
Tipps für Familienabenteuer am Berg Kinder, so macht Wandern Spaß!
Sobald Kinder "Mehr!" schreien können, wollen sie ans Meer. Dort kribbelt Salzwasser auf der Haut, dort entstehen Traumschlösser aus Sand - und der Eismann liefert direkt unter den Sonnenschirm. In den Bergen dagegen: Steine, Wald und das große Gähnen. Wandern kann so müde machen. Oder das Schönste sein, was einer Familie passieren kann - ob in den Ferien oder an einem langen Wochenende.
Lesen Sie hier, was Sie bei der Planung beachten müssen, was in den Rucksack gehört und wie Sie Ihre Kinder aufs Wandern einstimmen.
1. Vorfreude wecken: Mit Apps und Büchern auf den Gipfel
Behilflich können dabei Bilderbücher sein - etwa "Mein Wimmelbuch: Hier in den Bergen" (Ravensburger, ab 2 Jahren), "Dr. Brumm geht wandern" (Thienemann, 4-6 Jahre) oder "Wir entdecken die Berge" (Ravensburger, 4 bis 7 Jahre, aus der "Wieso, weshalb, warum"-Reihe). Auch Apps können die Kinder darauf vorbereiten, was sie im Urlaub erwartet, zum Beispiel "Heidi, Abenteuer in den Bergen" (ab 4 Jahre).
Älteren Kindern kann man mit Gadgets wie Becherlupen oder einem Tourenbuch (z.B. "Mein erstes Tourenbuch", 8 bis 10 Jahre, Berg Verlag) das Abenteuer Berge schmackhaft machen. Und was immer funktioniert: Bilder der Eltern anschauen, wie sie müde, verschwitzt und glücklich auf einem Gipfel stehen.
2. Streckenwahl: Das Abenteuer liegt in der Baumwurzel
Seien Sie bloß nicht zu ehrgeizig, wenn Sie mit Kindern in die Berge gehen! "Der Gipfel ist eine Richtung, nicht das Ziel", sagt Jürgen Einwanger vom österreichischen Alpenverein. "Was zählt, ist der Weg dorthin."

Und der sollte nicht zu anstrengend sein. 200 Höhenmeter wuppen Erwachsene in 45 Minuten, für Dreijährige ist es eine Tagestour. Vierjährige schaffen rund 400 Höhenmeter am Tag. Mit Vorschulkindern empfiehlt Einwanger Touren bis maximal vier Stunden, im Grundschulalter bis fünf Stunden und maximal 600 Höhenmetern.
Viel wichtiger als die Höhenmeter und Länge der Wanderung ist aber die Wahl der Wege: Schmale Steige mit Baumwurzeln, Steinen und Bachläufen versprechen viel mehr Abenteuer als der breite Forstweg.
3. Die richtige Ausrüstung: Sonnencreme und ein kleines Spielzeug
Alles, was Wanderer für den Tag am Berg brauchen, muss in den Rucksack passen - für Kinder gilt diese Regel natürlich nur mit Einschränkung. Sie sollten zwar früh lernen, ihr eigenes Gepäck zu tragen. "Allerdings sollte der Rucksack nicht mehr als ein Zehntel ihres Eigengewichts wiegen", sagt Bergexperte Einwanger. Das entspricht je nach Alter kaum mehr als einer Trinkflasche, zwei Äpfeln und der Regenjacke.
Die Eltern schultern bei einer Wanderung immer noch die Hauptlast: Mütze, Sonnencreme und Fleece für alle, Matschhose und Wechselklamotten für die Kinder. Dazu Erste-Hilfe-Set, Essen und Trinken sowie ein kleines Spielzeug für unterwegs, zum Beispiel eine Lupe, ein Taschenmesser oder ein Kompass.
Packen Sie die Rucksäcke unbedingt schon am Abend, das erspart Hektik in der Früh. Ein Ausflug in die Berge sollte nie zu spät beginnen. "Kinder werden schnell müde und in der Mittagshitze will niemand wandern", sagt Einwanger. Und wenn alle verschlafen haben? Ab an den Badesee - und die große Bergtour auf den nächsten Tag verschieben.
4. Und nun zum Wetter
Im Gebirge sorgt das Wetter immer wieder für unangenehme Überraschungen - daran kann auch die beste App nichts ändern. Ins Gepäck müssen daher regenfeste Jacken für alle Wanderer. Sollten heftige Gewitter vorausgesagt sein, sollten Sie den Gipfelsturm mit Kindern lieber auf den nächsten Tag verschieben und in Talnähe bleiben.
Doch auch schönes Wetter birgt Gefahren - vor allem für die Haut: Das beste Mittel gegen UV-Strahlung ist natürlich Schatten. Wer im Sommer unter einem wolkenlosen Himmel wandert, braucht in jedem Fall Sonnencreme, -hut, und -brille. Besser noch ist leichte Kleidung, die die Haut bedeckt. Große wie kleine Wanderer müssen außerdem reichlich Flüssigkeit dabei haben, am besten Wasser und Fruchtschorlen.
5. Motivation am Weg: Balancieren, spielen, Blätter sammeln
Wandern mit Kindern heißt vor allem: spielen! Am besten läuft es, wenn Kinder vergessen, dass sie gerade wandern. Balancieren Sie mit den Kleinen über Baumstämme oder waten Sie mit ihnen durch den eiskalten Gebirgsbach! Sammeln Sie Steine, Hölzer und Blätter und basteln Sie damit später auf der Hütte kleine Andenken. Für ältere Kinder ist eine Rallye schnell und einfach vorzubereiten. Denken Sie sich Fragen aus wie "Welche Tiere siehst du unterwegs?" oder "Wie hoch über dem Meer liegt die Almhütte?" - der Nachwuchs ist damit erst mal beschäftigt und lernt auch noch dazu.
Viele Reiseziele werben mit Themenwegen für Familien. Kinder bewältigen dort Aufgaben oder lösen Rätsel wie bei einer Schnitzeljagd. Das beste Mittel gegen Langeweile ist aber immer noch das Rudel: Wandern Sie mit anderen Familien. Motivieren sich Kinder gegenseitig, wird keines so schnell müde.
6. Essen und Trinken: Ein hungriges Kind - und Sie können umkehren
Picknickpausen gehören zu einer zünftigen Wanderung dazu. Nirgendwo schmeckt die Käsestulle besser als auf einer Almwiese mit Aussicht auf schneebedeckte Gipfel. Die Vorräte sollten daher für alle reichlich bemessen sein, auch für die Eltern. Schmieren Sie also ordentlich Butterbrote und rechnen Sie bei den Getränken mindestens einen Liter pro Person, auch für jedes Kind. Erstens macht die Bergluft hungrig, zweitens ist Wandern Sport! "Es gibt nichts Schlimmeres als hungrige Kinder am Berg", sagt Jürgen Einwanger. "Die gehen keinen Schritt mehr."
Zwischendurch eignen sich Nüsse, Salzgebäck sowie klein geschnittenes Obst und Gemüse. Gummibärchen und Schokorosinen sind zwar keine Nahrung, erhöhen aber die Motivation. Mülltüte nicht vergessen, damit Ihr Abfall nicht auf dem Berg bleibt!
7. Hütteneinkehr: Tagesziel Kaiserschmarrn
Die Aussicht auf einen Kaiserschmarrn ist für Kinder weitaus attraktiver als der Blick auf die Karwendelkette. Schon deshalb ist eine Almhütte ein besseres Ziel als ein Gipfel. Zudem ist die Atmosphäre dort oben einmalig - und das Essen selbst gekocht. Viele Hütten haben sich auf Familien spezialisiert, etwa weil sie leicht zugänglich sind, keine Absturzgefahr droht und sie im besten Fall sogar mit einem Spielplatz oder Streichelzoo ausgestattet sind.
Einige dieser Hütten bieten auch Übernachtungen an: Neben Massenschlafsälen gibt es vielerorts inzwischen auch Familienzimmer. Die Broschüre "Mit Kindern auf Hütten" (als Gratis-Download auf der Webseite des Deutschen Alpenvereins) listet familienfreundliche Unterkünfte in Bayern und Österreich auf, für die Schweiz finden sich Tipps beim Schweizer Alpenclub (über die Suchmaske).
8. Wildnis erleben: Raus aus der Kinder-Komfortzone
Spätestens wenn Kinder in die Schule kommen, wollen sie in den Ferien Abenteuer erleben. Die Berge sind der perfekte Ort dafür: Hier können sie auf Bäume klettern, in Bergseen schwimmen und auf dem Klettersteig ihre Schwindelfreiheit testen. Vermutlich haben sie abends Risse in der Hose, Kratzer am Bein oder blaue Flecken am Knie - aber auch unvergessliche Erlebnisse im Kopf. "Eltern sollten ihren Kindern erlauben, die Komfortzone zu verlassen", sagt Einwanger, der selbst drei Kinder hat und weiß, wie schwer manchen Eltern das Loslassen fällt. "Kinder wissen erst, wie stark sie sind, wenn sie die Möglichkeit zum Starksein haben."
9. Geführte Touren buchen: Kühe und die "Big Five" der Alpen
Steinbock, Gämse, Murmeltiere, Steinadler und Bartgeier: Wer die "Big Five" der Alpen kennen lernen will, kann auf zufällige Begegnungen hoffen. Besser beobachten lassen sich die Tiere bei einer geführten Familienwanderung mit einem Ranger, der natürlich weiß, wo die Murmeltiere ihre Höhlen verlassen.
Doch in den Bergen leben auch unzählige Kühe. Von Juni bis September genießen sie die Sommerfrische auf der Alm - was den Vorteil hat, dass viele Hütten Milch, Joghurt und Käse aus Eigenproduktion anbieten. Was Sie wissen sollten: Kühe sind keine aggressiven Tiere, aber eine Kuhherde ist auch kein Streichelzoo. Bleiben Sie auf Abstand, besonders bei Jungtieren, deren Mütter permanent in Alarmbereitschaft sind. Ansonsten gilt: Ruhe bewahren - und lässig an den Viechern vorbei marschieren. (Lesen Sie hier zehn goldene Regeln zum Wandern in den Alpen.)
10. Für fortgeschrittene Familien: Trauen Sie sich an eine Mehrtagestour
Eine Woche lang von Hütte zu Hütte über die Alpen, das klingt wie ein Traum. Allerdings setzt eine Mehrtagestour Ausdauer und gute Ausrüstung voraus - schließlich muss jeder sein Gepäck für mehrere Tage auf dem Rücken tragen "Mehrtägige Touren sind für Kinder ab zehn Jahren zu empfehlen. Und Kinder und Eltern sollten schon Bergerfahrung haben", sagt Jürgen Einwanger. Wer sich unsicher ist, plant lieber erstmal nur eine einzelne Hüttenübernachtung. Dabei lässt sich auch testen, ob der Nachwuchs den fehlenden Komfort - kein W-Lan, keine heiße Dusche, kein Remmi-Demmi - genau so genießt wie Sie es tun.