
Mit Kindern durch die USA: New York, New York
Mit Kindern in den USA Auf kurzen Beinen durch New York
"Das Krümelmonster!", ruft mein Sohn begeistert. "Hä?" Erstaunt drehe ich mich um. Wir stehen mitten auf dem Times Square in New York und ich sehe: Leuchtreklamen, gelbe Taxen, Hochhäuser, sehr viele Touristen. Unser Sohn hat auf der anderen Straßenseite hingegen einen seiner größten Helden ausgemacht: das blaue, zottelige Krümelmonster aus der "Sesamstraße".
Die letzten vier Tage unserer fünfwöchigen USA-Reise verbringen wir in New York. Vor zwölf Jahren haben mein Mann und ich mehrere Wochen hier gelebt und Praktika gemacht, nun sind wir zurück: mit unserem Sohn, Spitzname: Nepomuk, fast sechs Jahre alt, und unserer zweijährigen Tochter, Spitzname Kleopatra. Die Beine unserer Kinder sind noch recht kurz für eine so große Stadt, darum erkunden wir New York diesmal mit einem Stadtplan speziell für Kinder . Er zeigt uns in bunten Bildern die schönsten Orte für Kinder und Eltern.
Und davon gibt es viele: das American Museum of Natural History oder das Children's Museum of Manhattan . Da ist das Intrepid Sea-Air-Space Museum auf einem Flugzeugträger im Hudson River. Allein im Central Park gibt es 21 Spielplätze.
New York sieht anders aus mit Kindern
Familienreisen sind eine ganz eigene Mischung aus Zeitraffer und Zeitlupe: anziehen, frühstücken, umziehen, Windel wechseln, auf geht's! "Ihr braucht zehn Minuten zur U-Bahn", sagen die Freunde, bei denen wir uns einquartiert haben, "na gut, mit Kindern vielleicht 20". Wir brauchen eine halbe Stunde bis zur Haltestelle, und kaum sitzen wir in der Bahn, schläft die Kleine auf dem Schoß ein, und der Große bekommt Mittagshunger.
New York sieht anders aus mit unseren Kindern: Auf die Skyline von Manhattan schauen wir vom Spielplatz und von den historischen Holzpferden auf Jane's Carousel im Brooklyn Bridge Park, am Times Square mogelt sich plötzlich das Krümelmonster auf unsere Fotos. Gegen den Mittagshunger unseres Sohnes halten wir Ausschau nach den blau-gelben Schirmen über den Hot-Dog-Wägelchen. Eine Städtereise mit Kindern ist wie eine Reise mit einer besonderen Lupe: Wir sehen nur wenige Orte, die aber bis ins kleinste Detail.
"Die ist ja voller Narben!", ruft Nepomuk im Museum an der Freiheitsstatue. Ich stehe noch vor den Infotafeln mit den schnöden Standardinformationen - ein Geschenk der Franzosen, das innere Gerüst baute der Eiffelturm-Architekt Gustave Eiffel, 1886 eingeweiht, von der Zehe bis zur Fackel rund 46 Meter hoch -, als der Sohn längst auf Tuchfühlung mit einer lebensgroßen Kopie von Miss Libertys Gesicht gegangen ist. Unsere Tochter schläft ihren Mittagsschlaf in ihrer alten Babytrage vor meiner Brust.
Krokodile unter Gullideckeln
"Narben?", frage ich verwirrt. "Ja, da", sagt unser Sohn, zeigt auf die Zickzacklinien über Wangen, Nase und Stirn der Statue und erklärt: "Da sind die Bronzeteile zusammengeschweißt worden. Das hat mir der Falke verraten." "Der Falke?" "Ja", antwortet Nepomuk und zeigt auf seinen Audioguide, den es auch in einer deutschsprachigen Kinderversion gibt: erzählt aus der Perspektive eines Falken, dessen Familie angeblich seit Generationen hier nistet und offensichtlich mit jeder Menge lustiger Informationen gespickt. "Hihi", kichert Nepomuk da schon vor der Kopie von Miss Libertys Füßen, "die hat Schuhgröße 879!"
Mein Mann und ich schalten unsere Erwachsenen-Audioguides aus, der Falke führt uns alle durch den Rest der Ausstellung. Auch auf Ellis Island, im Metropolitan Museum of Art oder im MoMA gibt es Audioguides speziell für Kinder. "Hier, unter den dampfenden Gullideckeln leben Krokodile", lese ich aus dem New-York-Kinderreiseführer "Für Eltern verboten" vor. "Das hat jedenfalls ein Kanalarbeiter behauptet, und viele New Yorker haben es sogar geglaubt."
Das Krümelmonster will nicht nur Kekse
Der Rückweg von der U-Bahn-Station zur Wohnung unserer Freunde dauert noch länger als eine halbe Stunde: Unterwegs gibt es zu viele Gullideckel, bei denen die Kinder durch die Schlitze in die New Yorker Unterwelt linsen wollen.
In Begleitung der Kinder wird auch für uns Erwachsene die vertraute Stadt noch spannender und liebenswerter - selbst das Krümelmonster auf dem Times Square. "Cookies, cookies, cookies", krächzt es zum Verzücken unseres Sohnes. Dann streckt es uns Eltern seine pelzige Hand entgegen: "Money, money, money!" Ich lege etwas Kleingeld darauf und scheuche dann schnell meine Familie weiter. Aus dem Augenwinkel sehe ich schon Bibo, Elmo und sogar Micky Maus kommen.
An der nächsten Straßenecke grummelt mein Mann über die Geldgier des Krümelmonsters, unsere Kinder schauen ihn fragend an. Vielleicht sollte man auch Touristenfallen besser aus ihren Augen sehen: "Das Krümelmonster muss sich ja neue Kekse kaufen können."