
Port Ghalib in Ägypten: Spas, Superluxus und Schildkröten
Luxusresort Port Ghalib Wüstenstadt vom Reißbrett
"Wenn du ein Foto von der Marina machen willst, komme am Mittwochabend wieder. Dann sind wenigstens ein paar Menschen auf dem Bild", ruft einer der Sicherheitsleute, als er den Fotografen erblickt, und lacht. "Mittwoch, das ist der Tag, an dem die Safariboote zurückkommen!"
Kaum sind seine Worte verhallt, ist es wieder still auf der ebenso staub- wie touristenfreien Hafenpromenade von Port Ghalib. In gleichmäßigem Abstand stehen an der leicht geschwungenen Kaimauer glänzende Versorgungsstationen für anlegende Motoryachten. Ziemlich untypisch für einen ägyptischen Hafen, wo gewöhnlich jegliche Infrastruktur von universellen Klebebändern zusammengehalten wird. Hier aber sind die Stromanschlüsse auf dem neuesten Stand der Technik.
An einem der frisch gestrichenen Poller ist eine große Yacht vertäut. Die "Port Ghalib" ist eines von drei Booten, die - zum Auslaufen bereit - auf ihren Besitzer Nasser al-Kharafi warten. Der kuwaitische Unternehmer zählt zu den reichsten Menschen der Welt und ist Präsident der Mohammed Abdulmohsin Al-Kharafi Group, die den Bau von Port Ghalib finanziert hat. Auf mehr als acht Millionen Quadratmetern Wüstensand hat sich Al-Kharafi einen Traum verwirklicht: eine Luxus-Hotelstadt. Die neue Metropole am Roten Meer. Eine maßlose Idee?
Stadt vom Reißbrett
Nachdem zur Jahrtausendwende der Militärflughafen Marsa Alam rund 200 Kilometer südlich der ägyptischen Touristenhochburg Hurghada für die zivile Luftfahrt freigeben worden war, brachte im November 2001 eine Maschine aus Deutschland die ersten Touristen. Die zuvor schwer erreichbare Südküste Ägyptens wurde nun auch für den Massentourismus interessant. 120.000 Fluggäste zählte Marsa Alam im Jahre 2002, in diesem Jahr werden es voraussichtlich über eine Million sein. Überall entlang der Küste entstanden neue Hotelanlagen.
Ein Projekt sollte sie alle übertreffen - die kleine Bucht unmittelbar in Sichtweite des Airports schien der Kharafi-Gruppe dafür der perfekte Ort. Ein "neues al-Gouna", ähnlich der Vorzeige-Ferienstadt des Ägypters Samih Sawiris, sollte "Port Ghalib" werden. Nur größer. Und besser. Die Kharafi-Gruppe kaufte die Bucht, das umliegende Land und den Flughafen gleich mit.
Auf dem Zeichenbrett entstand eine Stadt mit 170 Shops, 23 Hotels, Hunderten Appartements, einem Fußballstadion, einem Golfplatz und einer Hafenanlage. Geschätzte Gesamtinvestition: drei Milliarden US-Dollar. Drei Jahre nach dem Ende der ersten Bauphase stehen 350 Appartements zum Verkauf, 1200 Betten in insgesamt vier Hotels warten auf Reeder, Tagungsreisende und Wellnessurlauber, auf Taucher, Ökotouristen und Abenteurer.
Doch noch bleiben die Shops und Restaurants entlang der Hafenanlage oft leer. Die Hotels bieten All-inclusive, und so verirren sich nur selten Gäste in diesen Teil des Städtchens, der mit hell erleuchteten Läden, gemütliche Ledersofas vor den Cafes, Menü-Angeboten und kostenfreiem W-Lan lockt. Zwischen Costa Coffee und Baskin-Robbins sitzen ein vereinzelt Gäste im T.G.I. Friday's. Das Bier für umgerechnet 6 Euro, Pasta plus Coke für 14, die Kugel Eis für 1,30 Euro. Das Preisniveau soll Exklusivität vermitteln.
Ablesbar ist das auch an den Kaufpreisen der Appartements, die mit 220.000 US-Dollar für Schlafzimmer, Wohnküche und Bad weit über dem ägyptischen Standard liegen. Dabei flanieren hier keine Stars, gibt es keine große Architektur zu bewundern, keine geschichtsträchtige Sehenswürdigkeiten. Worin also besteht die Exklusivität?
So wenig Ägypten wie möglich
Ein ressourcenschonendes Konzept, praktizierter Umweltschutz, der Einsatz erneuerbarer Energien - das ist es, was Ressortmanager gern erwähnen. Das gefällt den Europäern. Die neue Stadt am Meer verfügt über eine autarke Entsalzungsanlage, ein Kraftwerk und eine Müllverbrennungsanlage.
Das Trinkwasser muss nicht durch Hunderte Kilometer lange Leitungen vom Nil herangepumpt werden, der Dreck landet nicht einfach in der Wüste. Sogar an der Mülltrennung versucht man sich in Port Ghalib, wenn auch bislang mit mäßigem Erfolg, denn zumindest vorübergehend fehlen die Behälter für Plastik. Was mit dem getrennten Müll passiert, ist offen. Eine Recyclinganlage gibt es bislang nicht.
Die penible Sauberkeit aber fällt auf - besonders in einem Land, in dem normalerweise in jedem Busch mindestens eine Plastiktüte hängt. Die Hotels von Port Ghalib sind um eine künstliche Salzwasserlagune gebaut, von der Marina etwa fünf bis zehn Gehminuten entfernt. Ein Spaziergang durch die Anlage zeigt, wie viel Wert auf die Privatsphäre des einzelnen Gastes gelegt wird. Die Zimmer sind hell, geräumig und liebevoll eingerichtet. Kein Gedränge am Pool, der Strand ist gepflegt, und die Sonnenliegen stehen mit großem Abstand unter kleinen Palmengruppen.
So wenig Ägypten wie möglich - das scheint das Konzept von Port Ghalib zu sein. Die eigentliche Attraktivität liegt ohnehin unter Wasser. Es ist die Welt der Riffe und Meeresgrotten: bunte Fische in türkisblauem Wasser; fast unberührte Tauchreviere mit Delfinen, Rochen und Schildkröten. Die Korallen um Port Ghalib sind kaum beschädigt, vom Rudeltauchen blieben die Plätze bislang verschont.
Selbst um eine Seekuh zu sehen, muss man nicht zwingend zu dem beliebten, nördlich gelegenen Tauchplatz Abu Dabab. Nur die elegantesten und wohl auch spektakulärsten Meeresbewohner, die kann auch ein gigantisches Projekt wie Port Ghalib seinen Gästen nicht garantieren: Hai-Sichtungen sind selten geworden im Roten Meer. Auch die zurückkehrenden Safariboote können diesmal keine vermelden.
Feiern bis in den Morgen
Und dann wird es doch noch lebhaft auf der Hafenpromenade. 400 italienische Vodafone-Mitarbeiter weilen für eine Tagung im Konferenzzentrum von Port Ghalib. Untergebracht sind sie im Crown Plaza - zeitweilig zum Verdruss der übrigen Hotelbewohner. "Bis nachts um drei haben die Italiener gefeiert!" beschwert sich am Morgen einer der Gäste bei Nino Faranda, dem Betreiber der Extra-Divers-Tauchbasis, während dessen Crew gerade die Pressluftflaschen für den Tagestrip verstaut.
Faranda runzelt die Stirn. Mit leichtem Unbehagen erwartet er die Ankunft von 1200 russischen Tagungsgästen in der kommenden Woche. Erst vor einem halben Jahr ist der Basisleiter mit seinem Team vom nördlicher gelegenen al-Quseir nach Port Ghalib gezogen. Aus gutem Grund: "Der Platz ist ganz hervorragend für eine Tauchbasis", sagt Faranda, "ein kurzer Transfer vom Flughafen, erstklassige Hotels, das Boot direkt vor der Türe, und die Tauchplätze sind wunderschön." Wenn nur diese Kongresse nicht wären.
So gesehen, kann die neue Stadt am Meer gar nicht groß genug sein. Auch, um sich aus dem Weg zu gehen, wenn es sein muss. Ab kommendem Jahr soll weitergebaut werden. Mehr Restaurants. Mehr Geschäfte. Und auch noch mehr Hotels.