Tourismus in Sri Lanka "Das Ausland müsste mit Know-how helfen"

Sri Lankas Bürgerkrieg ist nach 26 Jahren endlich beendet, doch Touristen kommen noch zögerlich in das frühere Urlaubsparadies. SPIEGEL ONLINE sprach mit dem Reiseveranstalter Hiran Cooray über Kriegsschauplätze als Besucherattraktion und Surferspots zwischen Armeeposten.

SPIEGEL ONLINE: Von Januar bis Mai kamen kaum mehr als 11.000 Deutsche nach Sri Lanka, fast ein Drittel weniger als in der ohnehin schon schwachen Vorjahresperiode. Und sie sind, nach Briten, Indern und Maledivern, immerhin die viertgrößte Besuchergruppe. Sind Sie trotzdem optimistisch für die ab Spätsommer, nach der Regenzeit, beginnende Hauptsaison?

Cooray: Deutschland ist einer der wichtigsten Märkte für uns - wir hatten allerdings unsere Probleme damit, dass Ihr Botschafter in Colombo, Jürgen Weerth, die militärische Strategie unserer Regierung kritisierte. Aber das hat sich ja zum Glück erledigt, und was die Zahlen betrifft, so muss man sagen, dass immerhin 90 Prozent der einreisenden Deutschen und Briten Urlauber sind, im Unterschied zu vielen Indern und Maledivern, die aus beruflichen Gründen das Land besuchen oder um Verwandte zu sehen.

Wir intensivieren jetzt unsere Anstrengungen in Richtung Europa, zuletzt haben wir uns auch verstärkt um Touristen aus Indien und China bemüht. Bis sich die Besucherzahlen aus dem Westen wieder auf das alte Niveau einpegeln, braucht es sicherlich noch einige Zeit.

SPIEGEL ONLINE: Erkennen Sie denn auch an Ihren Statistiken, dass der Krieg vorbei ist?

Cooray: Seit der Kapitulation der Tamilen-Tiger, der LTTE, am 17. Mai verzeichnen viele Hotels wieder eine kontinuierliche Zunahme von Übernachtungen.

SPIEGEL ONLINE: Sri Lanka ist berühmt für seine Strandhotels im Süden und für zahlreiche buddhistische Sehenswürdigkeiten und Heiligtümer. Ließe sich der befreite Osten, beispielsweise ein für Surfer interessanter Ort wie Arugam Bay, zumindest als Geheimtipp vermarkten - die meisten Fernreisenden dürften die Gegend ja noch nicht kennen?

Cooray: Naja, das wäre nicht mehr als eine Nische, auch wenn man in den Guest Houses dort anständige Zimmer schon für 15 Euro bekommt. Insgesamt ist die Infrastruktur im Osten kaum oder gar nicht entwickelt, in der Hafenstadt Batticaloa gibt es zum Beispiel kein Hotel für gehobene Ansprüche. Allerdings sind 20 Millionen Dollar für die Entwicklung dieser Region in der Pipeline.

SPIEGEL ONLINE: Reicht denn das?

Cooray: Eine weitere Idee besteht darin, auf das Engagement von Freiwilligen zu setzen. Der tamilischen Zivilbevölkerung - das hat jetzt nicht unmittelbar mit Tourismus zu tun - könnte beispielsweise mit Gemeinschaftsküchen geholfen werden, insbesondere im Norden, wo bis zuletzt gekämpft wurde. Solche Konzepte können helfen, auf Sri Lanka einen Zustand der Normalität wiederherzustellen, und wenn in den Schulen wieder landesweit die englische Sprache gelehrt wird, wie wir Touristiker es befürworten, profitieren auch ausländische Gäste davon.

SPIEGEL ONLINE: Wovon könnten die angelockt werden, was ist in Gegenden attraktiv, wo jetzt noch massenhaft die Armee patrouilliert?

Cooray: Nahe Arugam gibt es zum Beispiel ein Naturschutzgebiet mit zahlreichen Tieren, vor einem Vierteljahrhundert haben viele Deutsche und Skandinavier dorthin Abstecher gemacht, auf so etwas sind die Leute scharf. Dass jetzt die Öffnung der Krisenregionen so schleppend verläuft, ist frustrierend, wenn auch verständlich. Für unser Land ist es ein erkennbarer Verlust, dass die gewiss hart arbeitende Minderheit der Tamilen so lange vom Rest der Nation abgekoppelt war.

SPIEGEL ONLINE: Bleibt es denn gefährlich, als Ausländer dorthin zu reisen?

Cooray: Selbst in den schlimmsten Phasen des Krieges sind Touristen nie Ziele von Anschlägen der Tamilen-Tiger gewesen. Man hätte ja auch nichts gewonnen, wenn man ihnen geschadet hätte, und das gilt nach wie vor. Zurzeit haben wir als Veranstalter leider noch keine fertigen Produkte, Pauschalangebote oder ähnliches, die wir für diese Gebiete anbieten könnten. Interessant wäre vermutlich eine Art Nachkriegstourismus wie in Vietnam, die Besichtigung ehemaliger Kampfstellungen und ähnliches.

SPIEGEL ONLINE: Wie wichtig ist der Tourismus für Sri Lanka?

Cooray: Er rangiert immer noch unter den vier wichtigsten Devisenquellen. Die anderen sind Tee, Textilien und die Geldtransfers von Landsleuten aus dem Ausland. Der Tourismus hat sicherlich das größte Potential, aber ich rechne mit einer Erholungsphase von rund drei Jahren. Zudem müsste das Ausland wieder in den Sektor investieren, sich an Joint Ventures beteiligen, mit Know-how und Erfahrung helfen. Bessere Boote für das Whale Watching finanzieren, um nur ein Beispiel zu nennen. Und die Reisewarnungen müssten endlich aufgehoben werden, wie sie ja auch das deutsche Auswärtige Amt noch aufrecht erhält.

SPIEGEL ONLINE: Und dann schweben wieder die Charterflieger ein?

Cooray: Die TUI schwankt meines Wissens derzeit noch zwischen Nepal und Sri Lanka. Condor und LTU wollen aber ab September definitiv einmal pro Woche Colombo anfliegen.

Das Interview führten Rüdiger Falksohn und Padma Rao
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