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Valetta: Maltas Hauptstadt soll schöner werden

Foto: Simone F. Lucas

Stararchitekt Renzo Piano auf Malta Lametta für Valletta

Moderne statt Morbidität: Maltas Hauptstadt Valletta soll wieder schöner werden. Die bröckelnden Fassaden finden Touristen und Filmemacher zwar charmant, Einheimische wollen hier aber nicht mehr wohnen. Stararchitekt Renzo Piano darf sogar ein Quartier neu interpretieren.

Valletta - Valletta soll seine Bewohner glücklich machen, sagt Konrad Buhagiar, das sei Renzo Pianos Credo. Der Vertreter des Stararchitekten auf Malta öffnet eine Tür im Bauzaun, dahinter scheint eine breite Treppe geradewegs in den Himmel zu führen. Buhagiar soll vor Ort umsetzen, was dem italienischen Meister für die einst so prächtige Mittelmeerstadt vorschwebt: Vallettas Gesicht neu zu interpretieren.

Die alte Hauptstadt der Insel, die von den Kreuzrittern als Bollwerk der Christenheit errichtet wurde, verfällt: Blind sind viele Fenster in den schönen Balkonen, der Putz bröckelt, und so manche Straße erinnert an das kubanische Havanna. Der morbide Charme der "humilissima civita", der "bescheidensten unter den Städten", wie die Johanniter ihre befestigte Stadt auf dem Monte Sciberras nannten, begeistert nur die Touristen. Die Einwohner wenden sich ab.

Gerade noch 6500 Menschen leben in der Stadt, die Unesco-Weltkulturerbe ist und 2018 Kulturhauptstadt Europas werden soll. 25.000 waren es einmal. Als zu laut, zu alt, zu ungemütlich empfinden viele Einheimische die Hauptstadt. Der bröckelnde Schönheit, die Filmemacher immer wieder in Szene setzen - zuletzt bei "Captain Phillips" mit Tom Hanks, verfehlt im Alltag seine Wirkung. Auch der Architekt Buhagiar, schmal und aristokratisch wirkend, hat Valletta den Rücken gekehrt und sich in Sliema eine moderne, komfortable Bleibe gesucht.

Vor ein paar Jahren war das Zentrum "tot", heute wird gebaut

Konrad Buhagiar hat seiner Stadt an manchen Stellen selbst schon ein behutsames Facelifting verpasst. Er ist aber überzeugt davon, dass Valletta neue Impulse braucht, um den Exodus zu stoppen. "Es ist schon besser geworden", sagt der Architekt, der sein Büro noch in der Innenstadt hat. Vor ein paar Jahren noch sei das Zentrum "tot" gewesen, sagt er, abgesehen von den Touristen, die staunend vor dem standen, was die Kreuzritter auf dem felsigen Eiland im Mittelmeer hinterlassen hatten. Heute gibt es wieder Cafés und Boutiquen in der Innenstadt, Kneipen und Restaurants - und es wird gebaut.

Die Stadt ändert ihr Gesicht, will aber die eigene Geschichte nicht verleugnen. Und die maltesische Regierung glaubt diese Herausforderung bei Renzo Piano in guten Händen, immerhin 80 Millionen Euro will sie investieren. Buhagiar kennt den Italiener schon aus den achtziger Jahren, als Renzos Entwurf für den Neubau der Royal Opera als zu modern verworfen wurde. Jetzt ist der Stararchitekt entschlossen, die Ruinen der königlichen Oper in ein Freilichttheater zu integrieren - auch gegen den Widerstand vieler Malteser. Piano soll außerdem gleich das ganze Quartier am "City Gate" gestalten, am Haupttor in die Innenstadt.

Piano, mit seinem Gespür für Renaissance und der Vorliebe für Philosophie, ist dafür bekannt, dass er die Plätze, die er bebauen soll, erkundet, bevor er seine Pläne macht. Dass er die Atmosphäre des Ortes auf sich wirken und sich von ihnen inspirieren lässt. Doch noch nie habe er ein Projekt wie dieses gemacht, hat Piano laut Buhagiar gesagt - nichts Geringeres als eine Neuauflage der Renaissance.

Der Stararchitekt geht keine Kompromisse ein

Um das zu erreichen, geht der 75-Jährige keine Kompromisse ein. Das umstrittene Freilichttheater am Platz der Royal Opera hat inzwischen Form angenommen, gegenüber wurden zwei Häuser abgerissen, um den Eindruck eines Renaissance-Platzes zu ermöglichen. Und das neue Zwillings-Parlamentsgebäude zeigt schon jetzt seine Konturen. Piano hat es als Niedrig-Energie-Gebäude geplant, mit einer kühnen festungsartigen Fassade. Die Fenster sind fast wie Schießscharten in den Stein eingelassen.

Das Ganze soll den Eindruck "einer dicken Mauer" wecken, "die von den Elementen erodiert wurde", erklärt Buhagiar. Ein grüner Innenhof, angelehnt an die typisch maltesische Architektur und ein transparentes Erdgeschoss, in dem ein Museum über Maltas Geschichte informiert, sollen den eher abweisenden Eindruck mildern und dem Parlamentsgebäude menschliche Dimensionen verleihen.

"Auch beim Standort haben wir uns an die Pläne Laparellis gehalten", sagt der Architekt und zeigt auf dem Handy eine alte Karte, auf der ein Versammlungsgebäude genau an dieser Stelle eingezeichnet ist. Francesco Laparelli da Cortona, ein Schüler Michelangelos, hatte vor mehr als 450 Jahren seine damals fast revolutionären Pläne für Valetta gezeichnet. Benannt ist sie nach dem Großmeister Jean Parisot de la Vallette, der 1566 den Grundstein für die Stadt gelegt hatte.

Zurück zu den Wurzeln ist auch das Thema bei der Brücke, an der alles entfernt wurde, was in den letzten 100 Jahren hinzugebaut worden war. Dort, wo sich das Haupttor befand, wurde die Festungsmauer auf einer Breite von acht Metern geöffnet, um den Blick auf den Himmel zu öffnen. Eine neue Treppe und ein Aufzug mit Panoramablick verbinden jetzt den Stadteingang mit dem darunterliegenden Stadtgraben, wo schon bald blühende Gärten entstehen sollen.

Renzo Piano war erst kürzlich wieder in Valletta, um nach dem Baufortschritt zu schauen. Man sei etwas im Verzug, räumt sein Vertreter vor Ort ein. Es sei nicht einfach, den maltesischen Kalkstein zu bekommen. Spätestens im Juni 2014 aber soll alles fertig sein. Das Parlament werde dann im September zu seiner ersten Sitzung im neuen Gebäude zusammentreten, sagt Buhagiar. Wenn es nach Pianos Vorstellungen geht, schlägt Maltas Herz dann wieder im Takt der Zeit.

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Simone F. Lucas/SRT/emt
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