

Erin Sullivan
Fernweh-Fotos aus dem Wohnzimmer Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt
Seit Jahren schon teilt Erin Sullivan ihre Fotos von den schönsten Orten der Welt auf Instagram : Ayers Rock in Australien. Kanadas Wildnis. Die steilen Küsten Griechenlands.
Ein Foto von diesen Wundern der Natur zu machen, hat sie einmal gesagt, fühle sich für sie an, wie das Porträt eines geliebten Menschen zu malen. Sie nehme plötzlich jedes Detail der Schönheit wahr. Die verschiedenen Schichten des Himmels. Die Maserungen des Steins. Das war in einem TED-Talk, in dem Sullivan darüber sprach, warum Menschen das Bedürfnis haben, schöne Orte zu fotografieren. Es ging auch um die Frage, ob das Fotografieren nicht verhindere, dass man den Moment selbst genieße.
Aber was macht eine Reisefotografin, wenn sie nicht mehr reisen kann? Die Wüste? Sie ist ja momentan unerreichbar. Die Wildnis? Abgelöst durch den Park nebenan. Was also tun?
Sullivan, so schreibt sie auf Instagram, erinnerte sich an die Zeit, als sie noch ein Kind war und beim Blick unter die Bettdecke Abenteuerszenen vor sich sah. Und sie dachte sich, wo sie doch gerade so viel Zeit zu Hause verbringt, könnte sie diese inneren Bilder für ihre Kamera inszenieren. Seitdem verwandelt sie Bettdecken in Schluchten, Papiertüten in Canyons.

Great Indoors
Erin Sullivan
Sie hat sich dafür selbst vier Regeln auferlegt.
Erstens: Die Motive sollen aus Objekten und Lebensmitteln bestehen, die sie in ihrer Wohnung findet. Haushaltsgegenstände wie Kissenhüllen. Oder Zucker, oder Brokkoli.
Zweitens: Die Motive sollen so aussehen wie die Bilder, die sie sonst auch fotografiert.
Drittens: Sie benutzt das Bildbearbeitungsprogramm Photoshop – aber nur für Details und die Nachbearbeitung. Nicht für das Motiv an sich. Nicht um es erst entstehen zu lassen.
Viertens: Die Motive sollen so realistisch wie möglich aussehen.
"Erin's Great Indoors" heißt ihre Serie. Und sie hat ihre Follower dazu aufgerufen, unter dem Hashtag #ourgreatindoors ihre eigenen Miniaturwelt-Fotos zu posten.
All die Bilder erinnern tröstlich daran, dass man ja immer noch in eigene Fantasiewelten reisen kann, wenn Inseln im Pazifik unerreichbar sind.