Skifahren in der Coronakrise Gaudi auf den Gletschern

In den Gletschergebieten und in Hochlagen hat die Skisaison begonnen – trotz steigender Inzidenzwerte. Die Wintersportorte und Bergbahnen haben sich mit Maßnahmen vorbereitet.
Wo kein 2G gilt, ist der Mund-Nasen-Schutz in Liften Pflicht: Die zweite Skisaison mit Corona beginnt

Wo kein 2G gilt, ist der Mund-Nasen-Schutz in Liften Pflicht: Die zweite Skisaison mit Corona beginnt

Foto: Bernhard Krieger / dpa / TMN

Weiße Gipfel, blauer Himmel und im Sonnenlicht tanzende Schneekristalle: Für passionierte Wintersportlerinnen und Wintersportler ist das Gleiten durch frischen Schnee der Inbegriff von Freiheit. Erst recht nach der Zwangspause wegen Corona.

»Bei meiner ersten Abfahrt hatte ich Freudentränen in den Augen«, erzählt ein Skifahrer, der Anfang November am Stubaier Gletscher in der Schlange am Lift steht. Dabei sieht der bullige Typ mit Skiklub-Jacke gar nicht so aus, als wäre er nah am Wasser gebaut.

Leidenschaftliche Skifahrer zieht es meist schon im Herbst auf die Gletscher. Spätestens wenn die Bilder vom Auftakt des Ski-Weltcups im Oktober auf dem Söldener Gletscher über die Fernsehbildschirme flimmern, gibt es kein Halten mehr. Vor allem der Stubaier Gletscher wird dann zum Pilgerziel der Schneesüchtigen.

Anstehen für den Lift am Stubaier Gletscher: Die hoch gelegenen Skigebiete starten zuerst in die Saison

Anstehen für den Lift am Stubaier Gletscher: Die hoch gelegenen Skigebiete starten zuerst in die Saison

Foto: Bernhard Krieger / dpa / TMN

Das Gletscher-Skigebiet liegt oberhalb des Bergsteigerortes Neustift im Stubaital und ist das größte seiner Art in Österreich. Insgesamt 33 Pisten und 13 Freeride-Abfahrten bieten viel Abwechslung. Außerdem ist der Stubaier Gletscher über die Brenner-Autobahn schnell und bequem erreichbar. Der Bau der Eisgrat-Gondelbahn im Jahr 2016 hat die Wartezeiten deutlich verkürzt. Derzeit gibt es kaum welche.

Impfausweiskontrolle schon an der Gletscherbahn

Auf dem Stubaier Gletscher werden die Corona-Maßnahmen konsequent umgesetzt, der Betrieb läuft ohne Probleme. In Skibussen und Gondeln herrschten Anfang November noch FFP2-Maskenpflicht und die 3G-Regel. Damit in geschlossenen Räumen der Gondelbahngebäude kein Gedränge entsteht, wurden die Wartenden blockweise in die Räume gelassen.

»Beschwerden gab es praktisch keine«, berichtet eine der Security-Mitarbeiterinnen in Stubai. »Alle sind froh, endlich wieder Ski fahren zu können.« Man ist Corona-Maßnahmen gewohnt.

Seit dem 15. November gilt in den österreichischen Skigebieten nun die 2G-Regel für Wintersportler über zwölf Jahren – und zwar in den Gondeln und Restaurants. Dafür entfällt die Maskenpflicht.

Die Kontrolle der Impf- oder Genesenen-Nachweise erfolgt seitdem schon im Tal vor dem Zugang zur Gletscherbahn. Ungeimpfte haben nun keinen Zutritt mehr, auch nicht mit einem negativen Test. An den Eingängen von Berghütten wie Gamsgarten und Eisgrat, wo sich auf 2900 Metern das höchste Drei-Hauben-Restaurant der Welt (Schaufelspitz) befindet, wird dann nicht mehr kontrolliert.

Hat man also Ski oder Snowboard erst angeschnallt, fühlt sich auf dem Gletscher alles an wie früher. Nur intensiver. Vielen geht es in diesem Herbst wie dem Skiklubmitglied aus Deutschland – Familien mit Kindern, ambitionierten Freizeitskifahrerinnen, Skilehrern, die sich für die Saison vorbereiten, und den vielen Ski-Teams.

Die Hänge unterhalb der 3340 Meter hohen Wildspitze am Stubaier Gletscher sind gepflastert mit Slalomstangen und Riesenslalom-Toren. Hindurch flitzen Skifahrerinnen und Skifahrer aller Altersklassen und aus vielen Nationen. Auch Wochenend-Events auf dem Stubaier Gletscher laufen ab wie eh und je, etwa die Stubai-Premiere oder Intersport-Schneetage.

Après-Ski-Rummel gibt es dagegen nicht mehr. Auf den können echte Skisportler aber ohnehin verzichten. Dass der Skisport wegen der Après-Ski-Exzesse in Ischgl  zu Beginn der Pandemie bei Epidemiologen und Politikerinnen in Verruf geriet, hat Verbände und Vereine schwer getroffen. Man wünscht sich dort eine differenzierte Betrachtung.

Gletscher-Skigebiete in den Alpen schon geöffnet

Dass Skisport auch in Pandemiezeiten möglich ist, haben die Schweizer schon in der vergangenen Saison vorgemacht. Deutschland schloss alle Skigebiete, Österreich fuhr seinen Wintertourismus weitgehend herunter – die Eidgenossen wedelten weiter. Man verweist darauf, dass auf Schweizer Skipisten und in den Liften zumindest keine Coronainfektionen nachgewiesen worden seien.

  • In der Schweiz laufen die Lifte in den hoch gelegenen Skiorten längst schon, auch in diesem Winter. Der Gletscher in Zermatt ist eines der wenigen verbliebenen Ganzjahresskigebiete in den Alpen. Mit Blick aufs Matterhorn wird im Wallis schon seit Monaten Ski gefahren. Auch der Titlis-Gletscher in Engelberg in der Zentralschweiz ist schon offen, ebenso wie die Diavolezza bei St. Moritz im Kanton Graubünden und Glacier 3000 im Genfersee-Gebiet.

  • In Italien fahren sie ebenfalls schon Ski. Der Schnalstaler Gletscher in Südtirol ist ebenso geöffnet wie der Presena-Gletscher am Passo Tonale. In Frankreich lockt der Skiverbund Tignes-Val d'Isère mit ersten offenen Abfahrten.

  • Die größte Auswahl an schon geöffneten Skigebieten im Herbst bietet Österreich. Neben dem Stubaier Gletscher warten allein in Tirol vier weitere Gletscher-Skigebiete auf Skifahrer und Snowboarderinnen: Sölden, Pitztal, Kaunertal, und Hintertux. Zusammen präsentieren sie sich als die fünf Tiroler Gletscher, für die es sogar einen gemeinsamen Skipass gibt. In Kärnten kommt der Mölltaler Gletscher hinzu, im Salzburger Land das Kitzsteinhorn oberhalb von Kaprun bei Zell am See.

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  • In Deutschland ist die Öffnung des höchstgelegenen Skigebiets des Landes auf der Zugspitze für Freitag, den 19. November geplant. Rund zwei Wochen später startet Garmisch-Partenkirchen, sofern Schnee- und Wetterlage dies zulassen. Das größte Skigebiet der Bundesrepublik, Oberstdorf, will am 3. Dezember die Skisaison eröffnen. Wie sich bis dahin die Coronalage entwickelt und welche Auflagen womöglich noch erlassen werden, weiß Oberstdorfs Tourismusdirektor Franz Jost allerdings nicht. Aber er ist überzeugt: »Verantwortungsvoller Skisport« könne auch in Pandemiezeiten funktionieren.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Fassung wurde Kühtai als eines der fünf Gletscherskigebiete bezeichnet. Das ist nicht korrekt. Gemeint war das Kaunertal mit seinen Gletschern. Wir haben die Stelle korrigiert.

Bernhard Krieger, dpa
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