
Instagram-Hype Shooting im Hotelzimmer
Im Berliner 25hours Hotel ist der Gast unter Affen. Als Stofftiere sitzen sie im Foyer, an der Rezeption, in der Monkey Bar unterm Dach. Und wer das richtige Zimmer erwischt, kann sogar echte Primaten im benachbarten Zoo bestaunen - am besten aus der Hängematte vor dem Panoramafenster. Schnell das Smartphone zücken, Selfie knipsen - und, zack, auf Instagram posten.
Ich in der Hotelhängematte. Und da hinten die Affen. #25hours #Berlin #iLoveMonkeys.
Hängematten gehen immer auf Instagram. Genau wie freistehende Badewannen, Edding-Kunst an der Wand, Sichtbeton und Vintage-Fahrräder. Das sind die Requisiten, die ein Hotel heute offenbar braucht, um von sich reden zu machen. Um in den sozialen Medien eine Rolle zu spielen. Und um schließlich Kunden anzulocken.
Auch in den neun Häusern der Hotelkette 25hours mangelt es nicht an Blickfängen, die sich je nach Standort unterscheiden. In Berlin basiert das Designkonzept auf dem Thema Großstadtdschungel, in Hamburg ist es der Hafen, in Wien die Welt des Zirkus.
Was sie alle auszeichnet, ist ihre Fotogenität, oder: ihre instagrammability. Ob ein Hotel dazu taugt, auf der beliebten Fotoplattform Instagram Likes zu erhaschen, ist für viele junge Menschen genauso ein Buchungskriterium wie Service, Komfort und Preis.
Das ergab eine Studie des britischen Ferienhaus-Versicherers Schofields aus dem vergangenen Jahr. Ihr zufolge suchen 40 Prozent der 18- bis 33-Jährigen ihre Reiseziele auch nach deren instagrammability aus. Der "Young Traveller Kompass" des deutschen Reiseveranstalters Ruf kam bereits 2016 zu dem Ergebnis, dass 84 Prozent der Urlauber im Alter von bis zu 27 Jahren im Urlaub Fotos versenden und dafür soziale Netzwerke nutzen. Die Tendenz dürfte eher steigend sein.
Insgesamt sind mittlerweile mehr als eine Milliarde Menschen auf Instagram aktiv. Die Plattform verändert Branchen und schafft neue Geschäftsmodelle, vor allem im Tourismus und Marketing.
In New York können sogenannte Influencer ein ganzes Apartment für ihre Fotoshootings mieten. In Marrakesch müssen Nichtgäste eines kleinen Hotels sich aufgrund des großen Interesses vorher anmelden, um den Pool im Innenhof fotografieren zu dürfen. Das Hotel ist ebenfalls auf Instagram vertreten, und nach Angaben der Betreiber gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" kommen 50 Prozent der Buchungsanfragen direkt über die App.
Flipper, Hollywoodschaukel, Münztelefon
"Bunt, sichtbar und am besten mit einer Story dahinter", fasst Bruno Marti das Rezept für ein in den sozialen Netzwerken erfolgreiches Hotel zusammen. Er ist Markenchef der 25hours Hotels und weiß, wie wichtig es ist, auch im Internet einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.

Darum steht im Berliner 25hours Hotel eine Hollywoodschaukel neben einem Flipperautomaten, ausrangierte Lautsprecher dienen als Raumtrenner, unter der Decke hängen Fahrräder und an den Wänden alte Münztelefone. In dunklen Fluren glühen die Zimmernummern in Neongrün, und auf dem Dach gibt es mit der Monkey Bar eine der hippsten Bars der Hauptstadt, Ausblick über Zoo und Gedächtniskirche inklusive.
Jedes Detail, jede noch so kleine Deko könnte als Instagram-Motiv dienen, das später über Hashtags wie #vintage, #hammock oder #interiordesign auffindbar ist. "Instagram ist ein Kanal des Vertrauens für viele", sagt Marti. Und weil Nutzer sich und ihren Lebensstil in der Regel positiv darstellen wollen, sind ihre Postings ein Geschenk für jeden Marketing-Strategen.
Gratisübernachtung für fotografierende Gäste
Um vom Einfluss der Instagram-Nutzer zu profitieren, laden Hoteliers manch einen sogar zum Gratisübernachten ein - in der Hoffnung auf ein Foto auf Instagram. Darunter ist auch Nina Radman, die das Lifestyle- und Reiseblog Berries & Passion betreibt und mehr als 100.000 Follower auf Instagram zählt. Die Österreicherin war kürzlich im Berliner 25hours zu Gast und postete dabei fleißig Bilder von ihrem Besuch.
"Wenn ich beruflich unterwegs bin, schaue ich, ob das Hotel vom Stil her zu mir passt, ob ich gute Fotos machen kann und ob es zu anderen Kooperationen passt, die ich gerade am Laufen habe", sagt Radman. Was für sie ein ideales Instagram-Hotel ausmache? Details und Atmosphäre müssten in jedem Fall zum Ort passen. Und, ganz wichtig: helle Zimmer. Denn bei Kunstlicht fotografiere es sich bekanntlich nicht so gut.
"Wir bekommen Hunderte solcher Anfragen", sagt Bruno Marti. Die Betreuung von Influencern mache längst einen wichtigen Teil der Pressearbeit aus. Vor allem die Zusammenarbeit mit Reise- und Foodbloggern sei dabei attraktiv, denn sie sprechen am ehesten neue, potenzielle Kunden an.
Kehrseiten des Instagram-Hypes
Branchen wie das Hotelgewerbe können von Instagram profitieren. Doch der Erfolg der App hat auch eine Kehrseite. Nicht nur häufen sich Berichte über Orte, die aufgrund ihrer Fotogenität von Menschenmassen überrannt werden - so wie der Pragser Wildsee in Südtirol.
Instagram beeinflusst auch das Empfinden von Ästhetik: Was als instagrammable gilt, wird anhand von Millionen gleicher Motive, Filter und Farben bestimmt. Und so laufen auch Hotels Gefahr, statt individuell zu sein immer austauschbarer zu werden. Dabei sind die Anstrengungen der großen Ketten beträchtlich, neue Marken zu erfinden, die eine junge Zielgruppe ansprechen sollen.
Die AccorHotels haben ihr erstes "Jo&Joe"-Hotel 2017 in Südfrankreich am Atlantik eröffnet und Zimmer für Zimmer mit Surfbrettern dekoriert. Steigenberger möchte mit seinen "Jaz in the City"-Hotels in Amsterdam und Stuttgart ein "Seismograf für Trends und alles, was das alltägliche Leben sprengt" sein. Was das heißt? Die Hotelbar wird von DJs beschallt, die Zimmer sind mit Yogamatten ausgestattet, und im Wiener Ableger, der als Nächstes eröffnet werden soll, wird es einen Plattenladen geben.
Bruno Marti kennt den schmalen Grat zwischen Individualität und Trend: "Heute hat jeder verrückte Dinge in der Lobby stehen", sagt er. Man müsse zwar nicht alle paar Jahre das Konzept und die Einrichtung eines Hotels ändern. "Aber in dem Moment, in dem wir merken, etwas ist Klischee, das macht plötzlich jeder, werden wir ein bisschen nervös."