TV-Shows Bruce ohnmächtig
Der Wahrheit is: Auf die erste Blick, Bruce Darnell ist like a fuckin' Puzzle. Nix passt susamme bei disse verruckte Typ. Dass er sou erbrochene Deutsch sprischt - nach über 20 Jahre in Deutscheland! Dass er sou nahe gebaut an die Wasser und bei jede Pups losheult, obwohl er fruher fightete sechs Jahr lang for die U. S. Army wie eine Robot.
Auf die zweite Blick passt immer noch nothing, erst recht nicht, dass die Bruce jetzt soll werde ausgeräschnet die brandnew Stilikone of the ARD. Vorher er war ein bisse die Witzfigur bei "Germany's Next Topmodel" auf ProSieben, wo er su die Laufsteg-Tussis sagte: "Mehr Drama, Baby!" oder "Die Handetasche musse lebe!" Ab 12. Februar er darf abends durch sein eigene "Styling-Show" führen. Bruce als Bruce in "Bruce". Dienstags to friday, ab 18.55 Uhr, 20 Folge lang.
Sogar die öffer-rechti... öffelisch-rek... also the Gebühren-TV klingt mondäner, wenn Bruce es sprischt: "Äi Ar Di".
Aber solle wir ährlisch sein, der Wahrheit sage wie är? Bruce als eine Typberater in die Äi Ar Di ... es ist, als ob Elton John gibt Jodelkurs in die VHS Dinslaken.
Und genau deshalb - wenn auch vielleicht erst auf die dritte Blick - er ist wahrscheinlich die riskanteste, aber auch interessanteste Neubesetzung, was de ganze deutsche TiVi derzeit zu biete hat.
This guy strahlt aus die Naivität von ein Zehnjährige und die Dynamik von ein Twen. Er hat die durchtrainierte Body eines 30-Jährigen, was jedem Normalmittvierziger Feeling gibt von ein Müllsack. Dabei ist er schon 50 und hat genug er- und überlebt für einen 100-Jährigen.
Dieser Darnell weiß, was Einsamkeit ist, denn er wuchs als einziges uneheliches von zehn Kindern in Colorado auf. Sie haben es ihn spüren lassen. Alle. Den Kontakt zu seiner Familie hat er abgebrochen. Seinen leiblichen Vater kennt er bis heute nicht.
Er weiß auch, was Härte ist, denn nach der Schule und einem Intermezzo als Soziologiestudent landete er bei der 82. Luftlandedivision, ausgerechnet im Südstaat North Carolina. Es gibt ruhigere Lebensläufe.
Deshalb weiß er auch, was Rassismus ist, wenn er erzählt, wie er mal nachts mit dem Fahrrad unterwegs war und von einem Pick-up geschnitten wurde. Wie er schimpfte, bis einer der vier Typen ihm eine Pistole ins Gesicht hielt und sagte, noch einen Ton, und er drücke ab, und wie sie dann lachten, und er schwieg.
Darnell überlebte diese Jugend und diese Familie und dieses Militär und die eigene Angst, bevor er Mitte der achtziger Jahre ohne Plan nach Deutschland flog, einfach weil sein Stiefvater früher von seiner eigenen Armeezeit in Augsburg erzählt hatte.
In München und dann in Köln arbeitete er in Discotheken und als Model. Die Jobs wurden internationaler, bis er vor zwei Jahren in Heidi Klums Castingshow landete. Klum war die Domina, Bruce bald die Königin der Herzen. Frauen mögen ihn wie einen schwulen besten Freund, Männer finden ihn lustig und ungefährlich.
Es treibt ihm noch immer Tränen in die Augen, dass er im Herbst aus der Presse erfahren musste, in der dritten Staffel gar nicht mehr dabei sein zu dürfen. Woher so jemand sein Selbstvertrauen nimmt? Hat er denn eins?
Klar. Und er hat es sich verdient. Es gibt im deutschen Fernsehen wohl niemanden, der in all seiner bisweilen anstrengend-überbordend-gefühlig-affektierten Künstlichkeit zugleich so viel verletzliche Wahrhaftigkeit und oft verletzte Ehrlichkeit ausstrahlt wie er. Dabei ist er ein erstaunlich feiner Mensch geworden - oder geblieben.
Bruce' Manager-Ehepaar, das sind die Angelika und der Wolfgang aus Stommeln bei Köln. Sie haben eine Modelagentur, aber keine eigenen Kinder. Sie haben Bruce.
Seit rund 20 Jahren kümmern sie sich um ihn. Sie sind nicht seine Aufpasser, sondern seine Familie, wenn sie - wie an diesem Januarabend - in Reichweite sitzen und ihm zuhören, wie er von die Dunkelheit sprischt, in die er gebore und aufgewachse is mit die Hoffnung auf Licht an die Ende von de Tunnel.
Sie haben jetzt ein bisschen Angst um ihn. Er hat wieder den ganzen Tag geackert in diesem Studioloft im Industrieviertelelend von Köln-Deutz. Manchmal kann er einfach nicht mehr. Auch weil ihn die Storys der Kandidaten treffen wie radioaktive Strahlung.
Seine Shows werden seit November aufgezeichnet. Sie veränderten sich und ihn. Alle bei der Produktion haben ein gutes Gefühl, aber das Ergebnis wird man erst im Fernsehen beurteilen können. "Bruce" könnte ein absurdes Tränenreich werden zwischen Kitsch und Klischee. Oder ein TV-Ereignis. Man muss keine Angst haben, dass es zu seicht wird, eher zu schwer, wenn Bruce zum Beispiel erzählt von der Kandidatin mit den missglückten Kieferoperationen. Er bat sie, ein Bild von sich zu malen. Und sie malte Frankenstein.
Selbst wenn er nur davon erzählt, weint er wieder. Dieser Bruce glaubt sich auf einer Mission. Natürlich sei er weder Prediger noch Heiliger. Aber er müsse diesen armen Menschen doch helfen, sich wieder aufzurichten. Nicht mit Schminktipps, sondern Lebenshilfe! Nur: Er muss jetzt ein bisschen viel retten: die Quoten des ARD-Vorabends, 20 Kandidaten und sich selbst gleich mit.
Die Show seines Lebens hat noch keinen Soundtrack. Es könnte "Brokeback Mountain" werden oder "Ein Käfig voller Narren". Beides wäre übrigens nicht er. Das ist der Wahrheit.