Rekord-Paddlerin Freya Hoffmeister "Der Orkan blies mich Richtung offenes Meer"
Es ist eine beinahe unglaubliche Rekordleistung: Freya Hoffmeister aus Husum hat innerhalb von vier Jahren Südamerika mit dem Kajak umpaddelt. Auf ihrer Route überstand sie Überfälle, Moskitoattacken und einen Orkan am Kap Hoorn.
- freyahoffmeister.com
Freya Hoffmeister: Zum Glück nicht viel, zumindest mein Körper nicht. Aber ich habe schon die eine oder andere Träne vergossen, weil ich es geschafft habe, das zu überleben. Ein argentinischer Freund von mir hatte weniger Glück, der ist bei den Staten Islands ertrunken, also auf dem gleichen Breitengrad wie Kap Hoorn. Am gleichen Tag, als ich auch dort unterwegs war und große Probleme mit dem Wetter hatte.
SPIEGEL ONLINE: Was ist dort passiert?
Hoffmeister: Auf der letzten Inselquerung zur Isla Hornos - neun Kilometer, die man normalerweise in zwei Stunden schafft - kam ich in einen Orkan. Der fing viel früher an und mit größerer Wucht, als vorhergesagt worden war. Gut einen Kilometer vor dem Ziel war der Wind zu stark, er blies mich mit 60 Knoten aus der Schneise in Richtung offenes Meer und hätte mich vermutlich bis in die Antarktis befördert. Ich bin umgekehrt und konnte mich gerade noch auf die Isla Deceit retten.
SPIEGEL ONLINE: Dort blieben Sie fünf Tage, flickten das Boot und fuhren dann bei ruhigerer See weiter. Wie motivieren Sie sich auf so einer Tour, immer weiterzumachen?
Hoffmeister: Ich wusste immer, dass ich ankommen will in Buenos Aires, habe das vor meinem geistigen Auge gesehen. Für mich gab es überhaupt keinen Zweifel: Wenn ich mich nicht irgendwo ernsthaft verletze, klappt das.
SPIEGEL ONLINE: In Brasilien waren Sie einmal so angeschlagen, dass Sie früher als geplant eine Pause einlegten und nach Hause flogen, um Monate später zur nächsten Etappe zurückzukommen.
Hoffmeister: Ich war ausgelaugt von den schrecklichen Temperaturen. Wir Norddeutschen sind keine Hitzeleute. Ich hasse es, in der Hitze zu paddeln. Man bekommt Hautausschläge, die nicht verheilen, dazu kommen die ganzen Insektenbisse: Ich sah aus wie ein Streuselkuchen.
SPIEGEL ONLINE: Unangenehm waren beim Zelten in einsamen Gegenden manchmal auch menschliche Begegnungen.
Hoffmeister: In Venezuela sprangen einmal 15 junge Männer von einem Lkw und umstellten mich und mein Kajak. Die zogen vermutlich herum, um ihren Obolus von diversen Fischern einzutreiben. Ich bin ganz selbstbewusst aufgetreten, habe dem Anführer eine Autogrammkarte mit Infos über meine Reise in die Hand gedrückt. Dann sind die tatsächlich weitergezogen. In solchen Situationen war es ganz gut, kaum Spanisch zu können, da wird man schneller in Ruhe gelassen. Man muss ja im Zelt auch mal Erholung haben.
SPIEGEL ONLINE: Wovor haben Sie Angst?
Hoffmeister: Man kann sich darüber streiten, ob man das Angst oder Respekt nennt. Ich habe Respekt vor dem Wasser, vor brechenden Wellen. Die sollten einen möglichst nicht erfassen. Wenn es doch passiert, muss man sich reinschmeißen und abstützen und hoffen, dass man nicht umgeworfen und unter Wasser gedrückt wird.
SPIEGEL ONLINE: Sie haben schon Australien umrundet per Kajak, nun Südamerika - wann geht es einmal um Afrika?
Hoffmeister: Nicht in diesem Leben und auch nicht im nächsten. Jetzt steht erst mal eine Vortragsreise an. Danach habe ich einige Pläne - ich bin noch nicht alt genug, um nur auf dem Sofa zu hocken.
SPIEGEL ONLINE: Haben Sie noch einen Südamerika-Urlaubstipp für unsere Leser?
Hoffmeister: Für was für eine Reise? Abenteuerurlaub? Strandurlaub? Es gibt verschiedene Ansichten, was Urlaub ist.
SPIEGEL ONLINE: Strandurlaub.
Hoffmeister: Strände habe ich nun wirklich genug kennengelernt. Aber: Wenn man jeden Tag Kaviar isst, schmeckt das auch nicht mehr. Die Strände in Brasilien waren die schönsten und sichersten. Wenn man schon unbedingt Strandurlaub machen will, dann vielleicht dort.