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Milliardenprojekt Real Madrid soll Luxus-Insel in den Emiraten bekommen

Ein Fußball-Vergnügungspark, Stadion mit Meerblick, Hunderte Luxus-Apartments: Real Madrid soll der erste Sportverein mit eigener Insel werden. Das arabische Emirat Ras al-Chaima plant ein Bauprojekt der Superlative - aber wer bezahlt es?

So viel Verkehr hat es auf der künstlich aufgeschütteten Insel Marjan vor der Küste des kleinen Golfemirats Ras al-Chaima selten gegeben. Im Sekundentakt donnern teure SUVs und Stretchlimos über die mit bunten Fahnen abgesteckte, staubige Loipe. Alle zehn Meter steht ein Sicherheitsoffizier am Wegesrand, der bei jedem vorbeirauschenden Fahrzeug zackig die Hand zum Gruß an die Stirn führt. Es könnten ja Mitglieder der Familien des Emirs, wichtige Scheichs und Größen der lokalen Geschäftswelt hinter den dunkel getönten Scheiben der Limousinen sitzen.

Der Grund für die ganze Aufregung: die wahrscheinlich wichtigste Pressekonferenz, die es jemals im Emirat gegeben hat. Der Glamour-Faktor ist immens, die oberen Hundert von Ras al-Chaima sind gekommen. Sie alle wollen dabei sein, wenn an diesem denkwürdigen Tag der Herrscher des Emirats hohen Besuch aus Europa empfängt.

Scheich Saud Bin Sakr al-Kazimi und Florentino Pérez, Präsident des mächtigen Fußballclubs Real Madrid, Spitzname: die "Königlichen", haben Großes zu verkünden. Flankiert werden sie dabei von den einstigen Real-Stars Zinédine Zidane und Emilio Butrageño. Dort, wo die hohen Herren stehen, soll in wenigen Jahren ein touristisches Megaprojekt aus dem Boden gestampft werden - das Real Madrid Resort Island. Kostenpunkt: etwa eine Milliarde US-Dollar. Die Eröffnung ist für 2015 vorgesehen.

Stadion mit Meerblick

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Ras al-Chaima: Galaktisches Bauvorhaben

Foto: AFP /REAL MADRID/ J+H BOIFFILS

Auf einer Fläche von rund 50 Hektar soll ein riesiges "Sportainment"-Resort entstehen. Geplant sind mehr als 400 Apartments, 48 Villen, eine Sportklinik, ein Vergnügungspark mit Achterbahn und Wasserpark sowie das einzige Fußballstadion der Welt, dessen offene Flanke einen atemberaubenden Blick aufs Meer freigibt. Die Verantwortlichen rechnen mit mehr als einer Million Gästen jährlich. Zum Vergleich: Das kleine Emirat Ras al-Chaima hat rund 300.000 Einwohner.

Woher das ganze Geld für die Luxusinsel kommen soll, ist allerdings noch nicht bekannt. Für das Projekt wurde eigens die RAK Marjan Island Football Company mit Sitz in Luxemburg gegründet. Beteiligt daran sind Real Madrid, der RAK Marjan Island Football Investment Fund und die Regierung von Ras al-Chaima. Ab April möchte man mit einer weltweiten Roadshow auf die Suche nach Investoren gehen.

Die Verantwortlichen üben sich in Optimismus: Die Finanzierung selbst sei kein Problem, eher die Auswahl der Geldgeber. Projektmanager Louis-Armand de Rougé sagt, dass das Bauvorhaben auf keinen Fall "die gesunde Finanzlage des Clubs" gefährden würde, egal, was passiere. Eine interessante Aussage, denn Real Madrid ist zwar ein Umsatzriese, aber auch hoch verschuldet.

Die fußballverrückten Untertanen des Emirs sind trotz fehlender Investoren schon aus dem Häuschen. Nun gilt es, den Rest der Welt von der Schönheit des noch relativ unbekannten Reiseziels am Golf zu überzeugen. Bisher hatten der Glamour Dubais und der Öl-Reichtum Abu Dhabi alles überstrahlt. Ras al-Chaima dagegen hatte nur eines zu bieten: die Gelassenheit einer verschlafenen Provinzmetropole, abseits der Hauptverkehrsströme auf mangrovenumsäumten Landzungen gelegen wie eine vergessene Miniatur-Ausgabe des großen Bruders Dubai. Irgendwie 20 Jahre hintendran.

Stundenlange Staus wie in den großen Emiraten sind immer noch unbekannt, und Wolkenkratzer gibt es erst zwei. Das überschaubare gesellschaftliche Leben spielt sich vorrangig in den Lobbys der Luxushotels wie dem Al-Hamra Fort Hotel, den beiden Hilton Hotels, dem Cove Rotana Resort oder dem Wüsten-Resort Banyan Tree al-Wadi ab. Besucher von auswärts schätzten genau dies und erholten sich hier gerne am Wochenende von ihrem schnellen, stressigen Leben in den Golfmetropolen.

In Ras al-Chaima möchte man in Sachen Tourismus nun aufholen. Vor einigen Monaten wurde eine neue Tourismusbehörde gegründet, die Raktida (Ras al-Chaima Tourism Authority), die staatseigene Fluglinie RAK Airways wurde ausgebaut und eine Perlenfarm gegründet, die als neue Attraktion vermarktet wird. Der durch das Quellwasser aus den Hajar Mountains im Hinterland ungewöhnlich grünen Region wurde ein neuer Slogan verpasst: The Rising Emirate - das aufstrebende Emirat.

Tourismus-Boom im Mini-Emirat

Vieles von dem, was nun ehrgeizig vorangetrieben wird, war in der jüngsten Vergangenheit noch nicht möglich. Ein hinter den Kulissen ausgetragener Konflikt zwischen Industrie- und Tourismus-Befürwortern und eine große Anzahl skeptischer Einheimischer bremsten den Ausbau der touristischen Infrastruktur im Emirat.

Dass der innenpolitische Grabenkrieg nun wohl endgültig zugunsten des Tourismus entschieden ist, liegt auch an einem Deal, den die deutsch-neuseeländische Reiseunternehmerin Sonja Timani eingefädelt hat. Sie hatte vor wenigen Monaten mit einem Münchner Reiseveranstalter einen Vertrag abgeschlossen, der wöchentlich 1500 deutsche und österreichische Touristen ins kleine Emirat holt und seitdem vielen Hotels vor Ort traumhafte Auslastungsraten beschert.

Selbst das Fünf-Sterne-Wellness-Resort Golden Tulip bei Khatt Springs, das bisher in der schroffen Bergwelt der Hajar Mountains im Dornröschenschlaf lag, brummt. Die Zimmer im Emirat werden nun sogar langsam knapp, und die Veranstalter vor Ort freuen sich auf die dringend benötigten neuen Bettenkontingente, die die Eröffnungen eines Rixos Hotels, eines Radisson Blu und des Waldorf Astoria in den nächsten Monaten bringen werden.

In Ras al-Chaima hofft man nun, dass die Zeiten des Spotts der mächtigen Bruderemirate Vergangenheit ist. Die stolzen arabischen Herrscher litten sehr, als die Absage des groß angekündigten Segelwettbewerbs America's Cup vor zwei Jahren Ras al-Chaima vor der Welt blamierte. Man hat sich geschworen, dass so etwas nie wieder passieren wird. Bleibt zu hoffen, dass das Real Madrid Island Resort kein Luftschloss bleibt.

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