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Balearen im Stresstest So geht der Mallorca-Urlaub

Knapp 11.000 Deutsche dürfen ab Montag auf die Balearen reisen. Spanien will mit diesem Pilotprojekt testen: Wie funktioniert Urlaub in der Corona-Pandemie? Ein Überblick.

Dürfen Touristen ab 15. Juni wieder auf die Balearen reisen?

Nein, ab Montag, 15. Juni, dürfen lediglich 10.900 Deutsche nach und nach auf die Balearen. Die Zentralregierung in Madrid hatte am Montag nach tagelangen zähen Verhandlungen grünes Licht für dieses Pilotprojekt gegeben. Generell öffnen Spaniens Grenzen erst am 1. Juli offiziell für Touristen. Und sogar die Spanier selbst dürfen sich erst nach dem Ende des Ausnahmezustands am 21. Juni wieder frei im Land bewegen.

Mallorca, Ibiza, Menorca und Formentera wollen mit dem Projekt den Ernstfall für den Sommerurlaub während der Corona-Pandemie testen. Man wolle prüfen, ob die Sicherheitsvorkehrungen unter anderem an den Flughäfen und in den Hotels funktionieren, sagte Regionalpräsidentin Francina Armengol am Dienstag in Palma de Mallorca: "Die Sicherheit der Einheimischen, des Personals und natürlich der Gäste steht im Mittelpunkt."

Im Vergleich: Die 10.900 Urlauber sind 0,91 Prozent der Touristen, die in der zweiten Junihälfte 2019 auf den Balearen Urlaub machten.

Wieso dürfen nur Deutsche kommen?

Deutschland sei aus zwei "offensichtlichen" Gründen für dieses Pilotprojekt ausgewählt worden, sagte Armengol: "Deutschland ist das Land, aus dem am meisten Urlauber zu uns kommen, und die epidemiologischen Zahlen sind den unseren sehr ähnlich."

Die vielen Briten, die sonst den Deutschen auf Mallorca als größte Besuchergruppe "Konkurrenz" machen, haben das Nachsehen. Ein Pilotprojekt mit ihnen sei nicht vorgesehen, sagte Gesundheitsminister Iago Negueruela. Die epidemiologische Lage in Großbritannien sei nicht so wie auf den Balearen. Großbritannien sei ja zudem nicht im Schengenraum, lautete die zweite Erklärung des Ministers.

Wer ist am Pilotprojekt beteiligt?

An dem Projekt beteiligen sich vier örtliche Hotelketten und auf deutscher Seite die Reiseveranstalter TUI, DER Touristik und Schauinsland-Reisen. Auf Mallorca sollen die deutschen Urlauber nach Angaben des TUI-Sprechers Aage Dünhaupt in fünf Hotels untergebracht werden. Nach Medienberichten befinden diese sich an der Playa de Palma und in der Bucht von Alcúdia.

  • TUI rechnet damit, von den 10.900 Plätzen ein Kontingent von mehr als 4000 Plätze zu erhalten, wie Sprecher Dünhaupt dem SPIEGEL sagte. Zunächst werde sich der Veranstalter auf Mallorca konzentrieren, wo er mit zwei Hotels der RIU-Kette an der Playa de Palma zusammenarbeitet. Später könnte aber etwa auch Ibiza hinzukommen. TUI wird seine Gäste bereits am Montag mit der eigenen Marke TUIfly nach Mallorca bringen: Am 15. Juni sollen in Düsseldorf und Frankfurt/Main zwei TUIfly-Maschinen mit je rund 180 Plätzen starten. Am Donnerstag sowie am darauffolgenden Montag würden je zwei weitere Flüge angeboten.

  • DER Touristik wird wohl etwas länger brauchen, um Gäste nach Mallorca zu bringen: "Noch im Juni wird im Detail getestet, wie die neuen Vorschriften zum Schutz der Gäste umgesetzt werden", hieß es gegenüber dem SPIEGEL. Sobald alle Kriterien erfüllt seien, starte die Sommersaison 2020 mit DER Touristik auf Mallorca. Wann genau der Reiseveranstalter seinen ersten Flug starten wird, stehe heute noch nicht final fest.

  • Der Veranstalter Schauinsland-Reisen lässt sich ebenfalls Zeit und will ab 15. Juni zunächst vor Ort in einem Hotel mit Mitarbeitern Abläufe testen. "Ab dem 27. Juni werden wir die ersten Gäste vor Ort begrüßen", sagte eine Sprecherin.

Wer darf mit?

Wie die Anzahl der Pilotprojekt-Gäste kontrolliert wird, darüber gibt es noch unterschiedliche Aussagen: Laut TUI-Sprecher Dünhaupt werden den Reiseveranstaltern bestimmte Kontingente von den verfügbaren Plätzen zugewiesen, diese bieten sie in Kombination mit Flügen an - bis sie ausgebucht sind. Nach Aussage einer RIU-Sprecherin werden die Plätze "von der Regierung durch die Genehmigung der Flüge kontrolliert, die eine maximale Kapazität haben".

Ab Montag, 15. Juni, würden die Urlauber des Pilotprojekts per Flugzeug nach und nach innerhalb von 14 Tagen ins Land gelassen, sagte Negueruela. Es dürften innerhalb des Kontingents aber nicht nur Hotelgäste, sondern auch Deutsche einreisen, die einen Zweitwohnsitz auf den Inseln besitzen. Die Urlauber müssten mindestens fünf Tage auf den Inseln bleiben.

Was erwartet die Touristen auf der Insel?

Die Urlauber des Pilotprojekts müssten sich nach der Einreise nicht zunächst in Quarantäne begeben, erklärte Armengol. Bei Einreisen aus dem Ausland ist dies ansonsten in ganz Spanien bis 21. Juni vorgeschrieben. Ein Covid-19-Test wird nicht verlangt werden, aber: "Die Reisenden müssen im Flugzeug ein Gesundheitsformular ausfüllen, und nach der Landung wird auf den Flughäfen die Temperatur gemessen." Wenn ein Tourist keine Symptome aufweise, könne er sich dann sofort in seine Unterkunft begeben, sagte Armengol.

Alle Besucher bekommen eine Nachricht auf ihr Handy mit Notrufnummern und Anweisungen für den Fall einer Corona-Infektion. Auch während ihres Aufenthalts werden sie von den Gesundheitsbehörden per Telefon kontrolliert. Touristen wie Einheimische müssen in der Öffentlichkeit eine Maske tragen.

Alcúdia zum Beispiel, wo sich an dem Projekt beteiligte Hotels befinden, hat seit Montag seine Strände wieder geöffnet. Wie das "Mallorca Magazin" berichtet, betragen die Sicherheitsabstände zwischen Sonnenliegen acht Meter und zwischen den Liegen und dem Meer ebenfalls acht Meter.

Was ist, wenn ein Tourist an Covid-19 erkrankt?

Sollte ein Tourist Covid-19-Symptome aufweisen, werde er getestet. Und falls dieser positiv sei, werde ihm und seiner Familie ein spezielles Quartier zugewiesen. Alle direkten Kontakte würden ebenfalls getestet.

Welche Hoffnungen haben die Insulaner?

Auf Mallorca und den anderen Inseln freut man sich nach der dreimonatigen Corona-"Schließung" wie noch nie zuvor auf die "Alemanes". Carmen Planas, die Präsidentin des Gastronomie-Verbandes CAEB, sagte: "Wir müssen unsere Anstrengungen bündeln, damit das Projekt funktioniert, um Vertrauen herzustellen." Damit könnte man zum Vorbild für andere Tourismusregionen in Spanien werden. Die Chefin der Hoteliers-Vereinigung FEHM, Maria Frontera, sagte: "Wir müssen diesen Anstoß geben, damit die Balearen in aller Welt als sicheres Reiseziel gesehen werden."

Gesundheitsminister Negueruela hatte zuvor bei den Verhandlungen mit Madrid mehrfach betont, die Balearen benötigten den Tourismus "wie die Luft zum Atmen". Die Einnahmen der Branche machen über ein Drittel des regionalen Gesamteinkommens aus.

Gibt es Proteste gegen das Pilotprojekt?

Unter Einheimischen gab es Proteste. Sie hätten Angst um ihre Gesundheit, sagten Mallorquiner, die unter anderem an der Partymeile Ballermann leben. Ob es keine Angst vor importierten Infektionen gebe? "Deshalb haben wir ja Deutschland ausgewählt, weil die epidemiologischen Daten in Deutschland und den Balearen ähnlich sind", antwortete Regionalpräsidentin Armengol.

Gibt es ähnliche Pilotprojekte in spanischen Urlaubsregionen?

Die Balearen "werden das erste sichere Ziel in Spanien nach der Pandemie sein", sagte Armengol. Das Gesundheitsministerium in Madrid ist nach eigenen Angaben auch für ähnliche Projekt in anderen spanischen Urlaubsregionen offen, etwa in Andalusien, Katalonien und Valencia. Auch die Kanaren verhandeln mit der spanischen Regierung über ein ähnliches Pilotprojekt. Bei diesen Gesprächen sei am Montag aber noch keine Entscheidung gefallen, weil die Kanaren "höhere Sicherheitsanforderungen" gestellt hätten, darunter Coronavirus-Tests für alle Besucher, berichtete "El País".

abl/Jan Ronnburger und Emilio Rappold, dpa
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