Solartaxi in Detroit Keine Fotos, bitte!
Um 6.30 Uhr morgens muss ich mit dem Solartaxi in der State Street stehen, direkt vor der großen Fensterfassade, hinter der die Morning News auf Channel 7 präsentiert werden. Die Moderatoren haben sich heute einen besonderen Spaß ausgedacht: Sie kommen alle aus dem Studio raus und moderieren die Verkehrs-News aus dem Solartaxi.
Die nächste Stadt, South Bend, war einst der Heimatort der legendären Automarke "Studebacker". Doch die Stadt scheint seit der Pleite der Firma vor gut 40 Jahren ebenfalls dem Untergang geweiht zu sein. Viele Obdachlose, abgebrannte Häuser, Autowracks und eine allgemeine Verwahrlosung sorgen für den ersten Eindruck. Wir halten bei der Feuerwehr und dürfen da übernachten, die diensthabende Mannschaft freut sich über die Abwechslung.
Die Rettung für South Bend hieß in den letzten Jahren "Hummer". Hier wird der größte Spritfresser aller Zeiten hergestellt, das wollen wir uns ansehen. Kaum fahren wir über den Parkplatz, schleicht bereits so ein riesiges Geländefahrzeug mit der Aufschrift "Security" hinter uns her. Ein Solarfahrzeug auf dem Angestelltenparkplatz ist natürlich suspekt. Doch es dauert nicht lange, dann sind wir in ein freundliches Gespräch mit den Sicherheitsleuten verwickelt. "Klar, fotografieren dürft ihr hier alles. Hier werden die "Hummer" für das Militär hergestellt."
Spritfresser in der Krise
Als wir auf die Rückseite des Geländes weiterfahren, hält uns die Security erneut an. "Hier werden die zivilen Hummer hergestellt, hier dürft ihr nicht fotografieren!" Wir staunen über diese Logik, doch irgendwann leuchtet auch dies ein. Der Parkplatz bei den Zivilfahrzeugen ist nämlich fast leer. Die Belegschaft ist im Zwangsurlaub. "Wir können nicht mehr so viele "Hummer" herstellen wie früher, sie sind nicht mehr so beliebt, deshalb brauchen wir eine neue, langsamere Fertigungslinie. Bis die in Betrieb ist, bleiben die Leute zu Hause", sagt der Sicherheitsbeamte.
Wir hören, dass allein Ford in der Umgebung von Detroit die Produktion von 700.000 Fahrzeuge gestrichen hat. Und General Motors, noch bis vor einem Jahr der größte Autohersteller der Welt, hat letztes Jahr einen Rekordverlust eingefahren. Blüht Detroit bald das gleiche Schicksal wie South Bend?
Die miserable Straße dorthin lässt das Solartaxi fast auseinanderbrechen: Zuerst fällt uns das Autoradio fast auf den Kopf, denn die Schrauben haben sich alle gelöst. Dann können wir nicht mehr starten, erst ein heftiger Schlag von Franks Faust gegen die Elektronikbox lässt uns weiterfahren. Wir haben keine Ahnung, weshalb es nicht lief, und nun erst recht keine Ahnung, weshalb alles plötzlich wieder geht. Dann fällt auch noch die Stofftür ab. So einen Tag hatten wir noch nie - die schlechte Straße macht alles kaputt.
Chevi Volt als Zukunftshoffnung
Im Detroiter Hauptquartier von General Motors haben uns John Lockner und Rob Petersen zum Mittagessen eingeladen. Die ganze Hoffnung der USA, dass GM die Kehrtwende doch noch schafft und nicht wie die "Titanic" untergeht, ruht womöglich auf diesen beiden Herren. Sie gehören zu den führenden Kräften, die das Projekt "Chevi Volt" vorwärts bringen, das erste in Großserie hergestellte Elektroauto der Welt. "Schafft ihr es, das Fahrzeug bis Ende 2010 auf den Markt zu bringen?", frage ich John. "Ich fühle mich mit diesem Zeitplan nicht allzu wohl, aber wir schaffen es", meint John.
Um den Chevi Volt ist ein Hype ausgebrochen, wie es GM wohl noch nie gesehen hat. Die ersten 65 Kilometer soll der Wagen nur mit Strom aus der aufgeladenen Batterie fahren können, was für die tägliche Fahrt zur Arbeit meistens reicht. Danach wird ein Benzinmotor zugeschaltet, so dass der Wagen mit Hybridantrieb weiterfahren kann. "Die Leute haben Angst, dass sie mit reinem Batterieantrieb plötzlich stehenbleiben. Mit einem zusätzlichen Benzinmotor können wir ihnen diese Angst nehmen. Wir sind die Ersten, die so etwas auf den Markt bringen", meint Robert stolz.
Und es ist ein gutes Gefühl zu sehen, dass das Interesse am Chevrolet Volt enorm zugenommen hat. Dieses Treffen hat uns zuversichtlich gestimmt, dass hier in den USA nicht nur über den hohen Benzinpreis geklagt wird, sondern dass auch an Lösungen gearbeitet wird, die erschwinglich sind. Amerika - weiter so!