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Sommerurlaub im Wandel: Pack die Badehose ein

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Sommerurlaub im Wandel "Mama, hier gibts kein WLAN"

Knirschende Muschelpfade, Limo an der Poolbar: Denkt man an die Urlaube seiner Kindheit, ist der Kopf voller Erinnerungen. Heute fühlt sich Reisen immer mehr wie Alltag an. Warum ist das so?

Erinnern Sie sich? Letzter Schultag, Zeugnisse - und dann erst mal drei, vier Wochen ab nach Italien oder Spanien! Sommerurlaub am Meer - oder auch in den Bergen. Die Tage vergingen in wohligem Gleichklang. Und wenn man dann nach einer gefühlten Ewigkeit braun gebrannt zurückkehrte, wirkte die Wohnung richtig fremd.

So fühlten sich Sommerferien früher an. Doch inzwischen haben sich die Gewohnheiten der Deutschen verändert: "Der eine lange Urlaub am Stück gehört der Vergangenheit an", erläutert Peter Zellmann vom Institut für Freizeit- und Tourismusforschung in Wien. "Wir reihen heute mehrere Kurzurlaube aneinander. Diese Urlaube dauern im Durchschnitt eine knappe Woche." Aus den "schönsten Wochen des Jahres" sind ein paar Tage geworden. Und dabei, betont Zellmann, unterscheiden sich Familien nicht von kinderlosen Paaren.

Früher sparte man im Winter für die Urlaubskasse und zählte die Tage, bis es endlich losging. "Man hat für den Sommerurlaub gelebt", sagt Freizeitforscher Horst Opaschowski. "Das ist vorbei."

Urlaub sei auch kein Anti-Alltag mehr. "Heute nimmt man den Alltag mit in den Urlaub." Gerade bei Kindern und Jugendlichen entscheidet die Qualität der Onlineverbindung über Erfolg oder Misserfolg der Reise. Da kann man die Karibikinsel Saona besuchen, wo der Bounty-Werbespot gedreht wurde: menschenleer, nur Palmen, Pulversand und türkisblaues Wasser. Aber nach einer halben Stunde kommt die Beschwerde: "Mama, hier gibts kein WLAN!"

Knirschende Muschelpfade, Limo an der Poolbar

Vieles, was den Sommerurlaub einst auszeichnete, ist normal geworden. Früher gingen die meisten deutschen Familien außer an runden Geburtstagen nur im Urlaub essen. Heute gehört ein Restaurantbesuch bei vielen Menschen zum Alltag.

In der globalisierten Welt habe der Urlaub seinen exotischen Kontrastcharakter verloren, analysiert Opaschowski. Zum ersten Mal den geriffelten Stamm einer Palme zu berühren oder eine Limo mit Eiswürfeln an einer Poolbar zu bestellen - das konnte in den Siebzigerjahren ein Kinderherz höher schlagen lassen. Heute gibt es das auch im heimischen Tropenbad. Laut Opaschowski findet im Urlaub nur noch eine gesteigerte Form des Alltags statt.

Viele Familien fuhren früher jedes Jahr an denselben Ort. Später erinnerte man sich dann nicht an einzelne Jahre, sondern an wiederkehrende Erfahrungen, die sich eingebrannt hatten: die knirschenden Muschelpfade, der Möwenschwarm, der vom Wellenbrecher auffliegt, oder das Licht, das abends noch so lange durch die zugezogenen Vorhänge schien. Heute seien Stammgäste selten geworden, sagt Opaschowski. Man will möglichst viel sehen von der Welt - am Ende bleiben oft nur Postkarteneindrücke.

All das muss aber nicht zwangsläufig dazu führen, dass der Sommerurlaub seinen Zauber vollends verliert. "Die Frage ist, wie Eltern es inszenieren", sagt die Schulforscherin Bettina Hannover von der Freien Universität Berlin. Eltern sollten versuchen, die Besonderheit des Urlaubs zu vermitteln. "Die Gefahr bei mehreren kurzen Trips, die über das Jahr verstreut sind, besteht darin, dass man das so nebenher mitnimmt, ohne groß darüber zu reden." Es sei wichtig, vorher mit den Kindern zu sprechen und Pläne zu schmieden, was man unternehmen wird. Ergebnis: Die Vorfreude steigt und der Unterschied zwischen Urlaub und Alltag wird klarer. "Das ist wie mit dem Adventskalender vor Weihnachten."

Früher gab es übrigens auch noch einen ganz großen Moment ungefähr zwei Wochen nach dem Ende des Urlaubs. Mit vor Aufregung schweißnassen Händen öffnete man dann die Papiertasche mit den entwickelten Urlaubsfotos. Meist waren es 36 Stück, eine Filmrolle. Wie groß war die Erleichterung, wenn die Aufnahme auf dem Felsen nicht verwackelt, wenn der Sonnenuntergang nicht rotstichig war.

Christoph Driessen/dpa/jus
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