
Santiago de Cuba: Stadt des Son
Kubas berühmteste Musikkneipe Tanztee mit Rum
Santiago de Cuba - Auf die zusammengezimmerte Bühne passt gerade eben eine Band, die Tanzfläche davor ist nicht viel größer. Die Tische in dem Raum mit großen Fenstern und alten Holzbalken an der Decke sind eng gestellt. Es ist wenig Platz für die vielen Besucher, die in die "Casa de la Trova" strömen, Kubas wohl berühmteste Kneipe. Hier in der Altstadt von Santiago de Cuba huldigen die Einheimischen dem Son, dem Musikstil, den der Buena Vista Social Club weltberühmt gemacht hat.
Immer abends gibt es im ersten Stock eine Show für Touristen - mit viel Tamtam und den typisch kubanischen Rhythmen. Nur an den späten Nachmittagen gehört die unscheinbare Kneipe den Kubanern allein. Die Santiagueros treffen sich dann nicht oben im Ballsaal, sondern unten in dem Raum mit der kleinen Bühne. Keiner macht sich besonders hübsch, die meisten Besucher tragen Jeans und T-Shirt. Nur einige Alte haben ihren guten Anzug hervorgeholt. Es ist Open Stage - jeder, der will, darf etwas aufführen.
Zwei Jungs singen, als blonde Popsängerinnen verkleidet, Playback. Ein anderer johlt Geburtstagsgrüße durch das Mikrofon. Meistens wird das Publikum aber mit traditionellem Son beschallt oder Salsaklänge animieren zum Tanzen. Die Refrains kann jeder im Raum mitsingen.
Es gibt einen Moderator, der die Beiträge ankündigt. Aber die Zuhörer - rund 100 Menschen haben im Raum Platz, die anderen stehen draußen vor dem Fenster - rufen dem Moderator in die Ansage hinein. Eine Band begleitet die Sänger und untermalt die Einlagen.
Po an Po, Arm an Arm
Dann verstummt das konstante Gemurmel im Saal. Die Stühle werden beiseite geschoben. Die Leute fangen an, zwischen den Stuhl- und Tischreihen zu tanzen. Oder versuchen es zumindest. Echte Salsaschritte bekommt man so eng gedrängt - Po an Po, Arm an Arm - kaum hin. Spaß haben trotzdem alle.
Rumflaschen kreisen über die Tische. Eine besondere Sorte des Getränks gibt es bei einer Lotterie zu gewinnen. Vor der Verkündung des Tagessiegers peitscht sich die Menge hoch, der Moderator lässt Revue passieren, wer letztes Mal gewonnen hat. Und wehe, einer hat schon zweimal den Preis abgeräumt - er hebt drohend den Zeigefinger und lacht.
Hier treffen sich die Bewohner von Santiagos Altstadt. Die weltberühmte "Casa de la Trova", wo schon der Beatle Paul McCartney über mehrere Wochen jeden Tag an einem Tisch gesessen haben soll, wird dann zum Schauplatz eines Dorffestes. Touristen verirren sich zu dieser Veranstaltung nur selten. Wenn, dann sind es welche, die zufällig vorbeikommen. Oder sie werden mitgebracht. Zum Beispiel von Maritza, die eine kleine Pension führt. Sie setzt ihre Gäste an einen der begehrten Holztische und fragt, ob sie nicht einen ausgeben wollen - für die Nachbarschaft.
Und die Aufführenden springen herbei und drängen die Fremden, ihre CDs zu kaufen. Damit finanzieren sie ihr Hobby oder ihr berufliches Dasein als Musiker. Und schließlich ist die "Casa de la Trova" für sie heute ja auch umsonst - für die Touristenaufführungen im ersten Stock am Abend wird immer Eintritt fällig.
