
Leiter der Privat-Uni EBS: Jahns, ein unehrbarer Kaufmann?
Bildung Schöner Schein
Wenn Christopher Jahns davon spricht, was seine Studenten lernen sollen, können die Ziele nicht hehr genug sein: Edel sei der Manager, hilfreich und gut.
"Ich bin davon überzeugt, dass die Wurzel der Krise Gier ist", hat Jahns, 41, einmal gesagt. An seiner Eliteschmiede, der European , will er sich dem allgemeinen Sittenverfall entgegenstemmen. Die Studenten, die regulär Studiengebühren von rund 1000 Euro im Monat zahlen, sollen einen Eid schwören. Der Präsident der will damit Prinzipien des "ehrbaren Kaufmanns" wiederbeleben. Alte Tugenden gelte es zu beschwören, "Ehrlichkeit", "Anstand" und "Transparenz".
Große Worte scheinen noch nie das Problem des Präsidenten gewesen zu sein, er erzählt gern von Kooperationen mit einem Friedensnobelpreisträger oder weltweit führenden . Im Stiftungsvorstand seiner Kader-Einrichtung sitzen Top-Manager großer Unternehmen, Jahns pflegt beste Kontakte in die Politik. Im Sommer erst verkündete er sein Meisterstück, die Gründung einer Jura-Fakultät. Rund 25 Millionen Euro überweist allein das Land Hessen.
Doch wie edel und gut handelt Jahns selbst? Der 41-Jährige leitet nicht nur die Hochschule, sondern hat auch führende Funktionen in zahlreichen Beratungs- und Beteiligungsfirmen. Die wiederum stehen in so engen Verbindungen zur Hochschule, dass die Grenzen manchmal zu verwischen scheinen. Von den Merkmalen eines ehrbaren Kaufmanns, wie Jahns sie beschreibt, ist mindestens eines nicht immer erfüllt: die Transparenz.
"Probleme in Bezug auf Verwertungs- und Abrechnungsfragen"
Wie schwer das Geflecht zu durchschauen ist, stellten auch die Verantwortlichen fest, die für das Bundesforschungsministerium über einen Förderantrag zu entscheiden hatten. Die Prüfer merkten angesichts "unterschiedlicher Verbindungen" zwischen Antragstellern auf. Sie verlangten nach Informationen über die Verbindungen von vier Firmen zur Hochschule, weil sie mögliche "Probleme in Bezug auf Verwertungs- und Abrechnungsfragen" sahen. Daher forderten sie "eine Aufstellung (möglichst in Form eines Organigramms) über die personellen und wirtschaftlichen Verbindungen" an.
Und die sind vielfältig. Im Umfeld der Hochschule taucht immer wieder die Beratungsgruppe BrainNet auf. Deren Top-Manager Christian Rast sitzt im Stiftungsvorstand der Hochschule. Präsident Jahns wiederum gehört Verwaltungsräten mehrerer Unternehmen aus dem BrainNet-Imperium an. Auch in Firmen, nach denen die Prüfer fragten, spielen BrainNet-Manager eine entscheidende Rolle. Geschäftsbeziehungen gibt es unter anderem zur Hochschule. Die Firmengruppe mit dem Verwaltungsrat Jahns berät die Hochschule des Präsidenten Jahns - und kassiert zumindest in manchen Fällen auch Honorare.
Um für kritische Nachfragen gewappnet zu sein, hat BrainNet eigens interne "Richtlinien für Krisen- und Risiko-Kommunikation" erstellt. Auf vielen Seiten wird festgehalten, wer was zu sagen hat, denn die "Bedrohungsszenarien und Angreifer sind extrem vielfältig", wie es in der Präambel heißt. Bei Nachfragen sollen vorbereitete Antworten helfen.
Interessant ist, welche Themen die Berater selbst als "besonders sensibel" einstufen: just die Partnerschaft mit der Hochschule und alle Fragen zur Rolle von Jahns. Eine Standardformulierung in dem Dokument beginnt mit den Worten: "Christopher Jahns hat verschiedene Positionen". Wohl wahr. Jahns begnügt sich keineswegs mit seiner Doppelrolle als Hochschulpräsident und Verwaltungsrat. Er steht auch einem Institut an seiner Hochschule vor, wiederum mit dem Titel eines Präsidenten.
Der Präsident als Dienstleister der eigenen Hochschule
Das sogenannte SMI nimmt eine Schlüsselrolle in dem Geflecht ein. Für dieses Institut ist eine Dienstleistungsfirma tätig, die ebenfalls SMI im Namen trägt, aber keineswegs der Hochschule gehört. Dahinter steckt vielmehr eine Schweizer Aktiengesellschaft, die mehrere BrainNet-Manager führen. Ihr Präsident: Jahns. Der Präsident als Dienstleister seiner eigenen Hochschule - eine Interessenkollision?
Aber nicht doch, sagt Jahns. Alles sei sauber, geprüft und genehmigt. Bei BrainNet konzentriere er sich "ausschließlich auf die wissenschaftliche Beratung der Gruppe und aufsichtsratskonforme Tätigkeiten", alle seine Mandate seien vom Aufsichtsrat der Hochschule genehmigt. Und "sämtliche Leistungsbeziehungen" würden dem Aufsichtsrat der Hochschule "transparent gemacht" und seien vom Wirtschaftsprüfer der Hochschule "auf Einzelbelegnachweis vollumfänglich positiv geprüft worden".
Wer an der European Business School nach BrainNet fragt, wird gern darauf verwiesen, dass die Hochschule mit rund 200 Unternehmen kooperiere. Doch die Verbindungen zu Jahns' Firmenimperium wirken außergewöhnlich eng. Das fängt schon bei Kleinigkeiten an, einigen Computern etwa, die BrainNet gegen Gebühr mehreren Hochschulmitarbeitern im vergangenen Jahr gestellt hat.
Auch bei größeren Verträgen verwischen schon mal die Grenzen zwischen dem Hochschulpräsidenten Jahns und dem Geschäftsmann Jahns. Das legt jedenfalls ein Vertrag mit dem Autokonzern BMW nahe. Es ging um die Einrichtung eines Stiftungslehrstuhls an einer chinesischen Partnerhochschule. Aus diesem Anlass schloss BMW einen Vertrag mit einer weiteren Schweizer Aktiengesellschaft, die SMI im Namen trägt und die wiederum von Jahns und mehreren BrainNet-Managern geführt wird.
Mit der European Business School habe das nichts zu tun, die Aktiengesellschaft "tritt nicht im Namen unserer Universität auf", heißt es in einer Stellungnahme. Merkwürdig dann nur, wer den Vertrag unterschrieben hat - Jahns als Vorstandsvorsitzender der Hochschule ("CEO, European Business School"). Alles nur ein Versehen, alles nur ein Missverständnis?
Wenn ja, leistet Jahns solchen Verwechslungen Vorschub, indem er seine Rollen zuweilen miteinander verquickt wie in einem Schreiben an einen großen Konzern. Verfasst ist es auf Briefpapier der Hochschule, der erste Satz lautet: "Ich schreibe Ihnen als Präsident der EBS European Business School." Wenige Absätze später aber bittet Jahns um einen Gesprächstermin, um gemeinsam mit BrainNet-Manager Rast über "die Aufstellung des Einkaufs im Konzern" zu sprechen - Akquise auf Hochschulpapier.
"Die Ethik ist in den vergangenen Jahren eindeutig zu kurz gekommen"
Man könnte all diese Verbindungen vielleicht weniger kritisch sehen, wenn die Hochschule ohne staatliche Förderung auskäme. Doch für ihre jüngste Erweiterung, den Aufbau einer Jura-Fakultät in Wiesbaden, erhält die Hochschule Unterstützung, nicht nur vom Land. Die Stadt Wiesbaden hilft nur zu gern, vermutlich, weil die Hochschule ihren Sitz von Oestrich-Winkel dorthin verlegt hat und die Landeshauptstadt sich damit endlich Uni-Stadt nennen darf - auch wenn der Standort in Oestrich-Winkel keinesfalls aufgegeben wird. Insgesamt beläuft sich die Förderung für die European Business School, die sich nun "Universität für Wirtschaft und Recht in Gründung" nennt, auf mehr als 50 Millionen Euro.
Da kann sich ihr Präsident nicht wundern, wenn Geschäfte an und mit der Hochschule nun genauer betrachtet werden. Während Jahns so gern von hehren Zielen redet, spricht die Firmengruppe, der er eng verbunden ist, die herkömmliche Sprache der Wirtschaft. Mit Blick auf das SMI-Hochschulinstitut rühmt sich BrainNet einer "weltweit einzigartigen Wertschöpfungskette", beginnend mit der Forschung und Ausbildung junger Talente.
Es wirkt so, als hätte BrainNet einen Teil der Hochschule okkupiert. Wo gemeinnützige Hochschule draufsteht, wäre Beratungsfirma drin - ein schöner Schein, der sich für gute Geschäfte nutzen ließe.
Jahns weist solche Vorwürfe weit von sich und redet lieber von dem "Hippokratischen Eid für Manager", der erarbeitet werde. Übrigens "in enger Zusammenarbeit mit den Young Global Leaders im World Economic Forum", dem exklusiven Netzwerk von Davos - allererste Adressen, allerhöchste Ansprüche.
In einem Interview prangert Jahns dann schon mal die "Maß- und Verantwortungslosigkeit" und eine "Vollkasko-Raffgier" an und sagt Sätze wie: "Die Ethik ist in den vergangenen Jahren eindeutig zu kurz gekommen."