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Reiserecht in der Coronakrise Was tun, wenn ich mein Geld nicht zurückbekomme?

Der Flug ist gestrichen, die Reise fällt aus, oder das Hotel ist geschlossen. Und trotz geltenden Rechts erstattet der Veranstalter die Kosten nicht. Was können Kunden jetzt tun?

Eigentlich gibt es eine Geld-zurück-Pflicht: Wenn der Reiseveranstalter den Urlaub absagt, muss er die Kosten erstatten. Das Gleiche gilt für Airlines und ihre Flugtickets. Im Zuge der Coronakrise werden manche Verbraucher aber hängen gelassen.

Ja, es gebe einige Fälle, bei denen Verbraucher auf die Erstattung ihres Reisepreises warten, sagt Thomas Bradler, Rechtsanwalt bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. "Mancher Reiseanbieter spielt wohl ein bisschen auf Zeit, weil die Gutscheinlösung noch im Raum steht."

Nach den Wünschen von Bundesregierung und Reisebranche sollen Veranstalter und Airlines Gutscheine statt Rückzahlungen anbieten dürfen - auch gegen den Wunsch des Kunden. Die Entscheidung liegt aber in Brüssel bei der EU-Kommission und steht noch aus.

Die Unsicherheit nutzen manche Reiseanbieter offenbar aus: "Manche verweigern die Rückzahlung auch mit Verweis auf die Gutscheinlösung, so als wäre diese schon Gesetz", sagt Bradler und stellt klar: "Das ist aber nicht der Fall." Die fragliche Praxis betreffe sowohl Veranstalter als auch Fluggesellschaften. Allerdings gebe es auch viele Fälle, in denen das Geld tatsächlich ausgezahlt werde.

Der Rückzahlungsanspruch ist laut dem Juristen rechtlich klar festgelegt: Das Geld muss bei Pauschalreisen binnen 14 Tagen nach Absage der Reise zurückgezahlt werden. Bei individuell gebuchten Flugreisen mit EU-Bezug beträgt die Frist sieben Tage ab Zahlungsaufforderung, wie Bradler erläutert.

Was Verbraucher tun können: Gutschein, Anwalt oder abwarten

"Erst einmal sollte man sich überlegen, ob man das Geld direkt zurück haben möchte oder sich aus Solidarität dazu bereit erklärt, es beim Veranstalter zu belassen, damit keine Insolvenz droht", sagt Bradler. Das hieße, einen Gutschein zu akzeptieren, der meist noch bis Ende 2021 flexibel für neue Reisen genutzt werden kann.

Doch es dürfte viele Verbraucher geben, die das Geld für die geplatzte Urlaubsreise jetzt selbst brauchen - statt es dem Veranstalter zur Verfügung zu stellen, damit dieser über die Runden kommt. "Viele potenzielle Urlauber werden nach Corona selbst finanzielle Hilfe brauchen", schätzt die Juristin Sabine Fischer-Volk von der Kanzlei Karimi in Berlin. "Da steht eine kostenintensive Urlaubsreise sicher nicht an erster Stelle."

Wenn die Rückzahlung auf sich warten lässt, können sich Verbraucher in einem zweiten Schritt schriftlich an den Anbieter wenden und das Geld unter Fristsetzung zurückfordern, so der Verbraucherschützer. Diese Frist sollte bei mindestens sieben Tagen liegen.

Wenn der Veranstalter oder die Airline dann nicht reagieren, wird es schwierig. Wer seinen Anspruch mithilfe eines Anwalts durchsetzen möchte, sollte im Hinterkopf haben, dass die Gutscheinlösung doch noch Gesetz werden könnte - auch rückwirkend, betont Bradler. "Dann bleibe ich womöglich auf meinen Anwaltskosten sitzen."

Die Reisebranche betreibe massive Lobbyarbeit für die Gutscheinlösung, sagt Bradler. Seine Empfehlung lautet in der aktuellen Situation: "Ich würde dazu raten, abzuwarten, wenn man nicht extrem auf das Geld angewiesen ist."

Juristin: Ein Gutschein verschiebt das Problem vielleicht nur

Wann die EU-Kommission eine Entscheidung fallen wird, ist derzeit offen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte vor einigen Tagen gesagt, dass die Menschen europaweit rein rechtlich die Wahl hätten, ob sie das Geld oder einen Gutschein wollten.

Verbraucherschützer  sehen das Gutscheinmodell kritisch und plädieren ebenfalls dafür, dass Verbraucher die Wahl haben sollten. Wer einen Gutschein wählt, trägt ein gewisses Risiko, wenn er ihn einlösen will. "Es kann keiner sagen, ob es den Veranstalter dann noch gibt", sagt die Juristin Fischer-Volk. Zudem können auch Hotels, Airlines und andere Leistungsträger des Pauschalpakets in Schwierigkeiten geraten.

"Wenn man bedenkt, dass viele Reisegebiete noch lange wirtschaftliche Probleme haben werden, kann möglicherweise sogar die gesamte Reise ins Wasser fallen", sagt die Reiserechtsexpertin. "Ich verstehe die Branche, die jetzt um Liquidität bangt. Aber sie verschiebt das Problem von jetzt auf später. Niemand weiß, welche Reisen trotz langfristiger Buchung in den nächsten Monaten überhaupt durchgeführt werden können."

dpa/abl
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