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Reiseziele 2021 Geht's noch? Dahin schon
Die Hotels auf Sylt sind geschlossen, warum jetzt nicht einen Trip auf die Malediven buchen? Der Münchner Zoo ist verrammelt, warum dann Elefantenbabys nicht gleich auf einer Safari in Tansania besuchen? Für jene, die es bezahlen können, ist dies möglich, denn diese Ziele können bei Reiseveranstaltern in diesen Tagen gebucht und angeflogen werden. Trotz Coronakrise.
Die Nachfrage nach Zielen außerhalb der Heimat ist zwar verhaltener als in der Vor-Coronazeit, aber sie ist da: Bei TUI liegen zurzeit die Malediven bei den Fernstrecken vorn. Aber auch zu den Seychellen, nach Kuba und Dubai würde zurzeit gereist, sagt Aage Dünhaupt, Sprecher des größten deutschen Reiseveranstalters, bei der Mittelstrecke sind es die Kanaren. Der Reiseveranstalter Hauser Exkursionen führt in diesen Tagen eine Gruppe durch Namibia, auch Costa Rica, Kenia oder Kolumbien stehen auf der Liste der Trips, die durchgeführt werden.
Aber sind diese Länder nicht als Risikogebiete eingestuft? Zum Teil ja.
Wer zum Beispiel von Namibia in seine Wohnung in Hamburg zurückkehrt, muss sofort einen Test machen und darf fünf Tage lang weder einkaufen, spazieren gehen, den Hund ausführen noch Freund oder Freundin sehen. Noch nicht einmal nachts durchs Treppenhaus zum Briefkasten schleichen ist erlaubt. Wenn ein Corona-Test ab dem fünften Tag negativ bleibt, dann kann der Corona-Alltag wieder starten. Wer keinen Test machen möchte, muss insgesamt zehn Tage in Quarantäne bleiben. Isolationspflicht gilt auch für Urlauber, die zum Beispiel von Gomera, aus Dänemark oder Österreich heimkehren.
Die Regierung appelliert, die Menschen reisen
Für die meisten ist dies Grund genug, zu Hause zu bleiben. Manche Reisefans jedoch lassen sich nicht abschrecken. Die Corona-Müdigkeit wächst – und damit andererseits die Energie, aus dem Loop – Homeoffice oder Büro, einkaufen und auf den ewig gleichen Wegen spazieren gehen – auszubrechen. Hauser befragte seine Kundinnen und Kunden per Newsletter, ob sie in Länder reisen würden, nach dessen Besuch eine Rückreisequarantäne fällig wird. Ein Viertel antwortete mit Ja – dazu muss man wissen, dass seine Kunden meist keine Sonne-Strand-Pauschalurlauber sind, sondern zu den Reisenden gehören, die auch in Normalzeiten eher abenteuerliche Reisebedingungen auf sich nehmen.
Im Sinne der Bundesregierung sind Urlaubsreisen nicht – egal ob Malediven oder Mallorca, ob Kolumbien oder Kanaren, ob fern oder nah, mit Tests oder ohne. »Alle Bürgerinnen und Bürger bleiben aufgerufen, auf Reisen im In- und ins Ausland möglichst zu verzichten«, heißt es auf ihrer Webseite. »Jeder sieht ein, dass es nicht die Stunde ist, in der wir jetzt reisen«, hofft Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Zu der Gefahr der Ursprungsform des Coronavirus kommen jetzt die erhöhten Risiken immer neuer Mutanten wie B.1.1.7. Und die Liste der Risiko- und Hochrisikogebiete wird nicht kürzer. Nur noch für wenige Länder weltweit, die zurzeit Deutsche ins Land lassen, gilt keine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes – darunter Uganda, La Réunion oder Kuba.
Die Reisebranche zeigt sich verärgert über »das nüchterne Abraten vom Reisen und das Vertrösten auf bessere Zeiten«, wie Michael Frenzel vom Bundesverband der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW) in einem Statement zum Wirtschaftsgipfel mit Peter Altmaier sagte. Gesundheitsschutz bleibe wichtig, die Hygienekonzepte der Branche mit Tests, Desinfektionen und Fieber-Checks hätten aber bereits im vergangenen Jahr gut funktioniert.
Schnell- beziehungsweise Selbstteststrategien müssten her, fordert der BTW, dazu sichere Reisekorridore und ein Ende der Pflichtquarantäne. Ein internationaler Impfpass könne mittelfristig Freiheiten schaffen, es seien aber auch Alternativlösungen für Nichtgeimpfte nötig. »Eine faire und differenziertere Bewertung der Zielgebiete durch das Auswärtige Amt und das Robert Koch-Institut« wünscht sich etwa Hauser-Geschäftsführer Manfred Häupl. Sein Unternehmen – wie viele Reiseveranstalter – führt auch Trips in Risikoländer durch, Reisewarnungen hält er nicht mehr für relevant.
»Die Reisewarnungen haben sich inzwischen als untergeordnet und unbrauchbar herausgestellt«, sagt Häupl, »entscheidend sind die Ein- und Rückreisebestimmungen.« Also die Regeln, die eingehalten werden müssen, um die kein Urlauber herumkommt. Unter "Machbar+" bietet Hauser Reisen an, die keine Einreisequarantäne, aber eine Rückreisequarantäne verlangen, zum Beispiel nach Namibia, Tansania, Marokko oder Costa Rica.
Ziele hingegen, in denen Urlauber sich erst mal für Tage isolieren müssen wie etwa Nepal, steuert der Veranstalter zurzeit nicht an. Häupl hofft aber, dass das Himalaja-Land seine Pläne umsetzt, eine Einreise ohne Quarantäne bei geimpften Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu erlauben, die Seychellen haben dies bereits eingeführt.
Auch für TUI ist eine Reisewarnung kein Signal, eine Reise aus dem Programm zu werfen beziehungsweise nach der Corona-Zwangspause nicht wieder aufzunehmen. Pragmatisch wird das angeboten, was nachgefragt wird, »wo Partnergesellschaften hinfliegen und wir eigene Hotels haben«, sagt TUI-Sprecher Aage Dünhaupt: »Nach Dubai können wir die Emirates-Flüge nutzen, auf die Malediven fliegt Lufthansa zweimal die Woche ab Frankfurt.«
Auf den Seychellen – ein Hochinzidenzgebiet – müssen Urlaubende im Hotel zunächst in Quarantäne, aus der sie sich erst am sechsten Tag frei testen lassen können. Wer dort hinfliegt, sagt Dünhaupt, würde sich sowieso eher nicht aus seinem Resort rausbewegen. In den kleinen Resorts der Inselstaaten »fühlen sich die Urlauber sicher und geborgen«.
Kreta auf Platz eins bei TUI
Während Namibia- und Malediven-Reisende in diesen Wochen die Sonne auf der Südhalbkugel genießen, plant der Großteil der Urlauber seine Trips für den Sommer oder später – wohl in der Hoffnung, dass die Pandemie sich abschwächt, Maßnahmen sich lockern oder bis dahin gar ein Impftermin zu ergattern war.
»Die Mehrzahl der Buchungen liegt im zweiten Halbjahr 2021«, sagt Hauser-Chef Häupl, ein Nischen-Reiseziel liegt bei ihm vorn: Grönland – vielleicht weil das Eis unendlich viel Platz zu haben scheint? Nepal, Italien, Tansania, Georgien, Namibia und Japan folgen auf der Hitliste. Häupl hofft, dass schon im Frühsommer Wanderziele in Europa gebucht werden.
Freie Einreise für Geimpfte
Im internationalen Reiseverkehr deutet sich eine interessante Entwicklung an: Wer bereits gegen das Coronavirus geimpft ist oder eine Infektion nachweislich durchgestanden hat, darf wieder ohne Auflagen wie Testpflicht oder Quarantäne die Grenze überqueren. Während in der Europäischen Union (EU) noch über einen Impfpass für Reisende diskutiert wird, haben ein paar Länder und Reiseziele bereits Fakten geschaffen. Eine Übersicht (Quelle: dpa, Stand 26.2.):
Auf der beliebten portugiesische Urlaubsinsel im Atlantik entfällt die Pflicht zur Vorlage eines negativen PCR-Tests für Reisende, die bereits vollständig geimpft sind. Die Impfbescheinigung muss laut Tourismusbüro in englischer Sprache vorliegen und wichtige Daten wie Name, Geburtsdatum, Art des Impfstoffs und Impfdatum enthalten. Die Testpflicht entfällt außerdem für Personen, die eine Corona-Infektion in den vergangenen 90 Tagen bereits durchgemacht haben und dies mit einer ärztlichen Bescheinigung belegen können. Alle anderen Besucher der Insel müssen weiterhin einen negativen PCR-Test vorlegen.
Deutschland steht zurzeit auf der Länder-Liste der estnischen Außenministeriums, für die eine Einreise mit negativem Test, aber ohne Quarantäne erlaubt ist. Für alle anderen Länder gilt: Wer innerhalb der zurückliegenden sechs Monate gegen das Coronavirus geimpft wurde oder nachweislich von Covid-19 genesen ist, darf ohne Quarantäne-Auflange einreisen. In beiden Fällen sind ärztliche Nachweise vorzulegen, nachzulesen etwa in den Reise- und Sicherheitshinweisen des Auswärtigen Amtes (AA) für Estland.
Litauen gilt zurzeit als Risikogebiet, gibt das Auswärtige Amt an. Deutsche dürfen einreisen, wenn sie einen negativen Test bei der Einreise und kurz nach der Einreise vorlegen können und eine mindestens siebentägige Quarantäne einhalten. Wer in den vergangenen drei Monaten an Covid-19 erkrankt war oder bereits zwei Impfdosen erhalten hat und das belegen kann, darf ohne Quarantäne einreisen.
Im Nachbarland entfallen zehntägige Quarantänepflicht und Corona-Testpflicht unter anderem für Personen, die nachweislich gegen das Virus geimpft wurden. Um die Quarantäne ansonsten zu vermeiden, brauchen alle anderen Touristen einen negativen PCR-Test, der nicht älter als 48 Stunden sein darf, so das Auswärtige Amt.
Auch in diesem Land wurde die Testpflicht unter anderem für Reisende aufgehoben, die nachweislich geimpft oder in den vergangenen 90 Tagen von Corona genesen sind. Die zweite Impfdosis muss laut AA mindestens zehn Tage vor Einreise nach Rumänien verabreicht worden sein. Bei überstandener Infektion müssen mindestens 14 Tage ab Testergebnis bis Einreise verstrichen sein. Eine Quarantänepflicht gilt für deutsche Einreisende derzeit nicht.
Das Kaukasus-Land erlaubt die uneingeschränkte Einreise auf dem Luftweg für Personen, die vollständig gegen das Virus geimpft sind und einen Nachweis darüber haben. Bei einem Impfstoff, der zweimal gespritzt werden muss, sind beide Dosen nötig. Alle anderen benötigen einen PCR-Test, der nicht älter als 72 Stunden sein darf. Ein weiterer Test ist dem AA zufolge nach Einreise nötig.
Das Land am Mittelmeer kommt mit dem Impfen gut voran – und räumt Geimpften entsprechend wieder größere Freiheiten ein. Das gilt auch für Ausländer, die ins Land kommen wollen. Ausnahmen von der Test- und Quarantänepflicht bestehen laut Informationen des AA für Reisende, die nachweisen können, bereits geimpft worden oder bereits an Covid-19 erkrankt gewesen zu sein.
Das Land erlaubt Menschen die Einreise, die nachweislich von einer COVID-19-Infektion genesen sind. Auch wer einen Impf-Nachweis gegen Covid-19 vorlegen kann, ist von Tests und Quarantäne befreit. Wie das Auswärtige Amt in seinen Hinweisen angibt, müssen alle anderen sowohl vor Einreise (Ergebnis nicht älter als 72 Stunden), bei Einreise, als auch nach fünf bis sechs Tagen negative PCR-Tests vorweisen. So lange muss eine häusliche Quarantäne eingehalten werden.
In dem Inselstaat im Indischen Ozean entfällt zumindest die Quarantänepflicht für Reisende, die eine vollständige Impfung nachweisen können. Die Impfung muss zwei Wochen zurückliegen, heißt es in den Reisehinweisen des AA. Allerdings: Ein negativer PCR-Test nicht älter als 72 Stunden ist weiterhin vorzulegen.
In absoluten Zahlen bleibt die Reisefreude wohl noch deutlich gedämpft – für ein Ranking der Urlaubsbuchungen reicht es aber auch bei TUI: Für den Sommer zeigt es eher die näheren Ziele – und vor allem Inseln, Inseln, Inseln: Kreta vertreibt Mallorca von Platz eins der beliebtesten Reiseziele, Rhodos und Kos liegen gleich dahinter. Griechenland war schon 2020 der Hit – da waren die Infektionszahlen noch niedrig –, und scheint es auch im kommenden Sommer zu werden. Auch die Türkische Riviera und die Kanaren sind unter den Top Ten bei TUI.
Einfacher wird die Reiseplanung für Urlauber und Reiseveranstalter erst wieder, wenn sich die Grenzen öffnen und zumindest Quarantäneregeln aufgehoben werden. Werden Impfausweise die Lösung sein? Innerhalb der EU sind sich die Länder bisher nur einig, dass es solche Pässe geben soll. Ob sie aber die Reisefreiheit erlauben, dazu gibt es bisher noch keine gemeinsame Linie. Unter anderem Estland, Rumänien und Polen jedenfalls befreien geimpfte Einreisende bereits von der Quarantäne. Und auch außerhalb der EU werden vermutlich mehr und mehr Länder dem Beispiel der Seychellen und etwa auch Island folgen.
Für jene, die auf absehbare Zeit keinen Impftermin ergattern können und sich nach einer Urlaubreise nicht in Quarantäne begeben wollen, bleibt zunächst eins: die Hoffnung, zumindest im Inland einen Sommertrip unternehmen zu können. »Bayern und die deutsche Ostseeküste sind in diesem Jahr gefragter denn je«, verkündet TUI.