Färöer Der Archipel des Lichts
62 Grad Nord über dem Atlantik. Himmel und Meer verschwimmen zu einem unendlichen Blau. Dann tauchen schroffe Felsen im Meer auf: die Färöer-Inseln. Einige sind im Nebel gehüllt, andere leuchten strahlend grün und schwarz unter einem stahlblauen Himmel. Bricht die Sonne zwischen zwei Wolkenbergen hervor, wecken ihre Strahlen in immer neuen Variationen die archaische Schönheit der Inselwelt zwischen Schottland und Island. Mehr als tausend Kilometer vom Mutterland Dänemark entfernt, entfaltet dieser "Archipel des Lichts" eine fast mystische Magie.
1100 Kilometer Küstenlinie erzählen von der Wucht der Wellen. Und der Phantasie der Färinger: In Felsspitzen erkennen sie Riesen, Elfen und Trolle. Vor Grotten gleiten Seehunde ins Meer. An den Steilwänden, die bei Vestmanna 600 Meter senkrecht ins Meer fallen, nisten Basstölpel, Trottellummen und Sturmschwalben. 3,5 Millionen Seevögel leben auf den Färöern - und werden mit Stangen gefangen. Diesmal hat es einen Papageientaucher erwischt. Ohne orangen Schnabel, aber noch im Federkleid, liegt der Vogel tiefgekühlt im Supermarkt von Runavik. Mit Kuchen gefüllt und gegrillt, gilt er als Delikatesse. In der Bucht von Sorvágur zerlegen Männer mit speziellen Messern schnell und geschickt 36 Grindwale. Getrocknet, mit einem Stück tranigen Specks und einer Kartoffel garniert, wird der Wal abends im Hotel Vágar als Antipasti serviert.
Während solche "Schlachtfeste" selten sind, gibt es frischen Fisch im
Überfluss. Was nicht die 80 kommerziellen Trawler im Umkreis von 200
Seemeilen aus dem Meer ziehen, wird gezüchtet: Lachs en masse. Vor 150
Jahren wurde die Fischerei noch in Ruderbooten dicht an der Küste betrieben,
berichten Fotografien und alte Kähne im Bootsmuseum von Leirvik.
Mehr als 80.000 Schafe ziehen durch die Bergwelt der Inseln. "Wolle ist Gold
der Färöer" sagt ein altes Sprichwort über den zweitwichtigsten
Wirtschaftsfaktor.
Bis zu 880 Meter hohe Berge überziehen alle Inseln. Stockwerksartig türmen
sich schwarze Felsbänder aus Basalt aufeinander, unterbrochen von rötlichem
Tuff. Überall gluckert und gurgelt es. In der Nähe eines Bachs liegt ein
Kartoffelfeld. Knapp fünf mal fünf Meter groß, reicht es gerade aus, um eine
Familie zu versorgen. Geschützt hinter Steinmauern wächst Rhabarber. Das
saure Obst ist neben Gerste so ziemlich das Einzige, was in dem
feucht-kühlen Seeklima gedeiht. Bäume sind eine Seltenheit.
Kein Punkt auf den Inseln ist mehr als fünf Kilometer vom Meer entfernt.
Fjorde und tiefe Spalten ziehen sich weit ins Land. Gjógv - Kluft heißt auch
der schönste Naturhafen der Inseln. Über Schienen und Seilwinde werden die
Schiffe im Herbst aus der Hafenschlucht hinauf gezogen.
Alle Dörfer, "bygd" genannt, liegen an der Küste. Vom Leben im alten Färöer
erzählt das Heimatmuseum Blásastova im alten Dorf Gøta, komplett erhalten
mit Fischerhütten, Bauernkaten und Holzkirche. Weiße Sprossenfenster
gliedern die schwarz geteerte Fassade, auf dem Dach wächst Gras. Nur noch
zehn dieser Holzkirchen, zwischen 1830 und 1850 erbaut, gibt es noch auf den
Inseln. Die älteste Kirche des Landes steht in Kirkjubøur. Strahlend weiß
erhebt sich die Olavskirke seit dem Hochmittelalter an der Küste. Dunkel und
düster daneben: die unvollendete Magnus-Kathedrale. Bischof Erlendur hatte
die Finanzkraft seiner Schäfchen schlichtweg zu hoch eingeschätzt.
Die moderne Alternative steht in Sydragøta. Das achteckige Gotteshaus, von
außen eher abweisend, beeindruckt im Innern mit einer klaren Komposition aus
Birke und Blau. Die Glasinstallationen in Meeres- und Himmelsfarben schuf
Tróndur Paturson. Mönche aus Irland waren vermutlich die ersten Bewohner, die auf den
Färöer-Inseln lebten - in ständiger Furcht vor der Wikingern. Fast jeder Ort
kann Fundstücke der rothaarigen Nordmänner vorweisen. In Leirvik wurde ein
mehr als 1000 Jahre alter Wikinger-Hof freigelegt.
Zentrum der Inseln ist Tórshavn. Fast ein Drittel der 45.000 Einwohner lebt
in der Hauptstadt. Während des kurzen Sommers mit seinen langen Nächten ist
die Kleinstadt im Festivalrausch: Jazz, Folk und Blues stehen auf dem
Programm. Das Kunstmuseum Lístakálin präsentiert mit Willem Heinesen, S.J.
Mikines, Johannes Kristiansen und der jungen Avantgarde das kreative
Potenzial des Kleinstaats. Als "kultureller Elfenhügel" versteht sich das
Nordische Haus mit seinen jährlich 300 Veranstaltungen.
Auf der Halbinsel Tinganes geht ein Paar in Färöer-Tracht durch die
Altstadt. Vor einem alten Warenhaus an der Landspitze hält es inne. Hier
residiert das Färöische Parlament Løgting. Seit 1948 genießen die Inseln im
Atlantik als selbständiges Mitglied im dänischen Reichsverbund eine gewisse
Autonomie. Vielen Färöern geht sie nicht weit genug. Bislang sichern neben
der Fischerei dänische Subventionen das Überleben. Doch eine neue
Einnahmequelle ist in Aussicht: Erdöl. Erste Offshore-Bohrungen sind
Viel versprechend.
Die wohl ungewöhnlichste Begegnung mit Färinger Kultur bietet Kapitän Birger
Enni. Mit seinem Gaffelschoner "Nordlysid" schippert der Endvierziger an die
Südwestküste von Hestur und lässt ausbooten. In schnellen Zodiacs reiten die
Gäste über die Wellen hin zu haushohen Höhlen. Kaum ist das letzte Boot im
Innern der Grotte, erklingt eine Klarinette. Tief rauschend antwortet die
Brandung. Beim "Concerto Grotto" der Gruppe Yggdrasil nach Kompositionen von
Kristian Blak und John Tchicai verbinden sich Musik und Meer zu einem fast
mystischen Gleichklang.
INFORMATIONEN:
- Dänisches Fremdenverkehrsamt
Glockengießerwall 2
20095 Hamburg
Tel. 040-32 02 10
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Faroe Island Tourist Board
Gongin, P.O. Box 118
FR-110 Tórshavn
Tel. +298 16055
Fax +298 10858
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Hinkommen: Flug mit Lufthansa oder SAS nach Kopenhagen, mit Atlantic Air oder Maersk Air weiter nach Vágar. Mit dem Wagen: Fahrt bis ins dänische Hanstholm, von dort mit der Smyril-Linie in anderthalb Tagen weiter bis Tórshavn. Die Färöer sind Zwischenstopp der Fährfahrten nach Bergen und Island.
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Fußball auf den Färöern:
16.10. 2002, 20.30 Uhr: Deutschland - Färöer in Hannover
11. 6. 2003 Färöer-Deutschland auf den Färöer-Inseln
Im Qualifikationsspiel zur EM 1992 gelang dem Zwergstaat im Atlantik eine kleine Sensation. Die Fußballer von den Färöern schlugen Österreich mit 1:0 durch das Tor von Nielsen in der 60. Minute. Der damalige österreichische Bundestrainer Josef Hickersberger wurde daraufhin entlassen. Fußball ist Nationalsport auf den Färöern. Nahezu jedes Dorf hat eine Mannschaft und/oder einen eigenen Platz, wegen der nassen Witterung mit Gummi oder Kunstrasen belegt. In Klaksvik gibt es ein Stadion mit echtem Rasen, das für WM-Klassifikationsspiele genutzt wird.