SPIEGEL-Streitgespräch "Koks, na gut, aber Kaviar?"
SPIEGEL:
Herr Joop, was schenken Sie Ihren Töchtern zu Weihnachten?
Joop: Ich habe im letzten Jahr gar nichts verschenkt, sondern eine etwas größere Summe an die bosnischen Waisenkinder gegeben und meinen Töchtern gesagt: "Also, ihr bekommt jetzt nichts, ihr bekommt sowieso das ganze Jahr was. Und ich weiß, wie demütigend es sein kann, nehmen zu müssen."
Koenigs: Also meine Kinder haben immer ausgedehnte Wunschlisten. Ich erfülle ungern Wünsche nach nur irgend etwas Großem, mit dem man wenig machen kann. Der ewige Wunsch nach dem ferngesteuerten Auto.
SPIEGEL: Vor 30 Jahren war's einfacher: Jungs bekamen ihre Märklin-Bahn, Mädchen ihre Luxuspuppen, die Frau ihren Pelzmantel, alle waren glücklich, die Nachbarn neidisch, fröhliche Weihnachten! Das klappt nicht mehr. Warum nicht?
Koenigs: Käme ich meiner Freundin mit einem Brillantkollier, würde sie wahrscheinlich sagen, "na hör mal, was ist denn in dich gefahren".
Joop: Also es gab mal das Lied einer Kleptomanin, ein Chanson. "Hab' ich den Dreck, schmeiß' ich ihn weg", hieß der Refrain. So ähnlich geht es mir auch beim Shopping manchmal, daß man in eine Wahllosigkeit verfällt, und dann hat man einfach soviel Dreck am Hals, den man nicht braucht. Der Kick ist weg. Für mich als Luxusproduzent sind die eigenen Produkte gar nicht mehr konsumierbar. Wenn man so reich ist, kann man so arm aussehen wie ich. Ich habe billige Klamotten an, wenn man so will. Das ist ein norwegisches Armeehemd, das kann sich wirklich jeder kaufen. Ich will eben nicht aussehen wie der neureiche Fashion-Designer. Ich bin da noch arroganter: Da ich mein Äußeres verkauft habe, ist mein Luxus, mich zu verstecken.
Koenigs: Ihre Mode ist natürlich so, daß sie nicht jeder haben kann, und in dem Moment, wo sie zu viele Leute tragen, ist sie entwertet.
Joop: Die Leute wollen gar keine Einmaligkeit. Sie wollen den Luxusartikel, den die anderen auch haben; wie Kinder, die so sein wollen wie die anderen. Angesagte Luxusartikel sind wie eine Währung. Man muß sie halt besitzen.
Koenigs: Was die Leute in Ihren Kleidern oder in Ihrem Design suchen, ist die Zugehörigkeit zu einem erlauchten Kreis.
Joop: Das stimmt. Eigentlich bin ich ein Trostartikler, ich versuche, mit schönen Dingen Einsame zu trösten. Dadurch, daß mir Leute schreiben, weiß ich, daß Konsum Therapie ist. Bevor Wünsche formuliert werden, muß ich schon wissen, wie man sie erfüllen kann.
Koenigs: Ihren Duft könnte ich nicht beschreiben, ich weiß nicht, wie Joop riecht. Aber die Stewardess, mit der ich gesprochen habe, wußte es. Ja, sagt sie, das ist Luxus. Da hab' ich sie gefragt, was verdienen Sie? Ja, sagt sie, etwas mehr als 3000 Mark nimmt sie mit nach Hause, da ist der Duft von Joop! schon Luxus.
Joop: Es gibt Luxus und Luxus. Der eine ist der Luxus der Leute, die sich ein T-Shirt kaufen, wo Joop! draufsteht. Das ist wie ein Versprechen auf die Zukunft, Luxus für jedermann, irgendwann werde ich richtig reich sein. Der andere Luxus ist der hochpreisige. Der ist praktisch wie ein Kassiber unter Reichen. Den müssen die anderen auch gar nicht verstehen, die begreifen nicht, warum ein Kleid 12 000 Mark kosten soll oder eine Uhr. Die muß nicht teuer aussehen, aber sie ist teuer. Das reicht. Der Code ist der Preis. Nicht das Chrom oder das Gold, das wäre zu protzig, zu proletenhaft. Statt dessen gibt's einen neuen Kassiber für Luxushaltung. Der war nötig, weil Luxus industrialisiert worden ist, demokratisiert, könnte man auch sagen.
SPIEGEL: Ist Luxus eine Spirale, die sich selbst verschlingt?
Joop: Einst war es Luxus, ein Auto zu besitzen, heute ist der Besitz Freiheitsberaubung.
SPIEGEL: Sie bringen den Luxus unter die Leute, also sind Sie so eine Art Totengräber des Luxus?
Joop: Ich bin der Robin Hood des leisen Luxus. Ich jage den Bemittelten ihr Kleingeld ab, um es wie Sie, Herr Koenigs, nach Gutdünken umzuverteilen. Aber wenn man zum Beispiel Mode von Versace sieht mit ihrer Überdekoration, dann hat man das Gefühl, dieser Luxus gehört zu einer bereits überlebten Welt. Wer das mit Enthusiasmus nachlebt, sind die Leute, die aus einer gleichmachenden Kultur kommen. Zum Beispiel die Asiaten, die konsumieren diese Leere und diese Güter unserer europäischen Kitschkultur, also die brauchen das alles. Davon leben heute die großen Modehäuser.
SPIEGEL: Warum fallen viel Geld und wenig Geschmack so oft zusammen?
Joop: Um mit Geld umgehen zu können, muß man gebildet sein, vorbereitet. Das ist dasselbe, als wenn man Drogen nehmen würde, ohne etwas über Drogen zu wissen. Oder Kaviar essen.
Koenigs: Koks, na gut, aber Kaviar?
Joop: Doch, sonst schmeckt er wie Hering. Drogen und Kaviar schmecken zuerst gar keinem. Der Genuß ist durch Wissen vorbereitet. Reichtum muß, wie alle Dinge, auch ein Geheimnis haben, das gelöst werden will. Es gibt so viele Lottogewinner, die mit dem Besitz dieser Millionen gar nichts anfangen können.
Koenigs: Gerade das muß aber so sein. Das macht Lotto aus.
Joop: Du bist nicht unbedingt genußfähig dadurch, daß du reich bist. Viele reiche Menschen können sich nicht amüsieren. Ich kenne nichts Langweiligeres als Partys mit reichen Leuten, weil vieles so selbstverständlich ist, man freut sich auf nichts. Aber natürlich heult es sich besser auf einem Sofa als auf Asphalt.
SPIEGEL: Dennoch hat es Sie, Herr Joop, in Ihrem Lebensweg immer zu den Reichen hingezogen und Sie, Herr Koenigs, immer zu den Armen. Was zieht Sie, was treibt Sie?
Joop: Privat habe ich nicht einen einzigen Freund, der wohlhabend ist.
SPIEGEL: Aber im Beruf zieht es Sie in die Gesellschaft der Reichen, während Herr Koenigs viel getan hat, um dem Geld zu entkommen, er hat sein Millionenerbe verschenkt, hat es als Arbeiter, Buchhändler, Taxifahrer versucht ...
Joop: Das sind Experimente von Leuten, die die Wahl haben. Ihr Erbe zu verschenken ist mangelnder Respekt vor dem Reichtum, mangelnder Respekt vor dem, was der Vater erarbeitet hat.
Koenigs: Es war der Großvater.
Joop: Als Sie Ihr Geld damals dem Vietcong geschenkt haben, fühlten Sie sich einer Utopie verpflichtet. Das ist auch die Verpflichtung, die ich empfinde. Meine eigene Utopie zu entwerfen, statt die von anderen zu finanzieren. Bedauern Sie das heute nicht, das Geld weggegeben zu haben, auf Nimmerwiedersehen?
Koenigs: Es gibt nur eine Sache, für die ich heute gern viel Geld hätte: Ich würde einen öffentlichen Park anlegen. 30 Jahre später frage ich mich, ob das Hauptmotiv damals war, mich selbst zu befreien oder den Vietcong zu befreien. Damals habe ich mich gefragt: Zu welchen Leuten willst du eigentlich gehören? Willst du zu denen gehören, die sich mit Reichtum, den sie noch nicht einmal selbst geschaffen haben, umgeben, oder willst du zu denen gehören, die mir damals nahe waren und es bis heute sind. Ich habe mich gerettet, nämlich aus dem vorgesehenen Gang der Dinge, Banklehre, kaufmännisches Studium, Middle Management in der Bank, und das alles, weil die Familie vorgesorgt hatte. Ich habe mir die Chance gegeben, frei zu sein, mich selbst zu behaupten. Ich finde das so gut, daß ich auch meinen Kindern nichts hinterlassen werde.
Joop: Aber Sie vererben doch Luxus. Sie vererben Privilegiertheit, Bildung und Haltung zum Beispiel.
Koenigs: Also wenn es mir gelingt, meinen Kindern eine gute Ausbildung zu sichern, bis sie meinetwegen 25 sind, dann bin ich froh. Daß ich ihnen die Gewohnheit, zu herrschen, die meine Eltern und Urgroßeltern alle noch hatten, vererbe, das möchte ich nicht, das tue ich auch nicht. Und Vermögen vererbe ich auch nicht.
SPIEGEL: Warum nicht?
Koenigs: Ich habe eine gewisse Vorstellung von Gleichheit in der Gesellschaft. Man erreicht sie nicht, man muß sie aber anstreben. Und nicht dadurch, daß man die Oberen stürzt, sondern daß man die Unteren hebt.
SPIEGEL: Das klingt so wie bei Joop: Smoking für alle, Luxus für jeden.
Koenigs: Luxus kommt aus dem Überfluß, aber was Überfluß ist, ist etwas sehr Relatives. Der beste Ausdruck des Luxus, den ich in der ganzen Geschichte sehe, war bei Diogenes, der in sich ruhend in seinem Faß liegt, arm ist, bedürfnislos ist, weise ist, und dem der reichste, mächtigste Mann der Welt gegenübertritt, Alexander der Große, und der sagt, ich bin beeindruckt von deiner Philosophie, wünsch dir was. Und Diogenes in Kenntnis dessen, daß er sich alles auf dieser Welt wünschen kann, hat die Souveränität, zu antworten ...
Joop: Geh mir aus der Sonne.
Koenigs: Diese Haltung hat so einen unwahrscheinlichen Überschuß an Lebensfreude, an Kraft, das reicht für das ganze Leben. Das ist für mich Luxus.
SPIEGEL: Also der wahre Luxus ist der immaterielle Luxus?
Koenigs: Nein, das ist Quatsch, und das kommt mir in dem Essay von Enzensberger zu kurz. Natürlich ist auch Zeit zu haben und Raum zu haben an materielle Voraussetzungen gebunden. Zum Beispiel arbeitet die absolute Mehrheit der Bevölkerung in Jobs, die ihnen nicht gefallen.
SPIEGEL: Ihr Job, Herr Koenigs, ist sparen, Sie leben vom Abbau des öffentlichen Luxus. Ist das nicht deprimierend?
Koenigs: Nein, ich lebe davon, für die Stadt zu wirtschaften. Das ist mein Beruf.
SPIEGEL: Sie müssen kürzen, streichen, Schwimmbäder schließen, Theateretats zusammenstreichen ...
Koenigs: Ich muß versuchen, mit einem schrumpfenden Budget möglichst viel zu erreichen, für die Kultur, für den ökologischen Ausgleich und für den sozialen Ausgleich.
Joop: Früher, als alle arm waren, gab es wenigstens Paläste, exzentrische Kreativität und Mäzene. Ludwig von Bayern oder Ludwig XIV. hatten große Immobilien und gaben große Partys, die das Volk bezahlte, es aber auch teilhaben ließ. Es gab eine Verpflichtung der Herrscher zum Prunkverhalten.
Koenigs: Das Bedürfnis nach öffentlichem Luxus hat sich gewandelt. Ein Bau des Ludwig von Bayern paßt nicht in die demokratische Kultur und würde heute zu Recht auf Ablehnung stoßen. Entweder ein Bau ist demokratisches Bedürfnis oder Verschwendung. Das Regierungsviertel in Berlin ist ein öffentlicher Luxus, der nicht zu rechtfertigen ist. Das ist eine Verschwendung wie im Feudalismus.
SPIEGEL: In den Städten ist es so, daß sich privater Luxus in immer größeren Einkaufszentren und immer höheren Bürotürmen verewigt, während öffentlicher Luxus für die Bewohner der Städte verfällt.
Koenigs: Das hängt damit zusammen, daß wir eine große, ständig wachsende Gruppe von Armen haben, die von Sozialhilfe leben, und eine kleine Gruppe von Leuten, die immer mehr ausgeben können. Um die eine kümmere ich mich, um die andere Herr Joop.
Joop: Na ja, die Stammkundschaft, von der wir früher lebten, verarmt auch, also der Mittelstand, die Leute, die vor zehn Jahren 5000 Mark verdient haben und damit wohlhabend waren. Die kaufen ihr T-Shirt jetzt bei Hennes & Mauritz.
SPIEGEL: Aber noch können Sie es genießen, Luxus zu produzieren?
Joop: Mein Genuß ist erheblich gestört, nicht durch fehlendes Geld, aber durch fehlende Zeit. Ungefähr 12 000 Leute arbeiten an Joop-Produkten. Da gibt es Deadlines, wenn ich die überschreite, gibt es keine Produktion. Und ich bin saisonverpflichtet. Frühjahr, Winter. Ich muß produzieren. Das ist ein Drill. Ich kann mich heute auf einer Flughafen-Toilette hinsetzen und in zehn Minuten Schuhe zeichnen. Weil ich weiß, ich muß sie bei einer Fabrik abgeben.
SPIEGEL: Das klingt so, als seien Sie ein Gefangener des Luxus.
Joop: Man kann sich eigentlich kaum noch zurücklehnen. Diesen Luxus des Ausruhens kann man sich in diesem Beruf nicht leisten, denn: Wenn du dann wieder zu dir kommst, dann hat die Zeit sich schon überholt. Es ist eben auch ein Imponiergehabe, das finanziert werden muß. Ein Model kostet heute 20 000 Dollar am Tag. Ein Topmodel. Vor zehn Jahren hat es 2000 Dollar gekostet.
Koenigs: Daß die Mode von sich selbst immer schneller eingeholt wird und es da auch dieselbe Beschleunigung gibt, die es bei anderen Globalisierungen gibt, das finde ich direkt beruhigend.
Joop: Mode ist eine Machtmaschine geworden. Ganz komisch, heute besetzen Modehäuser das, was früher Majestäten besetzten. Heute entsprechen der Hof eines Karl Lagerfeld und der Hof von Versace einem royalistischen Hof, und die Models sind die Hofdamen, die auf die Guillotine müssen, wenn sie nicht mehr angesagt sind.
Koenigs: Wenn man einen Ihrer Läden betritt, empfängt einen eine unglaubliche Freundlichkeit, da wird man gleich einbezogen in die Joop-Welt, eine ganz symbolische Traumwelt ...
Joop: ... auch noch eine therapeutische.
Koenigs: Mich fasziniert, wie Sie den gepflegten Schein im Gewande der Menschenfreundlichkeit inszenieren. Sie müssen die Leute mögen, die Ihre Sachen anziehen, das finde ich schon überzeugend. So freundlich wie Ihre Verkäuferinnen ist niemand in unserer Ausländerbehörde.
Joop: Schade.
Koenigs: Nein, wir in der Politik haben diesen Schritt überhaupt nicht mitgemacht. Sie machen sich Gedanken darüber, was wollen die Leute, wie fühlen sie sich in Ihren Kleidern. Sie gehen den Leuten mächtig auf den Pelz. Ich gehe nicht so nah ran, wenn ich Politik mache.
Joop: Aber die Regine Hildebrandt macht das auch. Die geht richtig ran. Die gefällt mir. Und Gysi ist auch geschickt ...
Koenigs: ... im Aufsaugen von Kundenwünschen.
Joop: Aber er hat nicht die Gefallsucht dem Publikum gegenüber wie die meisten deutschen Politiker. Den Wählern gegenüber wirken sie so anbiedernd, so mafiosohaft schleimig. Ihr Vorsitzender Joschka Fischer vertritt die Frauen und die Männer in einer Gestalt. Der wirkt ja immer so schwanzlos und damit so sympathisch unbedrohlich.
Koenigs: Also für mich ist Joschka Macho genug, wir haben einmal in einer Wohngemeinschaft zusammengelebt.
Joop: Und dann ist der immer so bewußt nicht angezogen, hat dieses protestantisch-puritanische Getue, daß wir alle nicht eitel sind. Der deutsche Mann wollte immer zeigen, daß er nicht eitel ist, darum trägt er immer noch die Trenchcoats mit diesen niedlichen Schulterklappen. Und er trägt immer einen Schal, weil es kalt werden könnte irgendwann.
Koenigs: Viel Gedanken über meine Kleidung mache ich mir auch nicht.
Joop: Ich glaube ganz sicher, daß Sie der Kleidung generell, ich will jetzt nicht Mode sagen, aber der Kleidung gegenüber sehr sensibel sind. Ein Hemd, eine Hose ist eine Art Visitenkarte. Und Sie zeigen mir, daß Sie ungern konventionell sind, sich nicht einreihen. Sie haben den Knopf nicht zugeknöpft, Sie tragen keine Krawatte. Sie tragen Jeans, obwohl das eine Mode ist, die einem 18jährigen, einem Schüler stehen würde, wenn man so will. Sie kleiden sich, verdammt noch mal, nicht wie Ihr Vater. Sie kleiden sich wie Ihr eigener Sohn, was problematisch ist, weil: Was soll der denn nun anziehen?
Koenigs: Warum muß der sich denn über die Kleidung von mir differenzieren?
Joop: Weil jeder Junge sich vom Vater unterscheiden will. Also sagen Sie nie wieder, daß Sie ein unmodischer Mensch sind.
SPIEGEL: Beurteilen Sie Leute nach ihrem Äußeren?
Joop: Wonach sonst, ich kann sie ja nicht röntgen. Ich schau mir die Uhr an ...
Koenigs: Die ist von Eduscho, die kostet 49 Mark.
Joop: Kommt sicher aus einem Dritte-Welt-Land. Kinderarbeit.
Koenigs: Die Zeit ist mir zu schade, die man braucht, um gut gekleidet zu sein. Wer den Luxus der Mode genießen will, braucht Zeit dafür.
Joop: Nur für den Dandy ist das ein Fulltime-Job. Mit solchen Leuten wie mit Ihnen habe ich keine Probleme, das akzeptiere ich. Lächerlich wird es, wenn Leute viel Geld und viel Zeit darauf verwenden, das Falsche zu kaufen und in die Konsumfalle tappen, die die Modeleute ihnen aufgebaut haben. Na, ich möchte jetzt keine anderen Marken nennen, aber gerade die offensichtlichen sind es natürlich, auf die die Leute reinfallen.
Koenigs: Da stehe ich doch lieber in Buenos Aires in einer Buchhandlung und kaufe mir eine Erstausgabe von Borges.
Joop: Das ist aber doch jetzt wirklich Luxus.
Koenigs: Ist völliger Luxus.
Joop: Das ist Überfluß! Exzentrisch und elitär!
Koenigs: Nur weil es selten ist, habe ich mir das Buch gekauft. Man ist irgendwie stolz, daß man so was hat. Ich habe durchaus einen Sinn für Luxus, nur ist mein Luxus ein anderer. Ich kaufe Ihre Produkte nicht. Es würde mich auch nicht sonderlich freuen, wenn Sie sie mir schenken. Ihre Mode geht um die ganze Welt, überall ist sie gleich. Geht da in der Kultur nicht auch was verloren?
Joop: Mode ist heute eine einheitliche Sprache. Es gibt keine sogenannte französische, italienische, deutsche Mode. Mode wird weltweit beworben. Über Kommunikation und Advertising. Solange ich advertise, bin ich. Und zu viele sagen: Solange ich shoppe, bin ich!
Koenigs: Das ist für mich eine sehr fremde Welt, von der Sie erzählen.
Joop: Die ist Ihnen vielleicht fremd, aber die ist der Welt nicht mehr fremd. Da kann ich nur sagen, da sind Sie wirklich weltfremd.
Koenigs: Das hört sich für mich an, als würde ich auf einen sehr großen Stamm von Menschen stoßen, die nach einem anderen Ritus leben. Und ich habe ganz stark das Gefühl, als gehöre ich zu dem Ritus nicht. Ich bedaure es nicht.
Joop: Ich glaube, daß Sie ein sehr luxuriöses Leben führen. Abgeschnitten von diesen Informationen, von denen ich gerade rede, vor denen sich kaum einer schützen kann. Da sind Sie doch wirklich beschützt. Ich habe das Gefühl, ich sitze vor einem Millionär, einem mehrfachen Millionär. Ich sitze vor einem glücklichen Menschen. So einen reichen Menschen habe ich in der letzten Zeit nicht mehr gefunden.
SPIEGEL: Herr Koenigs, Herr Joop, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.