärten Leinwände. Darunter seien auch einige mit mehreren tausend Plätzen.
Auch in vielen ostdeutschen Städten werden die Fans gemeinsam die EM-Spiele verfolgen: In Erfurt etwa wird der Willy-Brandt-Platz vor dem Hauptbahnhof zum Treffpunkt für rund 2000 Fans zur Fußball-Europameisterschaft. Eine zweite Großleinwand wird auf dem Uni-Campus aufgestellt, wie eine Sprecherin der Stadt sagt.
Und selbstverständlich wird es auch vor Ort in der Schweiz und Österreich Public Viewing geben - in der Schweiz stehen etwa in 16 Städten - also nicht nur an den vier Austragungsorten Basel, Bern, Genf und Zürich - Zuschauer-Arenen zur Verfügung, die je nach Standort mehr als 10.000 Gästen Platz bieten.
Österreich spannt unter dem Motto "Das ganze Land wird Stadion" ein Netz von Fanfesten über das ganze Land. Damit können pro Spieltag bis zu eine Million Zuschauer in den Stadien und Public-Viewing-Zonen die EM mitverfolgen, wie die österreichische Bundesregierung am Freitag mitteilte.
abl/Stephan Köhnlein, AP/ddp