Römerpark Xanten Pompeji am Niederrhein

Vor fünfzig Jahren noch waren die Überreste eines alten Amphitheaters die einzige sichtbare Erinnerung an die römische Vergangenheit in Xanten am Niederrhein. Dabei war die Stadt im 2. Jahrhundert n. Chr. so groß wie das legendäre Pompeji. Heute zeigt der Römerpark Xanten Rekonstruktionen und Ausgrabungen.
Von Frank Schneider

Ganz Gallien war dereinst von den Römern besetzt - mit Ausnahme eines unbeugsamen Dorfes, wie jeder "Asterix"-Leser weiß. Aber auch weite Teile Germaniens standen unter der Herrschaft römischer Statthalter. Eine der berühmtesten Stadtgründungen aus dieser Zeit ist Köln. Von dort aus führten antike Straßen längs des linken Rheinufers auch nach Norden, etwa in die "Colonia Ulpia Traiana", wo zur Blütezeit rund 10.000 Menschen lebten, ebenso viele wie etwa in Pompeji. Die alte Römerstraße führte mitten durch die Stadt - und das tut sie auch heute noch, allerdings unter der neuen Bezeichnung "Bundesstraße 57".

Im Gegensatz zu Köln war der Siedlung vor den Stadtmauern des heutigen Xanten am Ende des 2. Jahrhunderts n. Chr. schon wieder Geschichte. Weder das Stadttor im Norden noch die rundum gebaute Wehranlage mit Türmen und Mauern - damals zum Teil direkt am Rheinufer - konnte die Eroberung durch germanische Barbaren verhindern. Die alten Stadttore, Gebäude und zwei eindrucksvolle Tempel dienten dem aufstrebenden Xanten als Steinbruch und Quelle für Baumaterial. Der Xantener Dom ist somit quasi ebenfalls eng mit Rom verbunden.

Links und rechts der Römerstraße übernahm Mutter Natur wieder die Regentschaft und deckte alsbald auch das letzte verbliebene Fundament zu. Bis sich schließlich die Archäologen dafür interessierten, was sich rund um die Ruine des Amphitheaters abgespielt hatte. 1977 wurde dann am Stadtrand von Xanten etwas eröffnet, das man heute wohl als "Themenpark" bezeichnen würde. Von Kritikern zunächst als "Disneyland der Archäologie" verspottet, bekommen heute nicht nur Schulklassen Anschauungsunterricht. Auch Archäologie-Studenten aus ganz Europa graben sich durch den Staub der römisch-germanischen Geschichte unter Kaiser Trajan.

Der Eingang in den östlichen Teil des Xantener Römerparks führt durch das nachgebaute Hafentor. Auf den antiken Fundamenten des Nordtors wurde eine imposante Rekonstruktion errichtet. Auch alle anderen Gebäude oder Fragmente, wie etwa der gigantische Hafentempel, sind "Neubauten" auf alten Mauern, im Stil der damaligen Zeit. Denn, so wissen die Archäologen, in der Römerzeit gab es strenge architektonische Vorgaben, die im ganzen Reich Gültigkeit hatten. Vor allem Kinder gewinnen so einen lebhaften Eindruck davon, wie es hier einst ausgesehen haben könnte. Teilweise wurden freigelegte Grundmauern aber auch wieder mit Erdreich bedeckt, um das endgültige Verwittern zu verhindern. So mutet die römische Stadt in weiten Teilen denn auch an wie ein grüner Park.

Neben dem Amphitheater sind die beeindruckendsten Befunde - wie Archäologen ein ausgegrabenes Relikt nennen - die Reste der großen Therme mit einer Gesamtfläche von mehr als 10.000 Quadratmetern im Westteil der Stadt. Über den Grundmauern erhebt sich eine Stahl- und Glaskonstruktion in weitgehend den Abmessungen der Originalgebäude. Auch hier, so erfährt man bei einer Führung durch die trockengelegte Badeanstalt von einem der an der Ausgrabung beteiligten Archäologen, galten architektonische Standards. Gemeinsames Baden von Männern und Frauen war übrigens vom Kaiser verboten. Nur sah man das fernab von Rom recht locker, weswegen solche Erlasse mit schöner Regelmäßigkeit wiederholt werden mussten.

Zeitlose Kultur gibt es regelmäßig nebenan im Amphitheater, das einst 10.000 Besucher fasste und heute immerhin 3500 Zuschauern Platz bietet. Ob Rock-Konzerte, Verdi-Opern oder Musicals - im Amphitheater von Xanten ist auch nach 2000 Jahren regelmäßig noch ordentlich was los.

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