Trumps dubiose Immobilien-Deals "Wundersame Überweisung von irgendwoher"

Donald Trump machte jahrelang Geschäfte mit einem zwielichtigen türkisch-kasachischen Clan, heute will er nichts mehr davon wissen. Dabei endeten viele Deals vor Gericht.
Geschäftsleute Trump, Arif, Sater im September 2007: "Ich kenne Herrn Arif nicht besonders gut"

Geschäftsleute Trump, Arif, Sater im September 2007: "Ich kenne Herrn Arif nicht besonders gut"

Mit der Erinnerung ist das so eine Sache bei Donald Trump. Die Lücke zwischen dem, was der Kandidat gestern sagte, und dem, was der designierte Präsident nun vorhat, ist gewaltig: Mauer gegen Mexiko, Schluss mit Obamacare, Hillary in den Knast. War da was?

Doch Donald Trump war schon immer ein wandelnder Alzheimer. Jemand, der sich nicht erinnern kann, mit wem er bei einer Pressekonferenz in die Kamera lächelte, wer da bereit war, ein paar Millionen hinzublättern, damit seine Bauten zum "Trump Tower" veredelt wurden. Hat er angeblich alles nur noch schemenhaft im Gedächtnis.

Vielleicht liegt es aber auch daran, dass Trump heute einfach nicht mehr wissen möchte, mit welch dubiosen Personen er sich als Geschäftsmann so eingelassen hat.

Dezember 2007, Donald Trump wird von Anwälten befragt, es geht um einen Rechtsstreit mit Time Warner. Der Medienkonzern hatte ein Jahr zuvor ein wenig schmeichelhaftes Buch über Trump veröffentlicht. Der verlangt Schadensersatz, weil ihm durch die Enthüllungen angeblich Millionenaufträge entgangen seien. Vor allem die schönen Geschäfte, die er mit einem gewissen Tevfik Arif geplant hatte.

Gemeinsam wollte das Duo Trump und Arif Mitte der 2000er-Jahre halb Osteuropa mit Trump Towers überziehen: Moskau, Kiew, Warschau, bis die Veröffentlichungen "den Deal gekillt haben", wie Trump zu Protokoll gab. Über seinen Partner Arif schwärmt der Geschäftsmann: Er habe bei den Projekten meistens mit ihm zu tun gehabt, und "er hat die Kontakte, er ist sehr international, das werden Sie schon sehen". Arif habe auch russische Geschäftspartner zu ihm nach New York gebracht.

Vier Jahre später, im Jahr 2011, steckt Trump erneut in einem Rechtsstreit. Dieses Mal geht es um ein Bauprojekt, das er und Tevfik Arif mit dessen Bayrock Group tatsächlich hochgezogen hatten. Nur, dass es nun keinen Ärger mit der Presse gibt, sondern mit mutmaßlich geprellten Anlegern. Und dass Trump plötzlich von einem partiellen Gedächtnisverlust heimgesucht wird. "Ich kenne Herrn Arif nicht besonders gut", so sagt Trump vor Gericht aus. "Ich habe ihn ein paarmal getroffen."

Engere Verbindung, als vorgegeben

In Wahrheit war Trumps Beziehung zu Tevfik Arif wohl eher vertraut. Beide verbindet weit mehr als ein Faible für jüngere Frauen aus Osteuropa: Jahrelang haben sie versucht, sich bei gemeinsamen Immobilienprojekten die Taschen zu füllen. Das belegen Hunderte Seiten Gerichtsakten, Mails und Verträge aus den Football-Leaks-Dokumenten. Die Verbindung war so eng, dass offenbar sogar Freunde der Arif-Familie Sonderkonditionen in Trump-Hotels nutzen konnten.

Was die Geschäfte für den heutigen Politiker Trump so brisant macht: Die Gelder für die Bauvorhaben stammen teils aus fragwürdigen Quellen in Russland und Kasachstan - und von Investoren, gegen die in Europa teils wegen Geldwäsche ermittelt wurde. In amerikanischen Gerichtsdokumenten aus dem Jahr 2010 heißt es in einer Klägerschrift: "Wann immer Bayrock das Geld ausging, gab es eine wundersame Überweisung von irgendwoher. Gerade genug, um die Firma am Laufen zu halten."

Bauprojekt Trump SoHo - Partner mit krimineller Vergangenheit

Bauprojekt Trump SoHo - Partner mit krimineller Vergangenheit

Foto: FRED R. CONRAD / NYT / REDUX

Die Deals mit Arif waren für Trump fast ohne Risiko. Arif baute, Trump gab den Türmen seinen Namen und kassierte 18 Prozent vom Profit. Heute müht sich der künftige Präsident um größtmögliche Distanz zu diesen Projekten - und zu Tevfik Arif.

Arif stieg Anfang der 2000er-Jahre ins US-Baugeschäft ein, er nennt seine Firma Bayrock Group und hängt sein Firmenschild an ein Haus mit einer der besten Adressen, die man in New York mieten kann. Sein Büro liegt im 24. Stock eines Wolkenkratzers in der 56. Straße, Downtown Manhattan. Besser bekannt als Trump Tower.

Bald als Vorstand an Arifs Seite: Felix Sater, ein Mann mit fragwürdiger Vergangenheit und noch fragwürdigeren Methoden. Seine Eltern waren aus der Sowjetunion in die USA emigriert, da war er acht Jahre alt. Nach der Schule machte Sater Karriere als Aktienhändler - und kam 1991 das erste Mal mit dem Gesetz in Konflikt.

Während einer Feier in einer Bar in Manhattan stritt sich der damals 25-Jährige mit einem Kollegen - es ging um eine Frau. Sater griff zu einem Margarita-Glas, zerschlug es am Tresen und rammte es seinem Gegenüber ins Gesicht. Der musste daraufhin mit 110 Stichen genäht werden - und Sater für ein Jahr ins Gefängnis.

Ende der Neunzigerjahre geriet Sater ins Visier der Bundespolizei FBI, genauer gesagt von deren Spezialeinheit für organisierte Kriminalität aus Russland. Sater soll, so der Vorwurf der Ermittler, ein Firmengeflecht aufgebaut und darüber Aktienkurse manipuliert haben, um für die Mafia Geld zu waschen. Aus Gerichtsunterlagen geht hervor, dass Sater dabei rund 30 Briefkastenfirmen und Konten benutzte. Schaden für Anleger: 40 Millionen Euro.

Im Dezember 1998 stand er kurz vor der Verurteilung. Doch diesmal rettete ihn offenbar ein Deal mit den Behörden vor der Haft. Die hielten seine Kontakte nach Russland allem Anschein nach für so nützlich, dass sie ihn als V-Mann anheuerten. Er sollte in ehemaligen Sowjetrepubliken Stinger-Flugabwehrraketen aufkaufen, die die CIA in den Achtzigerjahren an die afghanischen Mudschahidin geliefert hatte. Die Behörden hatten Angst, die Waffen könnten Terroristen in die Hände fallen und gegen die USA eingesetzt werden.

Darum geht es bei Football Leaks

Die Enthüllungsplattform Football Leaks sammelt vertrauliche Daten und E-Mails zu den Geldflüssen im Fußball. So deckt sie illegale Zahlungen an Spielerberater und Investoren ebenso auf wie die Versuche, Millionen an der Steuer vorbeizuschmuggeln dank Offshore-Geschäften. Football Leaks schweigt zu seinen Quellen, hat die Dokumente allerdings dem SPIEGEL und anderen Medien im Verbund der European Investigative Collaboration zur Verfügung gestellt. Mit einem Umfang von 1,9 Terabyte handelt es sich um den bisher größten Datensatz im Sport.

Die Akten sind bis heute unter Verschluss. Im "nationalen Interesse", wie es ein Gericht ausdrückte. In dem Verfahren nannte der Richter Sater nur "John Doe", der US-Aliasname für "Max Mustermann", angeblich aus Sorge "um sein Leben und das seiner Familie".

Jedenfalls tauchte Sater 2003 plötzlich wieder auf - an der Seite von Tevfik Arif bei Bayrock. Und zwar als Vorstand mit einem einzigartigen Vertrag: Dem gebürtigen Russen standen fortan bis zur Hälfte aller Bayrock-Gewinne zu. Allein bis 2008 soll Sater so über acht Millionen Dollar kassiert haben. Geld, das Arif sicher nicht für die bis dato kaum vorhandenen Immobilienkenntnisse seines Partners zahlte.

Im Juni 2004 kam das Duo mit Donald Trump ins Geschäft. Arif und Sater erhielten die Lizenz, den Namen Trump beim Bau von vier Apartmenthotels zu verwenden, zwei in Fort Lauderdale, Florida, eines in Phoenix, Arizona, sowie für das Trump SoHo, einen 46 Stockwerke hohen Wolkenkratzer mitten in New York.

Sater hatte offensichtlich eine rustikale Art, die Bayrock-Geschäfte voranzutreiben. Im Februar 2006 soll er einen Projektpartner, so dessen Aussage bei Gericht, mit dem Tod bedroht haben. Sater habe gesagt, sein Cousin würde dessen "Eier mit einem Elektroschocker behandeln und ihm die Beine abhacken", falls er Saters kriminelle Vergangenheit ausplaudere. Sater hat die Aussage bestritten.

Und Trump? Der will Sater angeblich kaum gekannt und von dessen krimineller Vergangenheit erst Jahre später erfahren haben. So jedenfalls ließ er es die "New York Times" 2007 wissen. Und außerdem, so Trump noch im Jahr 2013, würde er Sater nicht mal erkennen, "wenn er jetzt hier im Raum sitzen würde".

Interessant nur, dass Sater im Jahr 2010 mit einer Visitenkarte hausieren ging, die ihn als "Senior-Advisor to Donald Trump" ausgab. Mit Adresse im Trump Tower und der E-Mail-Adresse FSater@trumporg.com. Trumps Umfeld sagt, Sater sei nie fest angestellt gewesen.

Echte Buddys

Manchmal aber sagen Fotos mehr als Worte: Wie das eine vom September 2007, auf dem Trump, Arif und Sater bei der Vorstellung des Trump-SoHo-Bauprojekts gemeinsam in eine Kamera lachen. So wie echte Buddys, nicht wie Leute, die sich kaum kennen. Sater sagt, er habe seine Schuld längst beglichen, er sei nicht stolz auf das, was er als 20-Jähriger getan habe. Trump mit seiner Vergangenheit in Misskredit zu bringen sei "widerlich".

Doch die Bekanntschaft mit Sater ist nicht das Einzige, was Trump in seiner Beziehung zu Tevfik Arif und dessen Firma Bayrock in Erklärungsnot bringt. Da ist beispielsweise eine gewisse FL Group. Die Firma, die in Island registriert war, soll einer der Hauptinvestoren von Tevfiks Baufirma gewesen sein, so steht es in einer Bayrock-Firmenbroschüre. Als Bayrocks Immobiliengeschäfte im Jahr 2007 nicht mehr so recht liefen, verkaufte Tevfik Arif Anteile an seinen vier Trump-Projekten an die Firma in Reykjavík. Wer genau hinter FL steckte, ist bis heute unklar. Angeblich sollen es reiche Russen sein.

Laut einer Klage des früheren Bayrock-Finanzchefs sollen 50 Millionen Dollar aus dem Deal über eine Briefkastenfirma in der US-Steueroase Delaware geschleust worden sein. Das dubiose Geschäft beschäftigt bis heute Gerichte. FL ging 2008 pleite. Was die Sache jetzt für Trump so heikel macht: In Gerichtsakten heißt es, die Gruppe um FL habe "in der Gunst von Putin" gestanden, das zumindest behauptet die Klägerseite.

Sicher ist: Trump wurde in einem Schreiben vom 16. Mai 2007 über die Transaktion informiert und gebeten, dem Deal zwischen Bayrock und FL schriftlich zuzustimmen. Was er auch tat. Aus der Trump-Organisation heißt es, Trump sei persönlich mit der Sache nicht befasst gewesen.

Ebenso wenig will Trump von der Verbindung seines Geschäftspartners Arif zu Alexander Maschkewitsch gewusst haben, einem Mitglied des "Kasachen-Trios". Der Milliardär wird in einer Bayrock-Broschüre als "strategischer Partner" der Immobilienfirma genannt. Gegen Maschkewitsch wurde Anfang der 2000er-Jahre in Belgien wegen Geldwäsche ermittelt, das Verfahren wurde eingestellt, nachdem er Millionen Euro zahlte.

Die Geschäfte mit Bayrock, Tevfik Arif und Sater endeten für Trump wenig erfolgreich. Der Immobilienmarkt krachte in der Finanzkrise zusammen. Die Apartments in den von Bayrock geplanten Trump-Türmen in New York und Fort Lauderdale fanden keine Käufer. Zahlreiche Anleger, die schon in die Immobilien investiert hatten, fühlten sich hinters Licht geführt.

Trump und Arif wurden mit Klagen überzogen. Käufer gaben an, sie seien über Saters Beteiligung an den Immobiliengeschäften nicht informiert worden; schon gar nicht über seine kriminelle Vergangenheit. Andere fühlten sich getäuscht, weil sie glaubten, dass Trump an der Spitze der Bauprojekte stand - schließlich zierte seine Unterschrift die Werbebroschüren.

Trump SoHo wurde 2014 zwangsversteigert, genauso wie der Tower in Fort Lauderdale. Mit den meisten Klägern hat sich der künftige Präsident inzwischen verglichen. Doch die Geschäfte mit Arif haben ihn mehr gekostet als ein paar Millionen Dollar: einmal mehr seine Glaubwürdigkeit.

Das SPIEGEL-Team zu den Football Leaks

Rafael Buschmann, Jürgen Dahlkamp, Stephan Heffner, Christoph Henrichs, Andreas Meyhoff, Nicola Naber, Jörg Schmitt, Alfred Weinzierl, Michael Wulzinger

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