

Raumstationen für Touristen geplant Zimmer mit Erdblick
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Ihnen steht die ganze Welt offen – doch die Erde reicht manchen offensichtlich nicht: Richtig reiche Menschen können mittlerweile sogar Urlaub im Weltraum machen, wie die jüngste Reise von vier Männern zur Forschungsstation ISS gezeigt hat. In Zukunft könnte es sogar Hotels für Touristen im All geben. Dieser Traum steht nicht in den Sternen, es gibt bereits konkrete Pläne.
Das US-amerikanische Unternehmen Orbital Assembly will schon in drei Jahren die Raumstation Pioneer Station für 28 Personen ins All schicken, wie CNN berichtet . Im Jahr 2027 soll dann mit der »Voyager«-Station eine größere Anlage in der Weltumlaufbahn der Erde in Betrieb gehen, die 400 Touristinnen und Touristen beherbergen kann. Am Computer generierte Bilder der Firma zeigen eine spektakuläre Unterkunft, die aussieht wie ein gigantisches Rad mit vier Speichen.
Sieht man die Zeichnungen, die das Unternehmen vom Inneren der extraterrestrischen Herberge veröffentlicht hat, fühlt man sich an ein Hotel auf der Erde erinnert: Menschen spielen Basketball und kommen abends in Kleid und Anzug an einem eingedeckten Esstisch zusammen. Soweit nichts Besonderes. Allerdings ist der Ausblick vom Zimmer aus hinab zur Erde unvergleichlich.

Voyager und Pioneer Station: Zimmer mit Erdaussicht
Doch ist man im All nicht schwerelos? Wie soll man sich zum Essen an einen Tisch setzen oder anderen Aktivitäten wie in einem gewöhnlichen Hotel auf der Erde nachgehen? Tim Allatore, COO von Orbital Assembly, erklärte CNN, wie er sich das auf der »Voyager«-Station vorstellt: Die Station werde ständig rotieren, sodass das Innere nach außen gedrückt werde – wie bei einem Eimer voller Wasser, den man ununterbrochen im Kreise schwingt. Durch die stete Bewegung bleibt das Wasser im Eimer und wird nicht verschüttet. Nahe dem Zentrum der Raumstation werde es kaum Gravitation geben, man würde sich dort also fast schwerelos bewegen. Je weiter man nach außen komme, umso mehr nehme das Gefühl der Gravitation zu. So die Idee.
Die »Pioneer«-Station soll kleiner ausfallen. Doch auch dort wird es Allatore zufolge die Annehmlichkeiten künstlicher Gravitation geben, etwa Duschen und die Möglichkeit, im Sitzen zu essen. In Räumen mit weniger Gravitation werde man aber noch mehr Spaß haben können. Dort können Urlauber dann wohl das Gefühl erleben, schwerelos zu sein und womöglich artistische Kunststücke vollführen. Bislang ist der Zustand weitestgehender Schwerelosigkeit schon für eine gute Minute auf sogenannten Parabelflügen erlebbar. Hier kommen gewöhnliche Flugzeuge zum Einsatz, keine Raumschiffe.
Vom Wunschtraum zur Wirklichkeit
Noch vor nicht allzu langer Zeit klangen touristische Reisen in den Weltraum wie Fiktionen aus Filmen. Mittlerweile sind sie Realität. Erst Ende April kehrte eine Gruppe von vier Weltraumtouristen von der Internationalen Raumstation ISS zurück auf der Erde. Organisiert wurde die Reise vom privaten Raumfahrtunternehmen Axiom Space, in Zusammenarbeit mit der US-Weltraumbehörde Nasa und SpaceX, der Firma des Milliardärs Elon Musk.
Im vergangenen Jahr machte ein anderer Milliardär Schlagzeilen. Richard Branson startet mit dem Raumflieger »VSS Unity« seiner eigenen Firma Virgin Galactic. Gut 65 Minuten dauert der Trip bis in eine Höhe von 86 Kilometern, die zwar in den USA schon als Weltall gilt, nach internationalen Maßstäben jedoch nicht. Solche kurzen Flüge werden schon kommerziell angeboten, bei Virgin Galactic für 450.000 Dollar. Amazon-Gründer Jeff Bezos und sein Unternehmen Blue Origin schickten bereits Touristen ins Weltall. Mit SpaceX von Elon Musk verbrachten vier betuchte Ausflügler mehrere Tage im All und umkreisten an Bord einer »Crew Dragon«-Raumkapsel einige Male die Erde.
Solche Reisen in den Weltraum dürften auf absehbare Zeit ein Vergnügen für Multimillionäre bleiben. Für ihren Trip zur ISS zahlten die vier Touristen laut Medienberichten rund 55 Millionen Dollar pro Kopf. Dafür konnten sie ihren Aufenthalt auf der Raumstation immerhin länger genießen als geplant. Wegen Wetterproblemen dauerte die Reise am Ende gut zwei Wochen statt, wie zunächst geplant, nur acht Tage.
Die Gruppe bestand aus dem spanisch-amerikanischen Astronauten Michael López-Alegría, der heute für Axiom Space tätig ist, dem US-Unternehmer Larry Connor, dem israelischen Unternehmer Eytan Stibbe und dem kanadischen Investor Mark Pathy. Am 8. April waren die vier mit einer Raumkapsel von SpaceX vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral in Florida aufgebrochen. Der Allausflug war ein wichtiger Schritt für die kommerzielle Raumfahrt.
Reiche Unternehmenschefs ohne WLAN?
Aus Sicht von Tim Allatore ist die ISS allerdings noch kein idealer Ort für Weltraumtourismus. Dort werde hauptsächlich gearbeitet und geforscht, sagt er CNN. Das Weltraumhotel von Orbital Assembly solle sich nicht wie eine Fabrik oder ein Forschungszentrum anfühlen, sondern wie ein »Science-Fiction-Traum«.
Viele sind jedoch der Meinung, man möge mit den für Touristenprojekte aufgewendete Milliarden doch bitte die Probleme auf der Erde anpacken. Ohnehin seien solche Reisen in erster Linie ein klimaschädliches und damit im Grunde verwerfliches Privatvergnügen gelangweilter Superreicher. Allatore argumentiert dagegen – wohl nicht ganz uneigennützig –, dass durch die Erkundung des Alls schon viele lebensverändernde Dinge erfunden worden seien, zum Beispiel GPS.
Ob das Unternehmen den ambitionierten Zeitplan für die Eröffnung der beiden Weltraumhotels einhalten kann, wird sich zeigen. Abgesehen vom Preis gibt es noch weitere Herausforderungen. Unter anderem weiß man bislang kaum, wie die Körper älterer Menschen mit Schwerelosigkeit zurechtkommen. Und es bleibt die Frage, ob schwerreiche Firmenlenker ihre Business-Imperien wirklich lange allein lassen wollen. Das WLAN in den Weltraumhotels müsste schon exzellent sein.
Allatore ist der Meinung, Weltraumtourismus werde zukünftig nicht nur was für Milliardäre sein. »Wir tun alles, um den Weltraum für jeden zugänglich zu machen, nicht nur für die Wohlhabenden«, sagt er CNN.