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Stadtgespräch Spezial: Wiesn? Wir wiesn alles!

Foto: Rüdiger Liedtke

Der perfekte Tag auf dem Oktoberfest Auf geht's, pack mas!

Welches ist das beste Zelt? Wo gibt es ein gutes Hendl? Und was ist die Alternative zum Dirndl? Hier erfahren Sie alles, was Sie für den perfekten Tag auf dem Oktoberfest wissen müssen - in unserem "Stadtgespräch SPEZIAL" zur Wiesn.
Zur Person
Foto: Rüdiger Liedtke

Rüdiger Liedtke arbeitet als Autor und Journalist in Köln. Er hat 25 Jahre lang in München gelebt und geht noch immer mit Lust auf die Wiesn. Für den Emons Verlag hat er mehrere Reiseführer über München geschrieben - zuletzt den Ratgeber "55 1/2 Orte rund ums Oktoberfest, die man gesehen haben muss".Website von Rüdiger Liedtke 

Herr Liedtke, wo startet man am besten in einen Oktoberfest-Tag?

Man kann auf der Theresienwiese  auch frühstücken, ab neun Uhr! Dann schnuppert man schon am Morgen Oktoberfest-Flair und ist beim Öffnen der großen Zelte vor Ort. Zu empfehlen sind Bodos Cafézelt , das Café Mohrenkopf  oder das Café Kaiserschmarrn  - das Wiesn-Frühstück dort gilt als Geheimtipp.

Was sollten Besucher auf der Wiesn immer dabei haben?

Genügend Bargeld! Billig ist der Besuch nicht, und geschenkt bekommt man schon gar nichts. Und wer dem köstlichen Bier kräftig zuspricht, dem sei auch ein Röhrchen Kopfschmerztabletten empfohlen.

Mit welchem Satz gewinnt man das Herz eines jeden Bayern?

München, die Weltstadt mit Herz!

Und was bleibt lieber ungesagt?

Dass Borussia Dortmund demnächst Deutscher Meister wird.

Die Münchner unterscheiden "gute" und "schlechte" unter den 14 großen Zelten auf der Wiesn. Worauf müssen Neulinge achten?

Die großen Zelte haben es alle in sich, Stimmung herrscht überall. Dennoch sind das Augustiner-Festzelt , das die Münchner selbst besonders gerne besuchen, und das Armbrustschützenzelt  tagsüber gemütlich und ohne allzu großes Remmidemmi. Oder vielleicht die Fischer-Vroni , wenn man Lust auf einen Steckerl-Fisch, eine Makrele, hat. Da geht es tagsüber auch gesittet zu - im Hofbräu-Festzelt , in der Bräurosl  und anderen gibt es dagegen ganztägig Partystimmung.

Um sich nicht als Fremder zu outen, sollte man außerdem...

...nicht unbedingt auf bayerisch machen. Das bedeutet aber nicht, dass man sich nicht zünftig kleiden soll. Lederhose und Dirndl sind nicht unbedingt nötig, irgendein Wiesn-spezifisches Accessoire ist aber angebracht, dann fühlt man sich einfach besser. Vielleicht ein Halstuch oder eine urige Jacke? In München gibt es auch zahlreiche Dirndl- und Lederhosenverleiher , bei denen man sich prächtig einkleiden kann, ohne gleich kaufen zu müssen. Aber irgendwie stilecht sollte es sein. Inzwischen sieht man auf dem Oktoberfest auch Outfits, die eher an Karneval erinnern - die sollte man sich nicht zum Vorbild nehmen.

Was ist die beste Grundlage, um sich ins Getümmel zu stürzen?

Am besten startet man mit ein oder zwei Butterbrezn, einer Leberkässemmel oder deftigem Schmalzgebäck in den Tag. Das ist eine gute Grundlage für den anstehenden Festtag.

Wann sollte man spätestens am Festgelände sein?

Das hängt davon ab, ob man die Wiesn  auf gut Glück ansteuert oder eine Reservierung in einem Zelt hat. Ich empfehle den Besuch am Tag: Die Mittags-Wiesn hat einen ganz besonderen Charme, und in der Woche hält sich der Andrang auch in Grenzen. Wenn man gegen 12 Uhr eintrifft, ist man überrascht, wie gemütlich es zugeht. Meistens findet man noch einen guten Platz in einem der großen Zelte. Noch schöner aber ist, bei gutem Wetter in einem der Biergärten draußen zu sitzen.

Wie ist es am Wochenende?

Voll. Die Zelte öffnen um 9 Uhr, eine Stunde früher als unter der Woche, und werden häufig schon um elf wegen Überfüllung für weitere Besucher geschlossen. Unter der Woche ist es entspannter. Anreisen sollte man auch dann am besten mit der U-Bahn , direkt an der Station Theresienwiese oder an den Haltestellen Hackerbrücke und Hauptbahnhof, von wo man ein Stück läuft, es aber etwas leerer ist.

Unbedingt sehenswert ist...

...die historische Krinoline . Das schwingende Karussell mit kleiner Blasmusikkapelle ist eines der ältesten und originellsten Fahrgeschäfte. Ein Muss ist auch der Besuch des Theaters Schichtl , wo seit 1869 mehrmals täglich Personen aus dem Publikum mittels einer Guillotine "enthauptet" werden. Wer es besonders wild mag, kommt im Freifallturm Power Tower  auf seine Kosten - oder im Olympia-Looping , der größten transportablen Achterbahn der Welt.

Ein Tipp für eine Zwischenmahlzeit:

Die knusprige Ente beim Heimer  ist ein Gedicht. Oder das Hendl vom Ammer . Man sitzt gemütlich und isst wirklich vorzüglich bei einer zischigen Oktoberfest-Maß oder einem Weißbier. Die gepflegteste Haxe auf der Wiesn, in der Haxenbraterei , ist wahrscheinlich die solide Grundlage schlechthin. Dort gibt es wie beim Heimer tagsüber keine Blasmusik - ideal, wenn man sich unterhalten oder nur in Ruhe essen will. Mittags kommt man auch in der Käfer-Schänke  auf seine Kosten. Das Menü ist vorzüglich und verglichen mit den Abendpreisen äußerst günstig

Ein Ort zum Durchatmen, wenn der Trubel zu viel wird:

Der originelle Glöckle-Wirt  mit seinem skurrilen Festzelt ist ein echter Tipp. Hier sorgt eine Mini-Kapelle für die Atmosphäre. Will man die Wiesn entspannt und dennoch zünftig erleben, sollte man die Oide Wiesn  ansteuern. Das ist der Teil des Oktoberfestes, der seit 2010 mit dem Festzelt "Tradition" und dem Herzkasperl-Festzelt originell an alte Zeiten anknüpft.

Was kann man machen, um ein wenig Abstand zu gewinnen?

Auf den Turm der nahen Paulskirche  steigen. Dort hat man einen phantastischen Blick über das riesige Festgelände. Aber Achtung: Der Aufstieg ist durchaus anstrengend und empfiehlt sich nur mit halbwegs nüchternem Kopf. Ein Knaller ist auch das Verkehrsmuseum , das in den alten Messehallen hinter der Bavaria  untergebracht ist.

Falls die Dinge sich ungut entwickeln - Ihr Tipp zur Deeskalation:

Den Nachbarn freundlich zuprosten - und ansonsten einem Streit aus dem Weg gehen. Der Klügere gibt nach.

Wann verlässt man das Gelände lieber?

Am besten, lange bevor die Zelte um 23.30 Uhr schließen  - ausgeschenkt wird ohnehin nur bis 22.30 Uhr. Es sei denn, man versucht noch, ins Käfer- oder ins Weinzelt zu gelangen, die bis 1 Uhr geöffnet sind. Geht man rechtzeitig, erwischt man noch ein Taxi oder kann halbwegs stressfrei U-Bahn fahren. Und natürlich sollte man lieber gehen, bevor der Alkoholpegel das eigene Befinden dominiert.

Was ist der beste Ort, um den angebrochenen Abend fortzusetzen?

Immer populärer, vor allem beim jüngeren Publikum, sind die After-Wiesn-Partys , von denen es jedes Jahr mehr zu geben scheint. Wenige Schritte hinter Bavaria und Ruhmeshalle ist die Party in der alten Kongresshalle  zu empfehlen, aber man sollte sich wegen des großen Andrangs schon ab 21 Uhr dort einfinden. Auch die Party im Löwenbräukeller  am Stiglmaierplatz lohnt einen Besuch.

Fast so berühmt wie die Post-Karnevals-Erkältung ist die Nach-dem-Oktoberfest-Grippe. Ihr Ratschlag für Anfällige?

Sieht man von der durch übermäßigen Biergenuss unvermeidlichen Katerstimmung ab, ist es meist die Stimme, die leidet. Das ist der lauten Blasmusik, dem Mitsingen und dem zwangsläufig lauten Reden geschuldet. Das Lutschen von Halstabletten mildert lange Folgen!

Wo können sich Oktoberfest-Verächter in all der Zeit verstecken?

In vielen Teilen Münchens spürt man das Oktoberfest nur marginal, ausgenommen davon ist natürlich die Theresienwiese und ihr Umfeld, die Bahnhofsgegend und die Innenstadt. Aber schon in Schwabing, Haidhausen oder im Glockenbachviertel ist das Leben wie immer - bis auf das abends noch weithin sichtbare Lichtermeer des Oktoberfests.

Die Fragen stellte Eva-Maria Träger


Information: Das 181. Oktoberfest  2014 findet vom 20. September, 12 Uhr bis zum 5. Oktober um 23.30 Uhr auf der Münchner Theresienwiese statt.

Buchtipp: "55 1/2 Orte rund ums Oktoberfest, die man gesehen haben muss ". Emons Verlag; 124 Seiten; 7,95 Euro.

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