
Zimmer im Bauhaus-Stil: Schlicht perfekt
Dessau, Berlin und Löbau Schlummern wie ein Bauhaus-Schüler
Wer würde nicht gerne seine Feierabende in einem Leder-Stahl-Sessel von Marcel Breuer verbringen? Oder im F51-Sessel von Walter Gropius? Im Licht einer Wagenfeld-Tischleuchte lesen? Obwohl schon vor 100 Jahren entworfen und gebaut, ist das Design der Bauhaus-Schule so beliebt wie eh und je - moderne Klassiker eben, mit einem hohen Wiedererkennungseffekt.
1919 von dem Architekten Walter Gropius in Weimar gegründet, wollte die Bauhaus-Schule die Trennung von Kunst und Produktion aufheben. Produktionsprozesse sollten vereinfacht werden, um billiger und schneller größere Mengen zu erhalten. Ziel der Künstler: Gutes Design sollte für jedermann erschwinglich werden - auch für Arbeiter und Angestellte.
Mit klaren Linien, rechten Winkeln, abstrakten Formen und neuen Materialien wie Stahl und Glas revolutionierten die Bauhaus-Architekten in den Zwanzigerjahren den Wohnungsbau in Deutschland. Heute gehören ihre Meisterhäuser und Siedlungen teils zum Unesco-Weltkulturerbe - und sie können nicht nur besichtigt werden, Fans können in einigen sogar übernachten, manchmal auch für länger.
Spartanisches Zimmer von Marianne Brand
In Dessau zum Beispiel, wo die Kunstschule sieben Jahre lang residierte: Die Bauhaus-Meisterhäuser verkörpern die berühmteste Künstlerkolonie des 20. Jahrhunderts und gelten heute noch als Paradebeispiel für das Wohnen der Zukunft. Zu Zeiten des Bauhauses lebten Studenten wie Hannes Meyer, Marcel Breuer, Marianne Brandt und Anni Albers in den 28 Zimmern des Ateliergebäudes von 1926 in der Gropiusallee.
Nun sind es die Bauhaus-Pilger, die in den 24 Quadratmeter großen, mit Bett, Waschbecken, Einbauschränken, Arbeitstisch, Bogenlampe und Stuhl so funktional wie damals eingerichteten Räumen im sogenannten Prellerhaus übernachten. Toilette und Dusche befinden sich auf dem Flur. Einige Räume wurden mittels Möbelentwürfen ehemaliger Bewohner personalisiert, etwa diejenigen von Alfred und Gertrud Arndt, dem Ehepaar Albers und Franz Ehrlich.
Wieder andere wurden nach dem Vorbild ihrer Bewohner rekonstruiert, darunter Zimmer 3.02 von Marianne Brandt, einer Schülerin von Wassily Kandinsky und Paul Klee, die ab 1929 die Metallwerkstatt des Bauhauses leitete. Sie wohnte spartanisch: ein Liegestuhl mitten im Raum, eine karierte Decke aus der Bauhaus-Weberei auf dem Bett, Schallplatten und ein Grammofon sowie eine von Brandt entworfene Lampe an der Decke.

Zimmer im Bauhaus-Stil: Schlicht perfekt
In Berlin sind Wohnungen in gleich mehreren Gebäuden erhalten: Die Unité d'Habitation (Wohneinheit oder auch Wohnmaschine genannt), die Le Corbusier zuerst in Frankreich und 1957 auch zur Bauausstellung "Interbau" in Berlin realisierte, ist als scheibenförmiges Hochhaus konzipiert, das 530 teils zweistöckige Wohneinheiten beherbergt. Eine von ihnen wurde mit Linoleumboden, Corbusier-Wandfarben und stilechter Möblierung in ihren Originalzustand versetzt und kann für mindestens zwei Monate am Stück gemietet werden. Sie ist 33 Quadratmeter groß und bietet Platz für zwei Erwachsene.
In der Berliner Hufeisensiedlung Britz in Neukölln, von Bruno Taut in den Zwanzigerjahren für die Berliner Baugenossenschaft Gehag geplant und heute Unesco-Welterbe, haben Architekturliebhaber ein kleines Wohnhaus des Baumeisters gekauft und denkmalgerecht saniert. Nicht nur das Gebäude selbst, sondern auch die Innenräume sehen aus wie zur Entstehungszeit - einschließlich der Küchenzeile und der Farbtöne an den Wänden.
Das farbenfrohe, 65 Quadratmeter große Reihenendhaus für bis zu vier Personen mit moderner Heizung und historischen Kachelöfen kann ab drei Nächten gemietet werden. In einem alten Ladenlokal des benachbarten Hufeisens gibt es auch eine Ausstellung zur Siedlung sowie Informationen zu den anderen fünf Welterbesiedlungen in Berlin: der Gartenstadt Falkenberg in Treptow, der Schillerpark-Siedlung in Wedding, der Wohnstadt Carl Legien in Prenzlauer Berg, der Weißen Stadt in Reinickendorf sowie der Großsiedlung Siemensstadt in Charlottenburg und Spandau.
Mit seinen V-förmigen Stützen und der strukturierten Fassade war Oskar Niemeyers Wohnhochhaus im Berliner Hansaviertel einer der markantesten Bauten der Internationalen Bauausstellung 1957. Eine der Wohnungen wurde 2012 als Ferienwohnung für bis zu vier Personen authentisch eingerichtet: Mit aufgearbeiteten Designklassikern aus den Fünfzigerjahren, Linoleumböden und vielen originalen Details entspricht nun alles dem Stil der damaligen Zeit. Die Wohnung kann für mindestens zwei Monate gemietet werden.
Wohnprogramm für den modernen Großstadtmenschen
In Löbau in der Oberlausitz steht eines der bedeutendsten Wohnhäuser der Moderne, das Haus Schminke. Es wurde 1933 von Hans Scharoun für das Unternehmerehepaar Fritz und Charlotte Schminke gebaut. Mit gerundeten Dächern, Balkonen und Balustraden, die an einen Ozeandampfer erinnern, hat die elegante Villa Architekturgeschichte geschrieben. Dank einer Stiftung, die sich um das Haus kümmert, kann man die stilecht eingerichteten Innenräume nicht nur besichtigen, sondern auch als Ferienwohnung mieten.
Bauhaus-Architektur
Übernachtungen sind in der Stuttgarter Weissenhofsiedlung zwar nicht möglich, aber ein Besuch lohnt allemal. Diese Bauhaus-Siedlung entstand 1927 als Ausstellung der Stadt Stuttgart und des Deutschen Werkbundes. Unter der künstlerischen Leitung von Ludwig Mies van der Rohe haben 17 Architekten, darunter Le Corbusier, Walter Gropius und Mies van der Rohe, ein Wohnprogramm für den modernen Großstadtmenschen geschaffen.
Die Besucher flanieren von einem Architektur-Meisterwerk zum nächsten und können sich im Museum, das im Doppelhaus von Le Corbusier untergebracht ist, über die Entstehung der Siedlung informieren. Seit Juli 2016 sind die beiden Häuser des Meisterarchitekten zusammen mit weiteren Bauten Unesco-Weltkulturerbe.