Oktoberfest-Flucht München ohne Wiesnrummel - so geht's

Münchner Idylle am Südhang des Bergs der Olympia-Alm
Foto: Florian Sanktjohanser/ TMN
Münchner Idylle am Südhang des Bergs der Olympia-Alm
Foto: Florian Sanktjohanser/ TMNWer zur Oktoberfestzeit nach München kommt, weiß, worauf er sich einlässt. Wiesn bedeutet gut zwei Wochen Ausnahmezustand - in diesem Jahr vom 17. September bis zum 3. Oktober: Trachten-Dauerkarneval, rund um die Uhr Besoffene in den Straßen und die dazu passende Musik aus der Geschmackshölle.
"Ich liebe die Wiesn", sagt Daniel Holder. "Ich bin 14 Mal pro Jahr da." Es ist sein Job: Holder, 26, ist geborener Münchner und Stadtführer, er erklärt Gästen aus den USA, Australien oder Skandinavien das ganze Spektakel - am liebsten vor Ort.
Aber er kennt auch die Ruheorte in seiner Stadt. Oasen der Stille und Schönheit, in denen man sich eine Auszeit vom bierseligen Trubel nehmen oder einfach ungestört entkatern kann.
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München hat nach dem Amoklauf am Olympiaeinkaufszentrum und den Anschlägen in Paris, Brüssel, Nizza, Ansbach und Würzburg das Sicherheitskonzept für das Oktoberfest verschärft. "Wir haben alles getan, was erforderlich und angemessen ist", sagte Wiesn-Chef Josef Schmid zu den Sorgen um mögliche Anschläge . "Der Charakter dieses größten und schönsten Volksfestes ändert sich nicht."
Ein Zaun soll Kontrollen an den Eingängen ermöglichen. Besucher dürfen erstmals keine großen Taschen und Rucksäcke mitbringen, dafür gibt es aber Aufbewahrungsstellen.
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Olympia-Alm
"536 Meter" steht auf einem Schild an dem Holzschuppen, der sich hinter dem Gipfel des Olympiabergs versteckt. Keine beeindruckende Höhenlage für eine Alm. Aber genug, um die Massen abzuschrecken. "Der Anstieg hält viele ab", sagt der geborene Münchner und Stadtführer Daniel Holder.
Die Touristen im Olympiapark pilgern zur BMW-Welt und zum Fernsehturm, dann drehen sie um - und überlassen den winzigen Biergarten den Ortskundigen, die unter Sonnenschirmen Obazda oder Spareribs essen, während Studenten vorbeijoggen. Zum anschließenden Verdauen streckt man sich am besten auf dem Südhang des Bergs aus, mit Panoramablick über die Frauentürme bis zu den Alpen.
Rosengarten in der Städtischen Baumschule Bischweiler
Der Rosengarten in den Isarauen liegt so versteckt, dass ihn auch viele Münchner nicht kennen. Selbst Stadtführer Holder war erst zweimal hier und muss den Eingang suchen. Hinter einer Tür in einem unscheinbaren Gartenzaun öffnet sich ein kleiner botanischer Garten. In der Baumschule werden Flieder, Rosen und exotische Ziergehölze für die städtischen Beete gezüchtet. Inmitten der Blütenpracht dösen ein paar Senioren auf weißen Stühlen, Müßiggänger haben sich Hängematten zwischen Bäume gespannt.
Kabinettsgarten
Unter den zehn Höfen der Residenz ist dieser wahrscheinlich der unbekannteste. Der Kabinettsgarten verbirgt sich hinter einer Sandsteinmauer, eingequetscht zwischen Residenz und Allerheiligen-Hofkirche. Einst stand ein Springbrunnen in der Mitte, später pickten Hühner in dem verwilderten Garten. Vor einigen Jahren wurde er neu angelegt, zur Freude der Mitarbeiter der Residenz und der umliegenden Theater, die hier ungestörter ihre Mittagspause verbringen als im berühmten Hofgarten um die Ecke.
Zwischen Rasen und Zierbäumen strecken sich Wasserbecken, dahinter plätschert ein Springbrunnen unter Platanen. Und mit ein bisschen selektiver Wahrnehmung lässt sich sogar der Lärm der Geländewagen auf der Maximilianstraße ausblenden.
Innenhof der Glyptothek
Dass sich beschwipste Lederhosenträger in die Glyptothek verlaufen, ist arg unwahrscheinlich. Das Museum am Königsplatz strahlt mit seinem Säulenportal altehrwürdige Strenge aus, und in den Sälen stehen zwar viele Nackte herum, aber die sind aus Marmor, blass und steinalt. "In das Café im Innenhof kommen nur Münchner", sagt Holder, "auch wenn draußen auf dem Königsplatz die Reisebusse stehen." Und so sitzt man entspannt zwischen weinumrankten Fenstern, trinkt Kaffee und liest Zeitung.
St. Emmeram
Eigentlich könnte man an dieser Stelle den gesamten Nordteil des Englischen Gartens empfehlen. Denn erstaunlich wenige Besucher schaffen es über die kleine Brücke, die den Mittleren Ring überspannt. Dahinter winden sich Bäche zwischen hohem Gras und knorrigen Bäumen.
Der abgeschiedenste von mehreren Biergärten liegt weit im Norden am Rand des Parks. Die Sankt Emmeramsmühle war mal ein Promi-Treff, Boris Becker soll hier regelmäßig sein Bier getrunken haben, sagt Holder. Jetzt kommen vor allem die Bewohner der wohlhabenden Viertel ringsum in den Biergarten neben der alten Backsteinmühle. Und bestimmt keine Sauftouris im Maßkrughut.
Nymphenburger Schlosspark
Manchmal spaziert ein älterer Herr mit seinem Dackel durch den Park von Schloss Nymphenburg, unerkannt von all den Touristen. Es ist Franz von Bayern, Nachfahre von Ludwig II. und Patriarch der Wittelsbacher. An seinem schönbrunnengelben Wohnhaus auf dem Vorplatz strömen die Besuchermassen ebenso achtlos vorbei wie an den vier Schlösschen im Randbereich des Parks.
"Die meisten gehen nur den Mittelteil entlang des Kanals auf und ab", sagt Holder. Dieser Teil wurde im französischen Stil mit Springbrunnen und symmetrischen Blumenbeeten angelegt. In den Seitenteilen im englischen Stil ist deutlich weniger los. Dabei gibt es auch hier viel zu sehen: die Amalienburg zum Beispiel, von deren Dach die namensgebende Regentin Fasane schoss, oder das Palmenhaus, das heute ein Café mit hübschem Garten ist.
Alter Südfriedhof
Zugegeben, es gibt ruhigere Friedhöfe - aber in München wohl keinen interessanteren als den Alten Südfriedhof. Beim Spazieren durch das Spalier der Grabsteine liest man gefühlt die Hälfte der großen Straßennamen. Und natürlich haben sich viele der Berühmten auch eine angemessene Ruhestätte geleistet. Die Engel, Helme, Wappen und Spitztürmchen ergeben mit den Kletterpflanzen und uralten Bäumen ein Ensemble wie ein romantisches Gemälde. Und ein bisschen Erinnerung an die Vergänglichkeit schadet in Zeiten des Rausches wohl auch nicht.
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