Athen als Foodie-Reiseziel: "Wilde, bunte Diva"
Athen als Foodie-Reiseziel: "Wilde, bunte Diva"
Foto: Elissavet Patrikiou/ Südwest Verlag

Athen als Foodie-Reiseziel "Wilde, bunte Diva"

Ob in Tavernen, Klubs oder Gourmetrestaurants - in Athen starten mit viel Schwung kreative Projekte. Fotografin Elissavet Patrikiou porträtiert die Menschen mit Kochschürzen und gibt Tipps für den Foodie-Trip.
Von Julia Stanek

"Es gibt so viele Bücher über die Antike, die Mythologie, das alte Athen. Aber kaum etwas über die Stadt im Jetzt." Mit dieser Erkenntnis stürzte sich Elissavet Patrikiou vor über einem Jahr in ein kulinarisches und kulturelles Abenteuer. Die in Deutschland aufgewachsene Food-Fotografin mit griechischen Wurzeln reiste von Hamburg aus für mehrere Monate in Griechenlands Hauptstadt, um dort ein Kochbuch zu schreiben.

Was dabei herauskam, ist jedoch mehr als eine Rezeptesammlung für Souvlaki, Moussaka und Schafskäsesalat. Patrikiou hat ein Reisebuch geschrieben, das von Menschen erzählt, die Athen ausmachen - und die Geschichten darüber erzählen können, wie sich die Stadt in den Jahren nach der Finanzkrise verändert hat.

"Es ist schon seltsam", sagt Patrikiou, "aber ausgerechnet in Krisenzeiten passiert im kreativen, künstlerischen Bereich sehr viel." Bei ihren Streifzügen durch Tavernen, Klubs, Imbisse und Gourmetrestaurants staunte sie darüber, mit wie viel Energie und Optimismus die Menschen hier neue Projekte starten. "Die Leute sind mit extrem viel Leidenschaft dabei." Für Patrikiou ist Athen eine "wilde, bunte Diva voller Punk".

"Eine Stadt lernt man am besten über die Menschen kennen, die dort leben", lautet das Credo der Griechin. Und wer mit den Athenern ins Gespräch kommen will, der muss mit ihnen essen. Aber welche Tavernen lohnen sich? Und was muss auf den Teller?

Hier gibt Elissavet Patrikiou Tipps für einen unvergesslichen Athen-Trip!

Fotostrecke

Reisetipps für Athen: Vergessen Sie Souvlaki!

Foto: Elissavet Patrikiou/ Südwest Verlag

Wo beginnt die Reise?

"Natürlich an der Akropolis", sagt Patrikiou. "Es gibt keinen besseren Ort, um in der Stadt anzukommen." Allerdings hänge es sehr davon ab, wie man die berühmte Festungsanlage erlebt. Ihr Tipp: am besten zu Fuß. Der schönste Weg führt laut Patrikiou vom zentral gelegenen Monastiraki-Platz über das Altstadtviertel Plaka. "Dort in den Gassen spürt man so gar nichts von der hektischen Großstadt."

Es sei von Vorteil, möglichst früh an der Akropolis zu sein, um nicht mit den ganzen Reisebussen anzukommen. Ist es dennoch zu voll, könne man das Bauwerk auch einfach bei einer Mini-Wanderung erleben: "Rund um die Akropolis gibt es kleine Wege, die man auf eigene Faust entdecken kann."

Wie erkundet man Athen am besten?

Athen ist zwar riesig, aber die schönsten Gegenden lassen sich bestens zu Fuß entdecken. "Die Viertel gehen ineinander über", sagt Patrikiou. "Du biegst einmal um die Ecke und fühlst dich wie in einer anderen Welt." Das beste Beispiel dafür sei der Übergang von dem Reichenviertel Kolonaki und Exarchia - dem Viertel, das die Athener auch "Anarchia" nennen.

Was können Besucher in Exarchia erleben - und was essen?

Wer Athen besucht, sollte einmal in Exarchia gewesen sein, sagt Patrikiou. "Es ist das Herz der Stadt, hier ist in den Siebzigerjahren nach der Militärdiktatur wieder Demokratie entstanden." Das Viertel sei nicht bekannt für Sehenswürdigkeiten, sondern für seine Protestkultur, seine Haltung. "Wer hier lebt, tut das bewusst", sagt Patrikiou. Die Menschen hier hätten sich für "ein Leben miteinander" entschieden, "für eine alternative Gesellschaft".

Genau in dieser Umgebung lädt das Restaurant Shedia Home  Gäste zum Essen ein, es ist aus einem Obdachlosenprojekt hervorgegangen. Aufgemacht haben es ein Australier mit griechischen Wurzeln und eine Deutsche. Der griechische Spitzenkoch Lefteris Lazarou hat die Mitarbeiter ausgebildet, die ihren Gästen nun herzhaften Bohneneintopf und Rote-Bete-Salat servieren.

Wo gibt es sonst noch gutes Essen?

Die Menschen in den Kochschürzen - sie sind es nach Ansicht von Patrikiou, die den Charme der Stadt ausmachen. Sie werden in "Athen - das Kochbuch" ebenso porträtiert wie die wichtigsten Viertel.

Da wäre Gogo, die tätowierte Anwältin, die Kanzlei gegen Küche tauschte und heute im "Bios " kocht, einem Kulturzentrum mit Restaurant, Theater und Rooftop-Bar. Sie zählt laut Patrikiou zu den bekanntesten Food-Bloggerinnen des Landes und "ist eine Erscheinung".

Da ist außerdem Lianka, die sich mit dem "Nonna ", einem Treffpunkt im Stadtteil Psirrí, einen Lebenstraum erfüllte. Und dann ist da noch Stratos Drakoulis , der Metzger, der sich auf seinen Fingern die Buchstaben B-E-E-F tätowieren ließ und beim Backen der Burgerbrötchen Aktivkohle benutzt, um sie schwarz zu färben.

Foto: Elissavet Patrikiou/ Südwest Verlag

Elissavet Patrikiou ist 1976 als Tochter griechischer Eltern in Stuttgart geboren und aufgewachsen. Die Wahlhamburgerin arbeitet seit mehr als 20 Jahren als freie Fotografin und Autorin. Patrikious Schwerpunkte sind Porträt- und Food-Fotografie. Sie hat bereits mehrere Bücher veröffentlicht.

Welche Adresse lohnt sich für experimentierfreudige Athen-Besucher?

"Ich liebe den Bauernsalat", sagt Patrikiou. Doch man verpasse viel, wenn man sich nur auf Krautsalat und Fetakäse stürzt. "Die Athener Gastroszene ist sehr innovativ." Ihr Tipp: die Fabrica Tou Efrosinou. "Hier erinnert wenig an die Griechenland-Klischees." Zwar gebe es auch Weinblätter auf der Karte. Doch das Lokal, das die Weinhändlerin Athina und der Koch Giorgos in einer heruntergekommenen Lagerhalle eröffnet haben, biete auch Speisen, die die griechische Küche neu interpretierten.

Wo gibt es zum Gyros ganz traditionelles Tavernen-Ambiente?

In der Taverna Avli . "Es ist ein Wohlfühlladen, in dem man sich wie auf einer Kykladeninsel fühlt - und das mitten in der Großstadt", sagt Patrikiou. Sie mag das Lokal wegen der liebevollen Einrichtung, wegen des Omeletts mit Pastrami und der Meze, das sind griechische Vorspeisen, die in Hülle und Fülle auf der blau-weiß-karierten Tischdecke landen. Und was trinken? "Ein eiskaltes Bier oder einen Tsipouro."

Sie wollen Gourmet-Essen?

Gespannt sein darf man laut Patrikiou auf das neue Projekt von Georgianna Hiliadaki und Nikos Roussos. Sie haben sich mit ihrem Restaurant Funky Gourmet bereits zwei Michelin-Sterne erkocht, ziehen aber 2020 ins Hilton Hotel um. Mehr Informationen gibt es auf ihrer Website .

Anzeige
Patrikiou, Elissavet

Athen - Das Kochbuch: Besondere Plätze, besondere Menschen und Leidenschaft für gute Küche

Verlag: Südwest Verlag
Seitenzahl: 240
Für 9,99 € kaufen

Preisabfragezeitpunkt

07.06.2023 23.40 Uhr

Keine Gewähr

Produktbesprechungen erfolgen rein redaktionell und unabhängig. Über die sogenannten Affiliate-Links oben erhalten wir beim Kauf in der Regel eine Provision vom Händler. Mehr Informationen dazu hier

Und wohin geht's zum Feiern?

In das Six Dogs, einen schwer angesagten Klub mit Innenhof, Bäumen und guten Cocktails. Laut Patrikiou ist es der perfekte Ort für Nachtschwärmer, aber auch ein empfehlenswerter Ort für einen ausgedehnten Familienbrunch. Fazit: "Das Six Dogs steht für das junge Athen wie der Parthenon für das Alte. Hier spürt man die moderne Hauptstadt."

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten