Zypern Die Insel der Aphrodite
Während die Einheimischen am Olymp die Ski anschnallen, gehen die Gäste aus dem Norden noch im Meer baden: Auf Zypern, der Sonneninsel im südöstlichen Mittelmeer, ist selbst die kälteste Jahreszeit an den Küsten ein ewiger Frühling.
"Luft 17 Grad, Meer 20 Grad, Pool 32 Grad " steht in weißer Kreide auf der Schiefertafel am Privatstrand des Thanos-Hotels "Annabelle". Das Fünfsternehaus an der Promenade von Paphos kann über Gästemangel nicht klagen - 89 Prozent Auslastung in den Wintermonaten, davon träumen manche Häuser im Sommer.
Sonnabends landen die Charterjets mit sonnenhungrigen Urlaubern stündlich in den Airports von Paphos und Larnaca und sorgen für steten Nachschub. Sie locken 300 Tage Sonnenschein und laue Luft.
Der Garant für gutes Winter-Wetter ist Zyperns geografische Lage. Bei Hochdruck über Sibirien und der Sahara entsteht im Mittelmeer eine Tiefdruckrinne. Sie saugt feuchte Luft vom Atlantik an. Von Mallorca bis Mykonos: nur Regen. Nach Zypern hingegen strömt trockene Warmluft aus der nordafrikanischen Wüste. An manchen Tagen bedeckt feiner Wüstensand hauchdünn die Liegen am Pool.
Paphos: Kastell, Königsgräber und Aphrodite
Mit dem Mythos, dass Aphrodite am Strand von Petra tou Romiou einst einer Muschel entstiegen sei, rühmt sich die Insel. Zentrum der Aphrodite-Verehrung ist Paphos, einst Hauptstadt der Ptolemäer, heute ein expandierender Ferienort. Was der Stadt an schönen Stränden fehlt, macht sie mit Kultur wett: Kastell, Königsgräber - und Kato Paphos.
Seit 1980 stehen die zahlreichen archäologischen Stätten der Unterstadt in der Liste des Unesco-Weltkulturerbes - Areale und Monumente von der Prähistorie bis zum Mittelalter. Die bedeutendsten Funde stammen aus dem 3. bis 5. Jahrhundert vor Christus: farbenfrohe Bodenmosaike in vier altrömischen Villen, Bildergeschichten von Liebe und Eifersucht, gescheiterten Helden, bukolischer Lebensfreude, Lust und Leid der griechischen Götter.
Das Mosaikmuseum liegt direkt am Hafen. Fischerkähne und Freizeitboote schaukeln einträchtig nebeneinander an der Mole, Passanten hocken auf Pollern, Angelruten stecken zwischen glattgrauen Steinen im glasklaren Meer. Nicht immer war die Stimmung so friedlich.
Der Umbau der alten Hafenschuppen zur touristischen Bar-Meile in Beton hatte für Streit gesorgt. Heute vereint der Kommerz die einstigen Konkurrenten. Besonders am frühen Abend, wenn das Licht der untergehenden Sonne den Hafen und das türkische Kastell in warmes Gold taucht, sind die Cafés und Restaurants bis auf den letzten Platz besetzt.
Einkehr mit Aussicht
Agios Neophytos hingegen litt schon zu Lebzeiten unter dem Ansturm der Besucher und Gläubiger, die ihn Ende des 12. Jahrhunderts in seinem Kloster in einem Hügel hoch über Paphos aufsuchten. Immer wieder störten sie den Eremiten in seiner Höhlenklause bei der stillen Zwiesprache mit Gott - so flüchtete er schließlich in eine obere Höhle, die nur noch mit Strickleiter zu erreichen war.
Seine untere "Egkleistra", über und über mit byzantinischen Fresken und Wandmalereien lebensgroßer Heiligen geschmückt, lädt seitdem zur Einkehr mit Aussicht: Weit reicht der Blick vom Balkon über die Bucht von Paphos. In unzähligen Kehren windet sich die Straße zwischen den Flusstälern des Ezousa und des Xeros Potamos zu einem zweiten Kloster, das nicht mit einmaligen Fresken oder Architektur, sondern mit einem besonderen Saft aufwartet: Rot- und Weißweine aus eigenem Anbau.
Im Keller von Chrysorrogiatissa reift die edlen Tropfen des Monte Rogia in Eichenfässern heran. Herr der Reben ist Pater Styliano, der seinen winzigen Laden im Klosterhof mit religiösen Reliquien bei Interesse blitzschnell in eine Probierstube für Weine aus roten Maratheftiko- und weißen Xynistri-Trauben verwandelt. Plastikbecher und Flaschenöffner liegen stets griffbereit unter dem Tresen. Der berühmteste Wein der Insel ist angeblich der älteste der Welt: Den süffig-schweren "Commandaria" soll bereits Jesus mit seinen Jüngern beim letzten Abendmahl genossen haben.
Der Duft der Wildkräuter
Im "Anassa" genießt Alecos Michaelides den süßen Dessertwein an der Bar. Der ehemalige Außenminister Zyperns hat zwischen dem Fischerort Latchi und dem Akamas-Nationalpark gegen den Widerstand von Umweltgruppen und engagierter Bürger seine Vorstellung einer perfekten Wohlfühloase realisiert: ein 8,5 Hektar großes Resort für alle, die sich im Nordwesten Zyperns an der Chrysochou-Bucht zurückgezogen erholen möchten.
Draußen duftet die Luft nach Wildkräutern. Wacholder-, Pinien-, Oliven- und Eukalyptusbäume bedecken die Hügel. An den Bädern der Aphrodite (Loutra tis Afroditis) pellen Urlauber die Mandarinen, die sie für wenige Cents beim Popen am Parkplatz gekauft haben. Schmetterlinge tanzen über dem kleinen Wasserbecken in der Grotte. Das Land atmet Stille. Bis plötzlich ein lauter Knall den Frieden zerstört. Mitten im Nationalpark genießen die Briten bis heute das Privileg, auf ihrem Übungsplatz jederzeit schießen zu dürfen.