Malta und Gozo Warmer Wind statt kühler Kacheln

Früher war die Insel eines der wichtigsten Bollwerke im Mittelmeer, heute präsentiert sie sich als riesiges Freiluftmuseum: Auf Malta erzählen mächtige Kirchenkuppeln, sagenumwogene Tempel und der allgegenwärtige Linksverkehr von einer wechselhaften Geschichte.

Das kleine Malta südlich von Sizilien und seine noch kleinere Schwester Gozo hatten es nicht einfach, eine eigene Identität zu finden. Heute zeugen geheimnisvolle Steinzeit-Tempel und die allgegenwärtigen Kulturdenkmäler des Johanniterordens von 6000 Jahren Besatzung. Zusammen mit arabischen Einflüssen, mediterraner Lebensweise und einer stetig kühlenden Meeresbrise machen sie einen Besuch lohnenswert.

Phönizier, Karthager, Römer und Byzantiner - sie alle waren Herren auf Malta. Auch Araber, Normannen, Kastilianer, Franzosen und Briten hatten den strategisch wichtigen Stützpunkt im Mittelmeer einmal unter ihrer Kontrolle.

Die wechselhafte Geschichte spiegelt auch Valletta, die auf dem Reißbrett entworfene Hauptstadt, wider: Mit neun Quer- und zwölf Längsstraßen 1566 auf der Halbinsel Sciberras nahezu quadratisch erbaut, ist Valletta heute vorwiegend eine Geschäftsstadt im barocken Gewand. Von der Parkanlage Upper Barraca Gardens bietet sich ein guter Ausblick auf den einst hart umkämpften Grand Harbour. Die historische Altstadt Vallettas zählt zum Unesco-Weltkulturerbe.

Sowohl die St. John's Co-Cathedral als auch der nahe gelegene Großmeisterpalast im Zentrum Vallettas zeugen von dem unglaublichen Reichtum des Johanniterordens. Unter dem achtspitzigen weißen Kreuz bestimmten die Ritter des Heiligen Johannes mehr als 250 Jahre lang die Geschichte des maltesischen Archipels.

Auf einer Anhöhe im Zentrum der Insel liegt Mdina, die ehemalige mittelalterliche Hauptstadt. Anfangs Hauptsitz des Ordens, ist das steinerne Museum heute nur noch von 300 Menschen bewohnt. Penibel trägt ein Vergolder in seiner Werkstatt Plättchen für Plättchen auf eine Skulptur auf. Schmale Straßenschluchten mit kleinen Fenstern bieten im Sommer Schutz vor der Hitze.

Auf der Sonnenterrasse des Xara-Palace-Hotels, eines luxuriösen Domizils in einem Palazzo aus dem 16. Jahrhundert, zeigt sich, wie klein die Insel ist. Der Blick schweift über die mächtige Kirchenkuppel von Mosta bis nach Valletta. Wen der Linksverkehr - neben den typischen Telefonzellen ein britisches Erbe - nicht schreckt, der kann die Insel in einer Stunde durchfahren.

Kirchen dominieren das Bild von Malta und Gozo. Noch die kleinste Dorfkirche auf Gozo, nur dreißig Fährminuten von Malta entfernt, erhebt sich kathedralengleich über das hügelige Eiland. Wer es sich leisten konnte, besaß früher einen tragbaren Hausaltar.

Von Mgarr aus, dem Hafen auf Gozo, führt der Weg zur Hauptstadt Victoria mit ihrer Zitadelle. Nach einem Erdbeben fast zerstört, bot sie zuvor allen Inselbewohnern bei kriegerischen Angriffen Zuflucht.

Auf der Fahrt zur Tempelanlage von Ggantija in der Nähe des Dorfes Xaghra zeigt sich die kleine Insel von ihrer ländlichen aber auch grünen Seite. Die Entstehung des Heiligtums, in dem vermutlich eine weibliche Fruchtbarkeitsgöttin verehrt wurde, wird auf die Zeit um 3600 vor Christus datiert. Die gigantischen unbehauenen Tempelsteine sind mehrere Tonnen schwer, die äußeren Mauern ragen bis zu sechs Meter hoch.

Ihren Lebensunterhalt verdienen die Gozitaner mit Landwirtschaft, Fischfang und den Touristen. Phönizischen Ursprungs ist das Auge des Osiris auf den bunten Fischerbooten, das Unheil fern halten soll.

Mit hochmodernen Wellnesszentren, die als beste im Mittelmeer beworben werden, soll das touristische Angebot dem Zeitgeist entsprechend erweitert werden. Ob die Inseln das nötig haben? Draußen scheint die Sonne, einige Kilometer weiter brandet das Meer, auf Gozo lockt die Dwerja Bay mit dem Felsenfenster und auf Malta die blaue Grotte bei Wied iz-Zurrieq. Dazu duften Mimosenbäume, der Hahnenklee steht hoch in roter Blüte und die Kapernbüsche zeigen ihre ersten Blättchen - Wohlbefinden stellt sich auf Malta eher in der Natur als im kühlen Ambiente gekachelter Räume ein.

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