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Tour zum Mount-Everest-Basislager: Umringt von Achttausendern

Foto: Maria Christoph

Trekking zum Everest-Basislager Urlaub auf die harte Tour

In 5000 Metern Höhe dröhnt mir der Kopf, der Sauerstoffmangel bringt mich um den Schlaf, die heiße Dusche ist Luxus. Urlaub im höchsten Gebirge der Welt: Warum tue ich mir das an?

"No hot shower today", sagt der Lodge-Besitzer, ein hagerer Nepalese in Schal, Wollmütze und dicker Softshell-Jacke. Er steht vor mir in einem langen Gang, von dem kleine Schlafzimmer abzweigen, die Wände kaum dicker als Spanplatten. Ich bin im Dorf Lobuche, rund 5000 Meter über dem Meeresspiegel, mitten im Himalaya - auf dem Weg zum Basislager des Mount Everest.

Heiße Duschen sind hier oben ein Luxus. Bei minus vier Grad im Zimmer würde ich am Morgen ohnehin lieber im Schlafsack verpackt und mit zwei Decken darüber liegen bleiben. Die Toilettenspülungen im ganzen Haus sind eingefroren, ebenso das Wasser in den Regentonnen und im Plumpsklo auch. Dann eben das klamme Handtuch durchs Gesicht und ein kurzer Sprint zum Zähneputzen.

So läuft das auf dieser Tour im Himalaya jeden Morgen ab - und immer wieder stelle ich mir die Frage: Warum tue ich mir solche Strapazen im Urlaub an, in der Zeit, in der andere die Erholung vom Alltag suchen?

13 Tage mit zwölf Kilo Gepäck

Nepal im November, das bedeutet nicht nur klirrende Kälte bei Nacht, sondern auch eine klare Sicht auf die Gebirgskette des Himalaya bei Tag, keine Wolke am Himmel, nur Hubschrauber, die sich wie Libellen zwischen den Bergen bewegen. Die Achttausender werfen lange Schatten über das Tal, die Landschaft ist eine Gesteinswüste.

Der Anblick ist atemberaubend und der Grund dafür, warum ich mich auf den Weg gemacht habe. So wie die vielen Bergtouristen, die aus aller Welt anreisen, um die Faszination Everest zu erleben. So wie die vielen Profi-Kletterer, die an den Achttausendern immer neue Herausforderungen suchen - wie auch der Schweizer Ueli Steck, der vergangenes Wochenende tödlich am Nuptse verunglückte.

Die Gipfel des Himalaya sind einige Nummern zu groß für mich. Ich will lediglich die Tour zum Everest-Basislager schaffen und in zwei Wochen wieder im Tal sein. Das bedeutet 13 Tage lang sechs Stunden wandern, mit zwölf Kilo Gepäck auf dem Rücken und einer einfachen Landkarte in der Hand.

Die Route führt quer durch die nepalesische Region Khumbu bis nach Gorak Shep, dem Ort, an dem die meisten Touristen nicht länger als eine Nacht aushalten. Er liegt auf 5207 Metern - zum Vergleich: Der Gipfel des Mont Blanc ist 4810 Meter hoch. Von hier aus ist es nur noch ein paar Stunden bis zum Basislager, von wo vor allem im Mai die Expeditionen hoch zum Everest starten.

Knoblauchsuppe gegen die Kopfschmerzen

Zehntausende passieren zur Trekkinghochsaison das Tor zum Sagarmatha-Nationalpark im Nordosten Nepals. Das Land gilt als Sehnsuchtsort, die meisten Urlauber kommen immer wieder hierher. In den Achtzigern war es das Shangri-La der Hippies, ein unberührtes Paradies auf Erden.

Außer Wanderern, Trägern und Lodge-Besitzern verirrt sich zu dieser Jahreszeit kein Mensch so weit nach oben, nicht mal die Einheimischen. Säcke mit Reis, Wasser und Whisky, rohes Fleisch und Eier werden auf dem Rücken von Eseln und Yak-Rindern oder von einheimischen Trägern, die meist nur Sandalen tragen, bis auf 5000 Meter geschleppt. Oder in den nächsten Hubschrauber geworfen, der Höhenkranke zurück ins Tal bringt.

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Tour zum Mount-Everest-Basislager: Umringt von Achttausendern

Foto: Maria Christoph

In Lobuche war ich am Abend zuvor angekommen, das kleine Sherpa-Dorf liegt nur etwa einen Tagesmarsch Gorak Shep und dem Basislager entfernt. Vor der "Above the clouds"-Lodge standen die schnaufenden Yaks und nagten an alten Pappschachteln. Gras wächst auf 4940 Höhenmetern nicht mehr.

Mehr als eine Knoblauchsuppe gegen die Kopfschmerzen ging nicht runter. Mit steigender Höhe sinkt der verbleibende Sauerstoffgehalt im Blut, auf 5000 Metern ist der nur noch halb so hoch wie auf Meereshöhe. Man atmet quasi doppelt so viel und ist trotzdem ständig außer Puste. Vor allem als untrainierte Hobby-Bergsteigerin, die ab und zu mal in den Alpen wandern geht.

Im großen Aufenthaltsraum prosteten sich Wanderer aus allen Teilen der Erde mit Everest Beer zu, das Ziel der Reise ist fast erreicht. Eine schlanke Brünette aus Australien will ihren 50. Geburtstag im Basislager feiern, ohne Mann und Kinder. Warum? Einfach mal was Außergewöhnliches machen, was man später stolz den Freundinnen erzählen kann. Sie sagt, ihr Sherpa hätte ihr sogar einen Kuchen hochgetragen.

Ein 71-jähriger Australier in türkisfarbenem Retro-Anorak und beiger Trekkinghose überholte mich bereits unterwegs. "How you doin'?", rief er und stützte sich auf seinen zwei Alu-Wanderstöcken ab. Was führt ihn her? Er habe 1972 versucht, den Mount Everest zu besteigen, und komme nun, nach über 40 Jahren, mit seinem Sohn zurück, wahrscheinlich das letzte Mal. Viel habe sich seitdem verändert.

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Foto: Corbis

Ein Ehepaar aus Panama, er Kolumbianer, sie Kanadierin, beide Mitte 50, stehen am Anfang ihrer Weltreise. Sie sind ausgerüstet mit Tropenhüten mit weiter Krempe, dazu zwei Bambusrohre als Wanderstöcke. Die beiden träumen bereits von wärmeren Orten, doch Wandern im Himalaya - das stand von Anfang an auf ihrer Bucket List.

Ein tschechischer Kriminalpolizist, Mitte 30, wurde von seiner Freundin "überredet", sagt er. Sie wollte "Aktivferien", er Strandurlaub. Sie habe sich schließlich durchgesetzt. Die Erholung müsse er dann wohl in Tschechien nachholen, sagt er.

Wer es am nächsten Tag bis Gorak Shep und weiter bis zum Basislager geschafft hat, weiß spätestens dort wieder, warum er seinen Urlaub bei minus vier Grad in spärlichen Holzhütten verbringt und nicht am Strand von Koh Samui. Es geht nicht um Komfort. Es ist einer dieser Urlaube, die eine Herausforderung sein soll. Je ungewöhnlicher, desto besser vergisst man den Alltag.

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